Brooklyn
schockierte wie ihre Hauswirtin.
Sie machte sich pochierte Eier und Toast und atmete auf, als Patty und Diana hereinkamen und von einem Mantel berichteten, den Patty gesehen hatte und sich kaufen wollte, falls er am Freitag, wenn sie ihren Lohn bekam, noch da sein sollte. Mrs. Kehoe stand ohne ein Wort auf und verließ türeknallend die Küche.
»Was ist ihr denn über die Leber gelaufen?« fragte Patty.
»Ich glaube, ich weiß es«, sagte Diana und sah Eilis an, »aber Gott ist mein Zeuge, dass ich nichts gehört habe.«
»Was gehört?« fragte Patty.
»Nichts«, sagte Diana. »Aber es klang sehr schön.«
Eilis schlief tief und wachte am Morgen erschöpft und wie zerschlagen auf. Es war, als liege Rose’ Tod schon lang zurück, während ihre Nacht mit Tony als etwas Eindrucksvolles, noch immer Gegenwärtiges in ihr nachwirkte. Sie fragte sich, woran sie erkennen würde, ob sie schwanger war, wie bald sich die Symptome einstellen würden. Sie berührte ihren Unterleib und fragte sich, ob sich dort vielleicht gerade in diesem Moment etwas ereignete, irgendeine winzigkleine Verbindung, wie ein kleiner Knoten oder noch kleiner sogar, kleiner als ein Wassertropfen, aber mit allem ausgestattet, was er zum Wachsen benötigte. Sie fragte sich, ob es irgend etwas gab, wodurch sie es aufhalten konnte, etwas, womit sie sich waschen konnte, aber noch während sie das dachte, wusste sie, dass schon die bloße Idee unrecht war und sie zur Beichte gehen musste und Tony dazu bringen, es ebenfalls zu tun.
Sie hoffte, er würde sie nicht wieder so angrinsen wie am vergangenen Abend, und würde begreifen, in welchen Schwierigkeiten sie steckte, falls sie schwanger war. Aber wenn sie nicht schwanger war, hoffte sie, er würde, so wie sie jetzt, einsehen, dass sie etwas Unrechtes getan hatten, und zwar um so mehr, als es geschehen war, als Rose kaum unter der Erde lag. Selbst wenn sie zur Beichte ging und dem Priester erzählte, was sie getan hatten, würde sie niemals irgend jemandem erzählen können, dass sie eine halbe Stunde vorher noch geweint hatten. Das würde zu seltsam erscheinen.
Sobald sie Tony abends sah, sagte sie ihm, sie müssten beide zur Beichte gehen, und zwar schon am folgenden Abend, also Freitag, und sie gehe davon aus, dass er das verstand.
»Ich könnte unmöglich zu Father Flood gehen«, sagte sie, »oder sonst einem Priester, der mich erkennen könnte. Ich weiß, es sollte eigentlich keine Rolle spielen, aber ich könnt es nicht.«
Tony schlug vor, in seine Pfarrkirche zu gehen, wo die meisten Priester Italiener waren.
»Manche von ihnen verstehen kein einziges Wort, wenn man Englisch redet«, sagte er.
»Das ist aber dann keine richtige Beichte.«
»Aber ich glaube, ein paar wichtige Wörter erkennen sie schon.«
»Mach keine Witze. Du gehst ebenfalls zur Beichte.«
»Das ist mir klar«, sagte er. »Und versprichst du mir etwas?« Er rückte näher an sie heran. »Versprichst du mir, nach der Beichte lieb zu mir zu sein? Ich meine, meine Hand zu halten und mit mir zu reden und zu lächeln?«
»Und versprichst du, dass du richtig beichten wirst?«
»Ja, das verspreche ich«, sagte er, »und meine Mom möchte, dass du Sonntag mittag zum Essen kommst. Sie macht sich deinetwegen Sorgen.«
Am folgenden Abend trafen sie sich vor der Kirche. Tony bestand darauf, dass sie zu zwei verschiedenen Priestern gingen; ihrer, sagte er, ein Priester namens Anthony mit einem langen italienischen Nachnamen, war jung und nett und sprach englisch. Er selbst würde zu einem der älteren Italiener gehen.
»Vergewisser dich, dass er auch versteht, was du sagst«, flüsterte sie.
Als sie dem Priester sagte, sie habe vor drei Nächten zweimal Geschlechtsverkehr mit ihrem Freund gehabt, schwieg er erst einmal lange.
»War es das erstemal?« fragte er schließlich.
»Ja, Hochwürden.«
»Liebt ihr euch?«
»Ja, Hochwürden.«
»Was willst du tun, wenn du schwanger bist?«
»Er wird mich heiraten wollen, Hochwürden.«
»Willst du ihn heiraten?«
Sie konnte nicht antworten. Nach einer Weile wiederholte er die Frage in mitfühlendem Ton.
»Ich möchte ihn gern heiraten«, sagte sie zögernd, »aber ich bin noch nicht bereit, ihn jetzt zu heiraten.«
»Aber du sagst, du liebst ihn?«
»Er ist ein guter Mann.«
»Genügt das?«
»Ich liebe ihn.«
»Aber du bist dir nicht sicher?«
Sie seufzte und sagte nichts.
»Bereust du, was du getan hast?«
»Ja, Hochwürden.«
»Als Buße möchte ich, dass du ein
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