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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
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Abwechslung sollte er mal leiden. Ich blieb im Dunkeln auf dem Seitenstreifen stehen, vielleicht eine halbe Stunde. Ich hab Musik von meinem iPod gehört und versucht, mich so weit zu beruhigen, dass ich nicht hyperventilierte.
    Ich war total sauer und hab nicht groß drüber nachgedacht, was ich schreibe. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich ihm wirklich den Tod wünschte! Das hab ich nicht, ich schwör’s! Er war doch mein Freund! Ich hab ihn geliebt!

Will
    Und dann tauchte plötzlich Keith auf, dieser Penner.
    Das heißt, eigentlich war er schon länger da. Er hatte sich auf der Terrasse rumgedrückt und uns beobachtet, aber wir hatten ihn nicht gesehen, weil sich das Wohnzimmer in der Glastür spiegelte. So was macht er ständig. Er ist ein richtiger Spanner, zupft unten an seinem Flanellhemd rum, und seine riesigen Glupschaugen wölben sich so weit vor, dass sie fast an seine Brillengläser stoßen, als ob sie im nächsten Moment rausspringen und durchs Zimmer kugeln würden. Aber dann hatte er wohl genug gesehen und dachte, er sollte besser mal reinkommen und eingreifen.
    Er schob die Terrassentür auf und kam ins Wohnzimmer. »Hey«, sagte er, hob eine Hand und winkte ziellos in die Gegend. »Vielleicht sollten wir jetzt alle mal ein bisschen chillen, was?« Egal, wie kritisch eine Situation ist, wie verrückt oder außer Kontrolle, immer redet er wie ein Grenzdebiler und braucht ewig, bis er kapiert, was wirklich los ist. Als ob alles in Zeitlupe zu ihm durchdringt. Das kommt davon, wenn man zu viele Drogen nimmt.
    Mom sah ihn an, als wollte sie ihn auch schlagen. Dann schimpfte sie los: »Da kommt er ja, der große Held, und holt für alle die Kohlen aus dem Feuer! Glaubst du im Ernst, dass du Will beschützen kannst?« Dann fauchte sie – wie eine Katze! –, und als sie weitersprach, spritzte ihr die Spucke aus dem Mund. »Vergiss es! Ich fange gerade erst an.«
    Keith stand einfach nur da und starrte so stumpfsinnig vor sich hin, als hätte er ne Handvoll Valium eingeworfen. Typisch Keith! Er denkt, wenn er total passiv bleibt, kriegt Mom sich von ganz alleine ein. Das hat aber noch nie funktioniert. Im Gegenteil. Mit seinem Verhalten spornt er sie sogar noch an und dann dreht sie richtig ab.
    »Was geht dich das überhaupt an? Du bist nicht sein Vater. Ha! Glück gehabt! Als Vater wärst du ne Lachnummer.«
    Keine Reaktion von Keith. Er starrte einfach weiter vor sich hin, vergrub die Hände in den Jeanstaschen und wartete ab.
    »Sei froh, dass du nicht Vater werden kannst!«
    Mom hatte sich jetzt so auf Keith eingeschossen, dass sie mich vergaß. Ich überlegte, ob ich die Gelegenheit nutzen und mich aus dem Zimmer schleichen sollte, zu den Klippen. Der harte Fels und die Natur wären was Handfestes, woran ich mich festhalten könnte. Vielleicht würde ich da wieder zur Ruhe kommen.
    »Hallo, Keith? Hörst du mich?«, fragte Mom.
    Ich weiß nicht, warum ich dablieb. Ich musste dauernd an meinen Pokal denken und wünschte, ich könnte die Einzelteile einsammeln, alles wieder zusammenstecken und reparieren.
    »Ist wirklich besser so, du Schlappschwanz! Wusstest du das, Will? Tote Hose, unser Keith. Gott sei Dank. Sonst würden womöglich lauter kleine Keiths rumlaufen und den Mädels auflauern. Aber die wären bestimmt nicht so blöd, sich auf die kleinen Keiths einzulassen.«
    Keith hatte sich inzwischen auf die Stufen vor der Terrasse gesetzt und hielt sein Handy demonstrativ in der Hand, als ob er Mom damit drohen wollte. Aber sein Gesicht sagte was anderes: Er war ein Versager und ordnete sich Mom total unter.
    »Hab ich recht, Keith? Sag doch auch mal was, du Arsch!«
    So ging es immer weiter. Manchmal kam Mom vom Sofa hoch, zeigte Keith den Stinkefinger oder stampfte mit den Füßen. Dann ließ sie sich wieder fallen, weil sie sich nicht auf den Beinen halten konnte. Sie musste literweise Wodka getrunken haben, bevor ich heimkam. Seitdem wanderte ihr das Zeug durch den Körper und entfaltete jetzt seine volle Wirkung. Inzwischen war sie so hinüber, dass sie sich kaum noch aufrecht halten konnte. Aber jedes Mal, wenn sie umfiel oder zusammensackte, teufelte sie wieder auf Keith ein, und wenn ihr Blick zufällig auf mich fiel, auch auf mich, als ob alles unsere Schuld war.
    Dann fing sie an, mit Sachen um sich zu werfen. Papier, das sie erst zusammenknüllte, Stifte, die Hüllen von Konsolenspielen, alles, was ihr in die Finger kam. Dummerweise lag da noch ein Hammer rum. Keith hatte ihn an

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