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Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
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Selbstverständlichkeit, dass niemand auf die Idee kam, es zu bezweifeln. »Hab ich jedenfalls gehört. Seine Großeltern wohnen da. Er ist zu ihnen geflüchtet, um über dich hinwegzukommen, Ash. Ich finde aber, du solltest ihm verzeihen, wenn er zurückkehrt. Ganz im Ernst.«
    Wow! Wo hatte sie das denn her? Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Zuerst hatte sie sich daran beteiligt, Will schlechtzumachen, und nun kam sie mit dieser irren Geschichte über Craigs Flucht. Auf welcher Seite stand sie eigentlich? Oder wusste sie das selbst nicht?
    »Ja, vielleicht«, sagte ich. »Ich merk ja selbst, wie sehr ich ihn vermisse.« Was der Wahrheit entsprach.
    Dann hab ich gemacht, dass ich schnell wegkam, bevor sie mich weinen sehen konnten.

Will
    Wir saßen im Schulbus. Mom, Dad, Asheley und ich. Dad saß am Steuer und sang beim Fahren: » You are my sunshine, my only sunshine …« Ganz langsam fuhr er den Pacific Coast Highway entlang. Wir anderen saßen hinten in der letzten Reihe. In den Reihen vor uns stapelten sich Reisetaschen und Proviantkisten. Wir waren auf dem Weg nach Big Sur. Ich weiß nicht, woher ich das wusste, aber ich wusste es. Alle waren ganz aufgeregt und plapperten durcheinander. Ich hatte mich ums Packen gekümmert und war stolz darauf, wie gut ich es hingekriegt hatte. Dad hatte mir eine Checkliste gegeben, und ich hatte tausend Mal draufgeguckt: Schlafsäcke – abgehakt, Taschenlampen – abgehakt, Campingleuchte – abgehakt … Alles, was wir brauchten: abgehakt, abgehakt, abgehakt. Ich weiß noch, dass ich dachte: Unser Dad ist so gut gelaunt, weil ich alles eingepackt habe, was auf seiner Liste stand. Dann entdeckten wir, dass weiter vorne im Bus ein paar Sitzreihen ausgebaut worden waren, sodass da jetzt eine freie Fläche war.
    Ash sagte: »Lass uns das Zelt aufbauen, dann können wir jetzt schon campen!«
    Ich öffnete den Zeltsack, schüttete alles aus und stellte fest, dass die Zeltstangen fehlten.
    »Sag das nicht deinem Vater!«, flüsterte Mom.
    Dad hörte auf zu singen und fragte: »Was ist los?«
    Ash war noch klein und leicht zu manipulieren. Sie watschelte nach vorne zum Fahrersitz und sagte: »Wir haben die Zeltstangen vergessen.« Sie war so aufgeregt, dass sie eher sang als sprach.
    Mit quietschenden Reifen hielt Dad auf dem Seitenstreifen, rannte zu uns nach hinten und schrie Mom an: »Was hab ich dir gesagt, Deb? Wozu hab ich die Liste gemacht? Du brauchtest bloß eine Sache nach der anderen abhaken. War dir das zu kompliziert? Dafür braucht man nicht mal drei Gehirnzellen!« Dann zieht er sie an ihrem T-Shirt aus dem Bus, die Stufen runter und aus der Tür raus, sie wehrt sich, das T-Shirt reißt.
    Asheley schreit, ich drücke das Gesicht an die Fensterscheibe und beobachte den Streit. Mom und Dad stehen auf einem Felsvorsprung, dahinter dreihundert Meter Abgrund. Ich weiß, dass da unten das Meer liegt, man kann es rauschen hören. Irgendwie ist dann plötzlich auch das Zelt draußen. Mit einer Hand hält Dad Mom fest, mit der anderen das flatternde Zelt. Dann holt er Mom mit einem Tritt von den Beinen. Als sie am Boden liegt, setzt er sich auf sie. Er packt das Zelt mit beiden Händen, zieht es stramm und drückt es Mom aufs Gesicht, als ob er sie ersticken will.
    »Will!«, schreit sie. »Will!«
    Ich weiß nicht, ob sie mich um Hilfe ruft, oder ob sie Dad damit sagen will, dass es meine Schuld ist.
    Jedenfalls lässt Dad sie los, steht auf und geht auf mich zu. Das Zelt hat er noch in der Hand und er schwingt es wie eine Peitsche. So stürmt er in den Bus und durch die Sitzreihen auf mich zu. Millimeter vor mir bleibt er stehen. Sein Kopf befindet sich genau über mir und kommt mir riesig vor. Vor blinder Wut ist sein Gesicht ganz verzerrt. Dann ist plötzlich das Zelt zwischen uns und ich kann nichts mehr sehen. Nur noch graue und rote Plastikplane. Irgendwie ist es aber gar nicht so schlimm. Alles ist weich und gedämpft. Ich höre mich selbst schreien und dann höre ich Asheley.
    »Hey, Will! Alles in Ordnung. Es ist nicht wirklich.«
    Ich schlug die Augen auf und sah sie über mir kauern. Sie strich mir übers Haar und streichelte meinen Rücken.
    »Doch, irgendwie ist es schon wirklich«, sagte ich. »Dad hat früher immer …« Dann hörte ich auf. Ich konnte ihr doch nicht erzählen, was Dad schon alles getan hatte! Was hätte ich davon gehabt? Und sie hätte es fertiggemacht. Falls sie mir überhaupt geglaubt hätte.

Asheley
    Herrgott, diese

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