Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
wie Kleinkinder mit winzigen Flügeln, waren einfach nur geschmacklos und wahrscheinlich nicht allzu viel wert.
»Ich wusste nicht, dass Erak so reich ist«, sagte Hal leise.
Thorn sah ihn an. »Oder einen so schlechten Geschmack hat.« Eraks Schatzkammer schien ihn sehr zu amüsieren. »Sieh dir das an«, fügte er hinzu.
Er deutete auf die Marmorstatue eines kleinen Jungen, der nackt am Rand eines breiten Marmorbeckens stand, und zwar in einer sehr eindeutigen Haltung.
»Ein Brunnen«, erklärte er. »Erak hat ihn von einem Raubzug in Toscano mitgebracht. Der Junge soll in das Becken pinkeln. Aber Erak hat es nie geschafft, den Brunnen zum Laufen zu bringen. Unter uns gesagt, das ärgert ihn ein wenig.«
»Er ist ziemlich furchtbar«, stimmte Hal zu.
Thorn beugte sich über eine große Truhe in der Ecke und fummelte an dem Schloss herum.
»Darfst du das denn?«, fragte Hal.
»Das sind meine Sachen«, erklärte Thorn und wühlte in der Truhe. »Erak hat für mich darauf aufgepasst, als ich … du weißt schon … krank war.«
Hal nickte. Er und seine Mutter hatten verabredet, dass sie von der Zeit, in der Thorn ständig betrunken war, als Krankheit sprachen. Thorn hatte das bald übernommen. Er dachte nicht gern daran, wie tief er während dieser Zeit gesunken war.
»Ah! Da ist es ja!«, sagte der alte Seewolf triumphierend und zog einen langen, in Segeltuch gewickelten Gegenstand heraus. Einige Halsketten und ein Beutel mit Silbermünzen fielen dabei ebenfalls heraus, aber das kümmerte ihn nicht. Rasch zog er das Segeltuch ab und reichte Hal ein Schwert.
»Es gehörte deinem Vater«, erklärte er.
Hal nahm es in beide Hände und hielt es vor sich, um es zu betrachten. Es war eine einfache, aber gute Gebrauchswaffe. Das Heft war mit feinem Messingdraht umwickelt und Knauf und Querstück waren aus Kupfer. Die Klinge steckte in einer Scheide aus Leder und Messing, die an einem breiten Ledergürtel hing. Hal wog das Schwert in der Hand, hob es einige Male hoch und senkte es wieder.
»Es fühlt sich genauso schwer wie das andere an«, sagte er.
»Ein Schwert muss ein gewisses Gewicht haben«, erklärte ihm Thorn. »Andernfalls könntest du deinen Gegner genauso gut mit einer Feder kitzeln. Das Geheimnis liegt darin, wie gut es ausbalanciert ist. Zieh das Schwert aus der Scheide.«
Hal zog das Schwert heraus, und als er es hochhielt, riss er erstaunt die Augen auf. Es fühlte sich fast leicht an. An der Schwertspitze spürte er zwar ein Gewicht, aber die Waffe zerrte nicht so schwer an seinem Handgelenk wie sein Übungsschwert, bei dem er immer Mühe hatte, die Spitze oben zu halten. Dieses Schwert war wunderbar ausbalanciert. Hal hatte das Gefühl, er könnte dieses Schwert den ganzen Tag schwingen, ohne müde zu werden.
»Das hat meinem Vater gehört?«, fragte er nach und drehte das Schwert in seiner Hand. Die bläuliche Klinge war schmucklos bis auf die beiden Rillen auf jeder Seite. Diese dienten zwei Zwecken, wie er wusste. Sie versteiften die Klinge und sie ließen das Blut ablaufen, damit man es einfacher aus einer Wunde ziehen konnte.
»Dein Vater verstand sich auf Waffen«, bestätigte Thorn. »Diese hier wird dir gute Dienste leisten.«
»Das denke ich auch«, sagte Hal leise. Er stellte sich seinen Vater vor, wie er das Schwert schwang, während er bei einem Beutezug an Land stürmte. Ohne nachzudenken schwang er es plötzlich über dem Kopf, wie sein Vater es wohl getan hatte.
Thorn machte rasch einen Schritt zurück und wich gerade noch aus, als die Klinge an seiner Nase vorbeizischte. Er stolperte über einen Stoß Felle und konnte sich im letzten Moment abfangen.
»Vorsichtig damit!«, bellte er.
Hal wurde rot. Hastig ließ er das Schwert sinken und steckte es zurück in die Scheide.
»Tut mir leid«, murmelte er.
Thorn sah ihn verärgert an. »Das sollte es auch. Das ist ein Schwert, kein Zauberstab, kapiert?« Dann sah er sich in dem schwach erleuchteten Lagerraum um. »Mal sehen, wo Erak …«
Er kam nicht weiter. Die Tür ging auf und Erak trat ein. Der Oberjarl sah sich misstrauisch um, dann glätteten sich seine Gesichtszüge, als er Thorn und seinen Begleiter erkannte.
»Ach, du bist es, Thorn. Und der Meister-Steuermann, wie ich sehe. Wie geht’s, junger Mann?«
»Gut, danke, Oberjarl.«
»Ist das Mikkels Schwert?«, fragte Erak und kniff die Augen zusammen, um das Schwert in Hals Händen genauer zu betrachten.
»Ja. Sie haben dem Jungen einen großen unbalancierten
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