Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
veranstalten ein Tauziehen. Eine Mannschaft fasst das Seilende hier, die zweite Mannschaft nimmt das andere Ende. Auf ein Zeichen hin versucht jede Mannschaft die andere über diese weiße Linie zu ziehen. Sobald einer über die Linie gezogen wird – und sei es auch nur einen Zehennagel breit –, ist der Kampf vorbei. Jede Mannschaft tritt gegen die beiden anderen an und die Gewinnermannschaft bekommt die hundert Punkte. Die Zweitbesten bekommen zwanzig. Bei einem Unentschieden kämpfen die betreffenden Mannschaften noch einmal um den ersten und zweiten Platz. Verstanden?«
Viele nickten, einige murmelten, dass alles klar sei, jawohl. Sigurds Gesicht rötete sich verärgert.
»Ich sagte VERSTANDEN ?«, donnerte er.
Diesmal antworteten alle achtundzwanzig Jungen laut und deutlich.
»Ja, Skirl! Verstanden, Skirl!«
»Na also«, brummte er. »Ich werde jetzt die Reihenfolge der antretenden Mannschaften aus diesem Helm ziehen.«
Er griff in den alten, eingedellten Helm, den er in einer Hand hielt, und zog zwei Pergamentstücke heraus.
»Erster Wettkampf«, verkündete er, »Haie und Wölfe.«
Ein Raunen ging durch die versammelten Jungen. Hal war froh, einen Wettkampf beobachten zu können, bevor die Seevögel antreten mussten. Tursgud und Rollond hatten ihre Mannschaften während des Mittagessens bereits auf die einzelnen Positionen verteilt. Die beiden wichtigsten waren die Ersten und die Letzten in der Reihe. Der Letzte wurde auch Anker genannt. Jede Mannschaft wählte ihren größten und stärksten Jungen als Anker aus. Und Tursgud und Rollond nahmen beide den ersten Platz in der Reihe ein.
Jesper trat neben Hal, während sie bei den Vorbereitungen zusahen.
»Es ist nicht gerecht«, sagte er. »Die sind zu zehnt und wir sind nur acht.«
Hal nickte. »Stimmt, aber das war ja von Anfang an klar. Trotzdem werde ich sehen, was ich tun kann.«
Er ging zu Sigurd, der zusah, wie die beiden Bruderschaften sich am Seil versammelten. Der Ausbilder sah Hal unfreundlich an, aber der ließ sich davon nicht abschrecken. Schlecht gelaunt auszusehen war bei Sigurd der Normalzustand, das hatte er mittlerweile herausgefunden.
»Was willst du?«, fragte der Ausbilder.
Hal deutete auf seine Gruppe. »Ich wollte nur fragen, Skirl, da wir bloß zu acht sind, ob die anderen Mannschaften einverstanden wären, sich ebenfalls nur mit acht ihrer besten Leute zu messen?«
Wie Tursguds Antwort lauten würde, wusste Hal bereits. Also setzte er auf Rollond. Er sah, dass der Anführer der Wölfe Hals Vorschlag nicht abgeneigt war. Trotzdem zögerte er und wartete auf Tursguds Antwort.
»Auf keinen Fall«, entgegnete der Anführer der Haie. »Sie wussten von Anfang an, dass sie in Unterzahl sind. Ist doch nicht meine Schuld, dass niemand sie wollte.«
Er drehte sich weg und tat damit die Seevögel und ihre Anfrage ab.
Hal spürte, dass Rollond seinem Vorschlag eigentlich zugestimmt hätte. Aber da die Haie abgelehnt hatten, musste er ebenfalls ablehnen, sonst wäre Tursgud ihm und seiner Mannschaft gegenüber im Vorteil. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern und sagte zu Sigurd: »Nein, Skirl, tut mir leid. Dann werden wir ebenfalls mit allen unseren Leuten antreten.«
Sigurd nickte. Er hatte nichts anderes erwartet.
»Da hast du deine Antwort«, sagte er zu Hal.
Aber Hal wollte sich noch nicht geschlagen geben.
»Also werden wir in sämtlichen Mannschaftswettkämpfen benachteiligt sein? Habe ich das richtig verstanden?«
Sigurd vergewisserte sich, dass niemand in Hörweite war, und senkte außerdem noch seine Stimme. »Vielleicht. Außer du findest eine Möglichkeit, um diesen Unterschied irgendwie auszugleichen.«
»Auszugleichen? Wie sollten wir das denn machen?«
Der Ausbilder zuckte mit den Schultern. »Benutze deinen Grips. Ich habe gehört, davon hast du reichlich. Überleg dir, wie ihr dem Ungleichgewicht der Kräfte entgegensteuern könnt. Verstehst du?« Er rieb sich bedeutsam mit dem Zeigefinger an der Nase.
Hal runzelte die Stirn. »Heißt das, wir sollen uns überlegen, wie wir betrügen können?«
Sigurd schüttelte den Kopf. »Nein. Ich sage, du sollst deinen Verstand nutzen. Sieh mal, wir üben hier für den Kampf. Angenommen, ihr stellt eines Tages fest, dass ihr gegen einen Feind in der Minderheit seid. Wenn du einen Weg findest, dass der Gegner denkt, du hättest mehr Männer, als du eigentlich hast, ist das dann Betrug?«
»Eigentlich nicht«, sagte Hal langsam, obwohl er immer noch nicht genau
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