Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
spürte er andere Hände, die ihn stützten.
»Hal? Alles in Ordnung?« Das war Jesper.
Er drehte sich um und schaute benommen zu seinem Kameraden. »Nein. Ganz sicher nicht. Aber was macht Rollond hier?«
Er kniff sein heiles Auge zu und riss es wieder auf, um besser sehen zu können. Tursgud, über dessen Gesicht Blut lief und dessen Nase merkwürdig zur Seite gedrückt war, stemmte sich mühsam wieder hoch.
»Halt du dich da raus, Rollond. Das ist nicht dein Kampf!«
Tursgud klang nicht mehr ganz so selbstbewusst, denn er sah natürlich, dass Rollond nicht alleine war. Die neun Mitglieder seiner Bruderschaft waren bei ihm.
»Das ist kein Kampf«, sagte Rollond voller Verachtung. »Das ist ein feiger Überfall. Ich hätte mir denken können, dass du etwas im Schilde führst.«
»Ich erteile diesem araluanischen Abschaum eine längst fällige Lektion!«, zischte Tursgud und deutete auf den halb bewusstlosen Hal, der jetzt von Jesper und Ulf gestützt wurde. Oder war es Wulf, überlegte Hal erschöpft. Aber das war ihm völlig egal.
Rollond musterte ausführlich Tursguds blutende, gebrochene Nase, bevor er antwortete. Und die Antwort erfolgte dann mit einem spöttischen Lachen.
»Und wie genau hast du das gemacht? Indem du seine Faust gegen deine Nase hämmerst?«
Die Wölfe lachten. Der eine oder andere Seevogel stimmte ein, aber eigentlich waren sie von Tursguds Verhalten gegenüber ihrem Anführer viel zu aufgebracht. Zwei Wölfe hatten Stig losgebunden. Mit hochrotem Gesicht wollte er auf Tursgud losgehen.
»Du verdammter Feigling! Ich werde es dir zeigen!«, schrie er, aber Rollond versperrte ihm den Weg.
»Lass es sein, Stig«, sagte Rollond ruhig. »Für heute haben wir genug gekämpft.« Leise fügte er hinzu: »Und du solltest nie kämpfen, wenn du wütend bist.«
»Aber …«, fing Stig an.
»Stig! Ich b’auch dich«, nuschelte Hal. Mit dem Blut in seiner Nase und den geschwollenen Lippen konnte er nicht deutlich sprechen.
Man sah Stig an, dass er zwischen der Besorgnis um Hal und der Wut auf Tursgud hin und her schwankte.
»Tut mir leid, Hal! Sie haben mich reingelegt und festgebunden! Ich konnte nichts tun!« Tränen stiegen ihm in die Augen, als er das zusammengeschlagene Gesicht seines Freundes betrachtete.
Hal legte ihm die Hand auf die Schulter. »Lassesein«, stieß er hervor. »’ollon ha echt.«
»Aber …«, protestierte Stig.
»Lassesein!«, wiederholte Hal.
Stig ließ die Schultern sinken. »Also gut. Wenn du es sagst.«
»Jetzt seht zu, dass ihr hier wegkommt, ihr verdammten Feiglinge!«, sagte Rollond zu Tursgud und seiner Bruderschaft. »Versucht so etwas noch einmal, und ihr habt es mit zwei Bruderschaften zu tun.«
Jetzt, wo die Aufregung des Kampfes vorbei war, blickten manche der Haie verlegen drein, so als schämten sie sich ihres Anführers und ihres eigenen Verhaltens. Mit gesenkten Köpfen trotteten sie fort. Tursgud warf Hal einen letzten bösen Blick zu, dann drehte auch er sich um und folgte ihnen.
Stig hatte Hal auf dem Boden abgesetzt und stützte ihn. Hal sah sich benommen um. Sein Auge war inzwischen beinahe vollständig geschlossen. Rollond ging neben ihm auf sein Knie.
»Tut mir leid, dass wir so lange gebraucht haben, um herzukommen. Einer von uns hat Tursgud und seine Mannschaft durch den Wald in Richtung eures Lagers schleichen sehen. Ich dachte mir, dass er wahrscheinlich nichts Gutes im Sinn hatte. Also hab ich meine Leute zusammengetrommelt und wir sind gekommen, so schnell wir konnten.«
»Danke. Das war gerade noch rechtzeitig«, sagte Stig, und Hal nickte bestätigend.
Rollond schüttelte den Kopf und sah Hal fast bewundernd an.
»Du hast auf jeden Fall dafür gesorgt, dass Tursgud jetzt anders aussieht«, sagte er. »Seine Nase ist schief. Das wird wehtun, wenn sie die richten.«
Hal nickte wieder und sagte dann mit ziemlicher Anstrengung, aber aus ganzem Herzen: »Gut!«
Rollond grinste. »Ich bezweifle, dass er so etwas noch einmal versucht«, sagte er. »Aber falls doch, sind wir auf der Hut.« Er berührte mit dem Zeigefinger Hals geschwollenes Auge. »Das solltest du schnell mit kaltem Wasser kühlen.«
Dann stand er auf und winkte seine Mannschaft zu sich.
»Kommt, Jungs. Gehen wir.«
Kapitel sechsundzwanzig
A m folgenden Tag ging es Hal gar nicht gut. Seine aufgeplatzte Lippe und sein angerissenes Ohr pochten schmerzhaft und der Treffer unter seinem linken Auge war trotz Stigs und Edvins Versorgung mit kalten Umschlägen
Weitere Kostenlose Bücher