Broughton House - Haus der Sehnsucht
ausgesehen … Doch sie hatte bald gemerkt, dass der junge Mann ebenso scharfsinnig wie sein Onkel war. Ja, sie hatte sogar den Verdacht, dass André für die sorgfältig geplante Ausweitung des ursprünglich kleinen Unternehmens verantwortlich war.
Sie war ziemlich erstaunt gewesen, dass er ein Examen an der Harvard Business School abgelegt hatte.
„Mein Vater stammt aus einer Kleinstadt an der französisch-italienischen Grenze“, hatte er lächelnd erzählt. „Einige Mitglieder seiner Familie leben in den Vereinigten Staaten. Während mein Vater sich für einen echten Franzosen hält, betrachte ich mich eher als Weltbürger.“
Es ist gut, dass Monsieur Colbert dieses Abendessen zur Feier des Vertrags angesetzt hat, überlegte Eleanor und nahm ihre Handtasche. Auf dem Spaziergang mit André heute Nachmittag war sie plötzlich von hinten angestoßen worden und ins Stolpern geraten. Während des winzigen Augenblicks, dem Bruchteil einer Sekunde, als André sie stützte und erst auf ihr Gesicht und anschließend äußerst träge auf ihren Mund geblickt hatte …
Erschrocken riss Eleanor sich zusammen. Ja, es war gut, dass sie den jungen Mann heute Abend nicht sah.
Monsieur Colbert hatte versprochen, ihr einen Wagen mit Fahrer zu schicken, der sie zu dem Restaurant bringen sollte. Es läge nicht in der Stadt, sondern draußen zwischen den Hügeln in der bevorzugten Wohngegend aller sehr Reichen und Berühmten, hatte er hinzugefügt.
Zweifellos betrachtete Monsieur Colbert dieses Abendessen als besondere Auszeichnung. Marcus hätte verstanden, dass sie, Eleanor, viel lieber in einem bescheidenen Lokal gegessen hätte, wo das Essen und die Einrichtung einfach waren und zu der Landschaft passten.
Eleanor entdeckte André sofort, als sie die Hotelhalle betrat. Strahlend kam er ihr entgegen.
„Das ist eine Überraschung, nicht wahr?“, fragte er. „Ich hoffe, eine angenehme. Ich habe meinen Onkel überredet, mich ebenfalls einzuladen, und bin als Ihr Chauffeur gekommen.“
André betrachtete sie neugierig, und Eleanor wünschte plötzlich, sie hätte nicht das Kleid von Donna Karan gewählt. Es bei einem geschäftlichen Essen mit einem Mann zu tragen, der großen Wert auf das richtige Image legte, war durchaus in Ordnung. Doch nun trug sie es in Begleitung eines Mannes, der längst angedeutet hatte, dass er sexuell an ihr interessiert war.
André war viel zu intelligent und feinfühlig, um eine Bemerkung über ihr Aussehen zu machen. Doch die Art und Weise, wie er sie zu seinem Wagen führte und die Finger einen Moment länger als nötig auf ihrem Ann liegen ließ, während er ihr beim Einsteigen half, drückte aus, dass er sich der diskreten Sinnlichkeit ihrer Erscheinung bewusst war.
Das Restaurant war genauso, wie Eleanor es sich vorgestellt hatte. Zu ihrer Überraschung besaß das Essen jedoch eine lokale Note. Der Chefkoch hatte seine Ausbildung in Paris absolviert, war anschließend aber nach Hause zurückgekehrt und verwendete seine Kenntnisse nun dafür, das Beste der provenzalischen Küche auf den Tisch zu bringen.
Die Mahlzeit, der Wein und die Unterhaltung, die André behutsam geleitet hat, sind mir offensichtlich ein bisschen zu Kopf gestiegen, stellte Eleanor später fest, als es Zeit zum Abschiednehmen wurde. Sie stand beinahe einladend dicht neben André, der zu ihr getreten war.
Rasch trat sie einen Schritt beiseite. Sie dankte Pierre Colbert für den netten Abend und versprach, den Vertrag zu unterschreiben und ihn zurückzusenden, sobald ihr Anwalt ihn geprüft hatte.
Die Bedingungen waren hart, aber fair, und das Übersetzungshonorar war großzügiger, als sie erwartet hatte. Ursprünglich hatte Pierre Colbert eine Zeitklausel einfügen wollen, was beinahe zu einem kleinen Stolperstein geworden wäre. Doch am Ende hatte Eleanor sich durchgesetzt.
„Sie brauchen mich wirklich nicht zurückzufahren“, sagte sie jetzt zu André. „Ich kann mir ein Taxi nehmen.“
„Ich möchte Sie aber zurückfahren“, versicherte André ihr. Sein Lächeln hätte sie eigentlich warnen sollen. Doch ihr Körper reagierte unwillkürlich darauf, auch auf den leichten Druck seiner Hand auf ihrem Arm.
Als sie im Wagen saßen, drehte André sich zu ihr und sagte: „Es ist noch ziemlich früh. Ganz in der Nähe ist ein kleines Dorf mit einem römischen Steinbrunnen. Er funktioniert noch heute. Möchten Sie ihn sehen?“
„Es ist doch schon dunkel“, wehrte Eleanor ab und musste unwillkürlich lachen.
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