Broughton House - Haus der Sehnsucht
dass sie bei mir wohnen muss.“
Hilflos schloss Eleanor die Augen. Sie empfand keine Feindseligkeit gegenüber Marcus’ Exfrau, und sie war auch nicht eifersüchtig auf die Beziehung, die die beiden einmal gehabt hatten. Marcus hatte ihr erzählt, dass seine erste Ehe von Anfang an eine Katastrophe gewesen wäre und Julia und er nie hätten heiraten dürfen. Heute hätten sie sich wahrscheinlich mit einer kurzen Affäre begnügt. Damals wäre so etwas unmöglich gewesen.
Eines war allerdings sicher. Sobald es ihr passte, zögerte Julia nicht, Vanessas Misstrauen und Ablehnung weiter zu schüren, indem sie ihr, Eleanor, die traditionelle Rolle einer bösen Stiefmutter zuwies. Wenn Marcus sich jetzt weigerte, Vanessa aufzunehmen, würde Julia zweifellos ihr die Schuld dafür geben.
„Oh Marcus …“, protestierte Eleanor hilflos und brach zu ihrem Entsetzen in Tränen aus. Das war ihr seit Jahren nicht mehr passiert.
„He, so schlimm ist es doch nicht“, sagte Marcus freundlich und zog sie in die Arme.
„Im Gegenteil“, widersprach sie und sah ihn schniefend an. „Es ist noch schlimmer, als du ahnst. Louise hat mir heute verkündet, dass sie unsere Partnerschaft beenden will. Paul und sie ziehen nach Frankreich. In ein Château.“
Eine halbe Stunde später hatte Eleanor Marcus die ganze Geschichte erzählt und trank einen Schluck Wein, den er ihr gereicht hatte.
„Was soll ich jetzt tun, Marcus?“, fragte sie. „Ich kann es mir nicht leisten, das Büro zu behalten, und hier kann ich auch nicht arbeiten. Dafür ist einfach kein Platz.“
„Nein“, stimmte er ihr zu. „Uns bleibt gar keine Wahl, nicht wahr? Wir müssen so bald wie möglich ein größeres Haus finden und sollten uns sofort mit einem Immobilienhändler in Verbindung setzen, um den Preis für dieses Haus schätzen zu lassen.“
„Oh Marcus … Es tut mir so leid. Ich weiß, wie sehr du dein Haus liebst.“
„Aber nicht so sehr wie dich“, erklärte er bestimmt. Er nahm ihr das Weinglas ab und legte die Arme um sie.
„Was meinst du, wie groß unsere Chancen sind, jetzt nicht gestört zu werden?“, fragte er an ihrem Mund und küsste sie. „Jedes Mal, wenn wir uns lieben, halte ich instinktiv die Luft an und überlege, ob wir es diesmal schaffen. Ständig ist es ein Wettlauf gegen das allzu wahrscheinliche Auftauchen eines unserer Sprösslinge. Wenn wir tatsächlich ein anderes Haus finden, sorge ich dafür, dass unser Schlafzimmer mit einem Frühwarnsystem ausgerüstet wird – und mit einem Schloss.“
Später, als sie neben Marcus im Bett lag, gestand Eleanor: „Mich betrübt nicht nur die Tatsache, dass Louise unsere Partnerschaft aufgekündigt hat. Offensichtlich brachte sie es nicht fertig, mit mir darüber zu reden. Sie wartete bis zur letzten Minute, um es mir zu sagen. Ich komme mir so dumm vor, dass ich nicht erkannt habe – dass ich nicht den Verdacht hatte …“
„Sie hat dich hintergangen“, antwortete Marcus. „Die Erkenntnis, von jemandem getäuscht zu werden, dem man vertraut, ist schmerzlich. Sie trifft uns dort, wo wir am empfindlichsten sind: in unserem Stolz.“
„In unserem Stolz?“, fragte Eleanor. Sie hob den Kopf und sah ihren Mann an.
„Ja. Weil sie uns zeigt, dass wir uns in unserem Urteil geirrt haben und dass unser Vertrauen missbraucht worden ist.“
„Du hast recht“, stimmte Eleanor ihm zu. „Erst hatte ich alle Schuld auf Paul geschoben. Dann wurde mir klar, dass Louise diese Partnerschaft ebenfalls beenden möchte. Wenn sie es mir bloß früher gesagt hätte … Was ist mit mir los, Marcus? Ich habe das Gefühl, mein ganzes Leben fällt auseinander. Erst Tom und nun dies.“
„Ja. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass er das Eis gegessen hat“, antwortete sie niedergeschlagen. „Du wusstest es, ich nicht. Und ich …“ Nein, sie wollte Marcus nicht mit ihren Problemen belasten. „Was für eine Mutter bin ich eigentlich? Was für eine Ehefrau, wenn ich vergesse, einen Babysitter zu besorgen? Und was für eine berufliche Partnerin, wenn ich nicht merke, was vor meiner eigenen Nase vorgeht?“
„Na, hör mal … Du kannst nicht die Verantwortung für alles übernehmen. Du bist auch nur ein Mensch und machst manchmal Fehler. Du kannst nicht immer perfekt sein. Erst die Unvollkommenheit macht uns menschlich – und liebenswert.“ Er küsste sie träge und fragte leise: „Ahnst du eigentlich, wie gern ich mit dir schlafen möchte?“
„Schon wieder?“ Eleanor lächelte
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