Broughton House - Haus der Sehnsucht
auch immer in unserem alten Zimmer geschlafen, wenn wir bei Dad waren. Aber jetzt ist es Hannahs Zimmer, und Gavin und ich müssen in ein Etagenbett.“
Eleanor runzelte die Stirn. Tom erwähnte heute nicht zum ersten Mal, dass sich die Schlafgelegenheiten im Haus seines Vaters geändert hatten. Bisher war ihr nicht klar gewesen, wie sehr ihr Sohn sich darüber ärgerte.
„Dad hat das Etagenbett extra für euch gekauft“, erinnerte sie ihn. „Ihr habt es gemeinsam mit ihm ausgesucht.“
„Er will uns nicht mehr, seit Hannah da ist. Er hat sie lieber als uns. Genauso wie du und Marcus Vanessa lieber habt. Niemand mag uns mehr. Nicht einmal Oma und Opa. Alle reden nur von dem Baby.“
Eleanor sah ihren Sohn erschrocken an. Seit wann hatte Tom das Gefühl, nicht mehr geliebt zu werden? Seit wann war er – vielleicht auch Gavin – davon überzeugt, dass Mädchen grundsätzlich bevorzugt wurden? Dass Eltern ihre Töchter mehr liebten als ihre Söhne? Ein eisiger Schauer durchrieselte sie.
Die Uhr in der Diele zeigte die Viertelstunde an. Es war zu spät, die Maklerin noch anzurufen und den Termin zu verschieben. Die Frau würde in fünfzehn Minuten hier sein. Trotzdem musste sie unbedingt auf das eingehen, was Tom gerade über seine Gefühle preisgegeben hatte. Es duldete keinen Aufschub.
„Tom, ich liebe Vanessa doch nicht mehr als dich!“, rief Eleanor heftig. „Wie kannst du so etwas sagen?“ Beinahe für sich selber fügte sie heiser hinzu: „Du und Gavin seid meine Kinder – meine Söhne. Niemand, schon gar nicht Vanessa, wird an meinen Gefühlen für euch etwas ändern.“
„Nicht einmal ein Baby?“, fragte Tom.
Ein Baby? Wie kam er denn auf den Gedanken? Marcus und sie hatten darüber gesprochen, ob sie ein gemeinsames Kind haben wollten. Sie waren sich einig gewesen, dass sie solch eine zusätzliche Bindung nicht brauchten. Ihre Liebe füreinander war stark genug.
„Ein Baby?“ Eindringlich sah Eleanor ihren Sohn an. „Marcus und ich möchten kein Baby haben, Tom. Wie kommst du auf diesen Gedanken?“
Tom schwieg einen Moment. Als Eleanor schon glaubte, er wollte nicht antworten, drehte er sich zu ihr und stieß hervor: „Vanessa hat es gesagt. Sie hat gesagt, anschließend würdet ihr uns nicht mehr wollen, und wir müssten in ein Heim. Dort müssten wir tun, was die anderen Kinder von uns verlangen. Sonst würden wir verprügelt und bekämen nichts zu essen.“
Eleanor überlief es eiskalt vor Entsetzen. Wie konnte Vanessa es wagen, ihren Kindern so etwas anzutun? Sie musste genau gewusst haben, was sie damit anrichtete. Sie war ein intelligentes Mädchen und ziemlich reif für ihr Alter. Der berechnende, wissende Blick in ihren Augen machte Eleanor manchmal sogar Angst.
„Vanessa redet Unsinn“, erklärte Eleanor bestimmt. Wäre das Mädchen jetzt hier, hätte sie kaum an sich halten können und es sofort zur Rede gestellt. Vanessa war zwar nicht ihre Tochter, und die Rolle einer Stiefmutter war immer heikel. Doch wenn Vanessa absichtlich versuchte, ihre Kinder zu verunsichern und zu verletzen …
Die Türglocke läutete.
„Ich habe jetzt eine Besprechung, Tom“, sagte Eleanor zu ihrem Sohn und stand auf. „Mach dir keine Sorgen wegen Vanessa. Wenn sie das nächste Mal so etwas sagt, hör einfach nicht zu. Die Sache mit den Zimmern wird sich bald von allein erledigen. Gavin und du werdet ein eigenes Zimmer haben. Niemand wird euch daraus vertreiben können.“
Tom lächelte erleichtert, und Eleanor verwünschte Louise zum zweiten Mal an diesem Morgen. Würde ihre Partnerin etwas mehr Verantwortung zeigen, hätte sie mehr Zeit für ihre Söhne.
Weshalb hatte sie nicht früher gemerkt, was zwischen Vanessa und den Jungen vorging? Sie hatte gewusst, dass die drei nicht gut miteinander auskamen. Aber wie Marcus sagte, wäre es ein Wunder gewesen, wenn es auf Anhieb geklappt hätte. Mit ihren vierzehn Jahren konnte Vanessa nichts mit zwei Jungen in Gavins und Toms Alter anfangen.
Das Gespräch mit der Maklerin dauerte länger, als Eleanor angenommen hatte. Deshalb wurde es Nachmittag, bevor sie den Gutachter anrufen und sich nach seiner Meinung über Broughton House erkundigen konnte.
„Ich würde das Objekt eher als teuren Luxus und nicht als eine gute Gelegenheit bezeichnen“, sagte er. „Das Haus ist entzückend und hat eine idyllische Lage. Aber man muss eine Menge Geld hineinstecken, und der Unterhalt …“
„Was sollte man Ihrer Ansicht nach dafür bieten?“,
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