Brown, Dale - Feuerflug
wir da sind, aber sie können uns nicht finden ... noch nicht«, sagte Franken. »Lindsey, wo sind die Jäger von vorhin?«
Reeves schaltete ihr LADAR einige Sekunden lang ein. »Unterwegs«, meldete sie. »Drei Flugzeuge mit sechshundertdreißig Knoten, neunundzwanzigtausend Fuß. Weniger als sechs Minuten entfernt. Bisher keine Identifizierung.«
»Die Sache läuft nicht gerade nach Plan, was?«, meinte Franken nüchtern. »Mit der unbeobachteten Annäherung wird’s wohl nichts. Womöglich müssen wir uns ins Zielgebiet durchkämpfen.« Lindsey gab keine Antwort, und als er zu ihr hinübersah, stellte er fest, dass sie ihre Spucktüte benutzte. Er legte ihr seine rechte Hand auf die Schultern. »Geht’s wieder, Lindsey?«
Ihre Augen glänzten tränennass – das war sogar im dunklen Rot der Cockpitbeleuchtung der EB-52 zu erkennen. »Ich ... ich weiß nicht«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Ich bin ...«
»Ich brauche Sie, Lindsey. Ich komme hier nicht allein zurecht.«
»Ich hab solche Angst!«, stöhnte sie. »Mein Magen ... Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
»Lindsey ...« Er wartete einige Sekunden, während sie sich wieder in den Papierbeutel übergab, den ihre zitternden Finger irgendwo auf der Mittelkonsole abstellten. Sie war so durcheinander, dass sie ihre Sauerstoffmaske nicht wieder anlegen konnte.
»Lindsey, passen Sie auf ...«
»Warnung, Flugzeugradar im Erfassungsmodus, drei Uhr, siebenundvierzig Meilen, MiG-25«, meldete der Radarwarner.
»Ich ... ich schaff’s nicht«, schluchzte Lindsey. »Tut mir Leid, ich kann nicht ...«
»Hören Sie mir zu, Lindsey – passen Sie auf!«, brüllte Franken. »Kehren wir um, verfolgen die Libyer uns übers ganze Mittelmeer. Sobald wir keine Raketen mehr haben, schießen sie uns ab. Wir können’s vielleicht schaffen – aber unsere Jungs am Boden nicht. Deshalb müssen wir weiter. Haben Sie verstanden?«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
»Sie müssen durchhalten!«, sagte Franken. »Dort unten sind drei unserer Leute, die keine Chance haben, wenn wir ihnen nicht helfen. Aber das kann ich nicht allein, nicht mal mit den Computern.«
Er hielt sie an der Schulter gepackt und schüttelte sie. »Sie müssen durchhalten, Lindsey. Stellen Sie sich alles wie einen Flug im Simulator vor – einen sehr realistischen Simulatorflug. Okay?«
Lindsey bewegte den Kopf, erst langsam, dann schneller, als suche sie etwas. Sie begann den linken Pilotenhandschuh auszuziehen.
»Hier«, sagte Franken. »Rein damit ... und dann wieder an die Arbeit!« Er zog seinen rechten Handschuh aus und gab ihn Lindsey. Sie schaffte es kaum, ihn sich vors Gesicht zu halten, bevor ein neuer Strom den schwarzen Handschuh füllte. Franken wollte kaum glauben, dass ihr kleiner Magen noch immer etwas enthielt, das sie hervorwürgen konnte.
Reeves hockte nach vorn gebeugt da, hatte den Kopf fast zwischen den Knien und klammerte sich mit beiden Händen wie Halt suchend an dem gepolsterten oberen Rand des Instrumentenbretts fest, als wollte sie zwischen ihre Füße spukken. Franken fürchtete schon, sie würde ohnmächtig werden. Aber zu seiner Erleichterung zog Lindsey die Sauerstoffmaske vor ihr Gesicht, fummelte daran herum, ließ endlich den Bajonettverschluss einschnappen und atmete mehrmals tief durch. Ihre rechte Hand tastete nach der rechten Konsole, und wenig später begannen die Anzeigen auf dem SupercockpitBildschirm schnell und immer schneller zu wechseln.
»Scorpions einsatzbereit«, meldete Lindsey mit schwacher Stimme.
»Und was ist mit Ihnen, Kleine?«
»Ich bin hungrig«, sagte sie. »Wir wollen zusehen, dass wir hier fertig werden, damit wir heimfliegen und ein paar Burger essen können.«
»Warnung, Flugzeugradar im Verfolgungsmodus, drei Uhr, dreißig Meilen, MiG-25«, meldete der Radarwarner.
»Mit den verdammten Waffenpylonen haben wir einen Radarquerschnitt wie ein Scheunentor«, meinte Franken. »Sieht so aus, als brauchten wir die Scorpions heute doch noch.« Die Jagdrakete AIM-120C Scorpion war die Hauptabwehrwaffe der Megafortress – eine radargesteuerte überschallschnelle Lenkwaffe, die feindliche Jäger aus bis zu dreißig Meilen Entfernung treffen konnte. Die EB-52 hatte unter beiden Tragflächen je vier Scorpions, deren Startschienen seitlich an den Waffenpylonen angebracht waren.
»Wir sollten auf COLA runtergehen«, schlug Lindsey vor. »Vielleicht will er nicht so tief runterkommen.«
»Verstanden. Es geht los. Passen Sie auf Ihr
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