Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
der amerikanischen und der Weltöffentlichkeit alles zu.«
»Da bin ich anderer Meinung. Ich denke, wir sollten überhaupt nichts sagen«, widersprach Goff. »Die Russen haben uns reingelegt. Was wir nachträglich sagen, kann nur wie eine Ausrede klingen.«
»Wir bringen keine Ausreden vor – wir geben Erklärungen«, sagte der Präsident. »Leugnen können wir nichts, Bob. Wir haben von Anfang an gewusst, dass die Bombe irgendwann platzen würde. Dass die Russen über den Spionagefall des Jahrzehnts schweigen würden, konnten wir ohnehin nicht hoffen. Mir war klar, dass wir eines Tages die Zeche würden zahlen müssen. Mich wundert nur, dass die Russen so lange dichtgehalten haben.«
»Warum haben wir dann nicht mehr unternommen, verdammt noch mal?«, knurrte Goff.
»Weil wir von Anfang an die sichere Heimkehr unserer Männer und Frauen im Auge hatten«, antwortete der Präsident. »Die Russen hatten zwei US-Piloten einer streng geheimen Forschungseinrichtung geschnappt. Sie hätten auch den zweiten Bomber abschießen können – das wäre ihnen fast gelungen. Sie hätten hundert Jäger alarmieren und hinterherschicken können. Unsere halbgare Drohung, die eigentlich nicht hätte wirken dürfen, hat immerhin bewirkt, sie zögern zu lassen. Das hat uns die Zeit verschafft, die wir brauchten, um unsere Leute in Sicherheit zu bringen. Ich habe damit gerechnet, dass Senkow unseren Deal am nächsten Morgen widerrufen würde. Niemand hat gewonnen, aber das Entscheidende war, dass wir nicht verloren haben .« Diesen letzten Satz unterstrich er mit einem zornigen Blick.
»Der Kongress wird uns rösten«, stellte Goff fest. »Die Medien werden uns wochenlang, vielleicht sogar monatelang in die Mangel nehmen.«
»Das spielt keine Rolle.«
»Spielt keine Rolle?«, wiederholte Goff ungläubig. »Begreifen Sie das nicht, Thomas? Verstehen Sie das nicht? Der Kongress, das amerikanische Volk, die ganze Welt wird uns für völlig unfähig halten. Sie wird glauben, wir machten uns nichts aus unseren Verbündeten, wir seien Schlappschwänze, wir könnten uns nicht selbst verteidigen. Wie sollen wir die Sicherheit unserer Freunde und Verbündeten garantieren können, wenn wir ’s nicht mal schaffen, unsere eigenen Leute zu beschützen?«
»Es ist nicht unsere Aufgabe, den Rest der Welt zu beschützen, Bob«, sagte Thorn. »Wir sind nicht die Verteidiger der Freiheit. Wir sind nur eine Nation unter vielen Nationen auf diesem Planeten.«
»Soll das ein Witz sein, Thomas?«, fragte Goff. »Sie sind der Präsident der Vereinigten Staaten. Sie sind der Führer der freien Welt. Für hunderte von Millionen Menschen in aller Welt ist dieser Raum das Zentrum von Hoffnung, Freiheit und Demokratie …«
»Das kann ich nicht akzeptieren, Robert«, unterbrach ihn der Präsident. »Was dieser Raum verkörpert, kann ich Ihnen genau sagen: die Exekutive der Vereinigten Staaten, neben Legislative und Jurisdiktion die dritte Säule unserer Demokratie. Die Verfassung legt meine Amtspflichten genau fest, und ich bin mir ganz sicher, dass sie mich nicht ermächtigt, als Führer der freien Welt, als Verteidiger von Freiheit, Wahrheit, Gerechtigkeit oder sonstiger Ideale aufzutreten, sondern mich nur dazu verpflichtet, unsere Verfassung zu achten und zu schützen. Ich bin der amerikanische Präsident, sonst nichts.«
»Hier geht’s nicht um Verfassungsfragen, Thomas. Das Ganze hat symbolischen Charakter«, sagte Goff unbehaglich, weil ihm widerstrebte, seinem Freund etwas so Grundsätzliches erklären zu müssen. »Der Präsident der Vereinigten Staaten ist ein Symbol für Freiheit und Demokratie. Diese Eigenschaft wird ihm nicht durch Wahl oder Gesetz verliehen – sie fällt ihm zu, weil die Menschen sich daran gewöhnt haben, ihn in dieser Rolle zu sehen.«
»Mir bleibt also nichts anderes übrig, als sie zu akzeptieren? Unsinn! Die Entscheidung liegt bei mir, und ich entscheide mich dagegen, ein Symbol für irgendetwas zu sein.« Trotzdem war zu spüren, dass er das Thema wechseln wollte, denn er stritt sich nicht gern mit seinem Freund.
Thorn deutete auf die von den US-Geheimdiensten eingegangenen Berichte und Analysen über den Bomber EB1C Vampire. »All dieses Zeug, unser Land sei dadurch kompromittiert worden, dass die Russen Informationen über den Bomber publik gemacht haben? Lauter Unsinn. Die Analytiker schreiben dieses pessimistische Zeug nur deshalb in ihre Berichte, weil sie fürchten, ihre Einschätzungen könnten als
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