Brown, Dale - Phantomjäger
Thorn. »Dass Sie Ihre Frau und Ihren Bruder in Libyen verloren haben, verdanken Sie nur diesem Hundesohn Martindale.« Maureen Hershel starrte erst Thorn, dann McLanahan sichtlich schockiert an. Das hatte sie offenbar zum ersten Mal gehört.
»Sir, ich erkenne an, dass Präsident Martindale den Mut besitzt, seinen Überzeugungen entsprechend zu handeln«, antwortete Patrick. »Wir haben getan, was wir für richtig hielten. Wir hatten die Möglichkeit, etwas zu unternehmen, also haben wir’s getan. Wir haben nicht darauf gewartet, dass irgendein Staat uns die Arbeit abnimmt.«
»Wunderbar. Sie haben die Wüsten Libyens und Ägyptens sicher gemacht, damit Ölmultis mit der Ausbeutung der dortigen Lagerstätten Riesengewinne erzielen können«, sagte Thorn. »War das den Tod Ihrer Angehörigen wert, General?«
»Ich dachte, Sie wollten sich hier informieren lassen, Mr. President«, sagte Patrick. »Wozu haben Sie sich die Mühe gemacht, herzukommen und sich hier einen Vortrag anzuhören, wenn Sie nicht in Turkmenistan intervenieren wollen? Ist es respektlos, falsch oder sogar hochverräterisch, einen Plan auszuarbeiten und Vorbereitungen für einen Einsatz zu treffen, selbst wenn der eigene Boss, der so genannte Führer der freien Welt, sich nicht engagieren will?«
»Sie sprechen von Ihrem Oberbefehlshaber, General«, sagte Robert Goff pointiert. Er konnte McLanahan nicht wirklich böse sein – schließlich war er weitgehend seiner Meinung-, aber er durfte ihm solche Bemerkungen auch nicht durchgehen lassen. »Wechseln wir das Thema, ja?«
Thorn funkelte McLanahan an, ließ es aber dabei bewenden.
»Die CIA hat das Weiße Haus gestern darüber informiert, dass Russland voraussichtlich bald in Turkmenistan eingreifen wird«, teilte Goff den anderen mit. »Kurban Gurisow ist entschieden prorussisch, antiwestlich und antimuslimisch eingestellt. Nach Ansicht der CIA könnten die russischen Streitkräfte intervenieren, wenn die Guerillas den Ölexport Turkmenistans gefährden – und Gurisow würde ihr Eingreifen begrüßen, weil das seine Herrschaft zementieren würde.«
»Und wenn die Talibanarmee weiter gegen die Überreste der turkmenischen Streitkräfte siegreich bleibt, dürfte eine Verwicklung Russlands in den Konflikt unvermeidlich sein«, sagte Patrick. Er überlegte kurz. »Russland hat in Turkmenistan einige Jagdgeschwader stationiert, betreibt dort mehrere Übungsgebiete und hat bei Mary ein großes Luftkampfzentrum eingerichtet. Es entspricht dem Strike and Air Warfare Center der Navy auf der Naval Air Station Fallon oder dem Air Warfare Center der Air Force auf der Nellis Air Force Base. Teile der russischen Flottille im Kaspischen Meer mit einer Brigade Marineinfanterie und einem Bataillon Sondertruppen sind weiterhin in Turkmenistan stationiert, und viele turkmenische Einheiten werden von russischen Offizieren mit Arbeitsverträgen geführt.«
»Aber offiziell ist das russische Militär vollständig aus Turkmenistan abgezogen«, sagte Goff, »und es gibt praktisch keinerlei Verbindung zwischen russischen und turkmenischen Verbänden. Wo sehen Sie eine Gefahr, Patrick?«
»Hier geht’s um eine potenzielle Gefahr, Sir, nicht um eine reale«, antwortete Patrick. »Turkmenistan war eine wichtige Sowjetrepublik und ist weiterhin ein Großlieferant von billigem Erdöl, das Russland teils selbst verbraucht, teils sogar exportiert. Ginge Turkmenistan an eine Horde muslimischer Guerillas verloren, obwohl russische Offiziere die turkmenischen Streitkräfte kommandieren und dort in Wirklichkeit noch russische Einheiten stationiert sind, wäre das für Russland äußerst peinlich.«
Thorn und Goff schwiegen nachdenklich.
»Eine interessante Analyse, Gentlemen«, sagte Präsident Thorn schließlich. »Ihre Schlussfolgerungen passen sehr gut zu denen der CIA.« An Hershel gewandt fügte er hinzu: »Ein baldiger Außenministerbesuch in Turkmenistan dürfte zweckmäßig sein.« Er nickte Luger, Briggs und Wohl zu. »Ich danke Ihnen, Gentlemen. Ich möchte noch kurz mit General McLanahan sprechen.« Er verabschiedete sich von allen dreien mit Handschlag und schüttelte sogar Chris Wohls gepanzerte Hand, als sie gingen.
Thorn, Hershel und Goff steckten die Köpfe zusammen; Patrick begleitete die anderen zur Tür, um respektvoll außer Hörweite zu bleiben. »Wie geht’s deiner Ansicht nach weiter, Muck?«, fragte David Luger.
»Ich glaube, wir haben Eindruck gemacht«, antwortete Patrick, »und werden in den
Weitere Kostenlose Bücher