Brown, Dale - Phantomjäger
waren Furcht erregende Führer und manchmal gewaltige Kämpfer, aber selten gute Soldaten.
Unabhängig davon, was Zarazi wirklich glaubte, hatte seine kurze Ansprache gewirkt. Bis auf zwei Männer ergaben die an der Straßensperre Zurückgebliebenen sich und schworen der Hisbollah Treue. Die beiden Soldaten, die sich Zarazi nicht anschließen wollten, wurden auf der Stelle erschossen. »Verdammt, General«, sagte Turabi, nachdem Zarazi die Männer persönlich hingerichtet hatte. »Sie hatten versprochen, sie laufen zu lassen, wenn sie sich ergeben. Jetzt haben unsere neuen Männer gesehen, wie Sie Ihr Wort brechen.«
»Ich habe gesagt, dass ich sie leben lasse, wenn sie sich zurückziehen«, stellte Zarazi fest. »Diese beiden waren keine wahren Gläubigen.«
»Sie haben sich ergeben. Wir haben sie entwaffnet. Sie haben vor Ihnen gekniet. Sie wollten sich Ihnen nicht anschließen, aber sie wollten auch nicht kämpfen. Sie wollten nur weiterleben.«
»Oberst, sie haben standgehalten, um ihren Vorgesetzten zu beweisen, dass sie keine Feiglinge sind, aber sie haben nicht gekämpft, weil sie Angst vor dem Tod hatten«, sagte Zarazi aufgebracht. »Woran glauben solche Männer eigentlich? Sind sie Mäuse oder Menschen?«
»Wakil ...« Turabi verstummte, als er sah, dass Zarazi ihn warnend anfunkelte. »Äh, General ... ich frage Sie nur eines: Wie wollen Sie diese Männer führen – durch Angst oder durch den Glauben an Ihren Auftrag und Ihre Führerqualitäten?«
»Ob sie mich lieben oder fürchten, ist mir egal, Oberst«, antwortete Zarazi. »Folgen sie mir, führe ich sie in die Schlacht. Widersetzen sie sich mir, sterben sie. So einfach ist das.«
»Für uns, die wir Angehörige Ihres Stammes sind, ist das in Ordnung, General«, sagte Turabi. »Wie es seit tausend Jahren bei uns der Brauch ist, sind Sie durch Geburt und das Votum der Stammesältesten unser Führer. Aber jetzt unterstehen Ihnen auch Freiwillige, die an Ihren Auftrag glauben – Männer, die Berufssoldaten sind, viele aus anderen Ländern. Sie erwarten bestimmte Dinge von ihren Führern: Vertrauen, Führungsstärke, Tapferkeit ...«
»Alle diese Dinge besitze ich.«
»Sie beweisen weder Vertrauen noch Führungsstärke, wenn Sie jemanden hinrichten, der sich Ihnen ergeben hat, ganz gleich aus welchem Grund«, stellte Turabi fest. »Sie können ihn gefangen nehmen, ihn freilassen, Lösgeld für ihn verlangen, ihn zu bekehren versuchen – aber Sie dürfen keinen unbewaffneten Mann erschießen.«
»Schluss jetzt, Oberst«, sagte Zarazi scharf. »Ich führe diese Truppe, weil Allah es so will. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen. Wir kehren zum Bataillon zurück und planen unseren Angriff auf Kerki. Wir greifen heute Nacht an.«
Turabi blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Widerspruch wäre zwecklos gewesen.
Auch wenn ihm Zarazis Führungsstil nicht gefiel, konnte Jalaluddin Turabi nicht leugnen, dass er sehr effektiv war. Es war leicht, ihre anfänglichen Erfolge auf die laschen Sicherheitsmaßnahmen an der turkmenischen Ostgrenze, das Überraschungsmoment oder Zarazis zupackende Kühnheit zurückzuführen, aber die Belagerung von Kerki war etwas völlig anderes. Der Heeresfliegerplatz hatte reichlich Zeit, sich auf einen Angriff vorzubereiten; er hatte bereits eine Mil Mi-8 und ihre Besatzung durch feindliches Feuer verloren. Aber die Verantwortlichen glaubten offenbar, der Hubschrauber sei wegen eines technischen Defekts abgestürzt, denn sie richteten den Stützpunkt nicht zur Verteidigung ein.
Bei Einbruch der Dunkelheit schickte Zarazi einen Spähtrupp los, der drei Stunden später zurückkam. »Die Turkmenen bereiten einen Angriff vor«, meldete der Spähtruppführer. »Auf dem Vorfeld stehen acht Transporthubschrauber Mi-8, die offenbar für einen Einsatz vorbereitet werden. Sie tragen Zusatztanks und Waffenbehälter mit Raketen zur Zielmarkierung.«
»Das sind über zweihundertdreißig Mann Infanterie, General«, sagte Turabi. Er hatte es sich vorsichtshalber angewöhnt, Zarazi –auch wenn sie allein waren – nur noch mit seinem selbst verliehenen Dienstgrad anzureden.
»Und hier handelt es sich nicht um Grenzwachen oder eine leichte Infanteriepatrouille – das sind reguläre Soldaten, General«, ergänzte der Spähtruppführer. »Bewaffnet sind sie mit Sturmgewehren, schweren MGs und Granatwerfern. Sie bereiten sich mit starken Kräften auf einen massiven Angriff vor.«
»Wann dürfte er Ihrer Ansicht nach
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