Brown, Dale - Schattenpilot
stellvertretenden japanischen Außenminister Kubo und dem südkoreanischen Präsidenten Kim telefoniert«, berichtete Hartman. »Beide Staaten beobachten die Entwicklung aufmerksam, ohne konkrete Maßnahmen zu ergreifen - außer einigen Verstärkungen südkoreanischer Einheiten entlang der Demarkationslinie. Nordkorea führt eine Propagandaoffensive gegen Taiwan, dem es vorwirft, einen Krieg in Asien zu provozieren, aber es scheint den Konflikt nicht anheizen zu wollen - zumindest nicht mehr als sonst.«
Hartman machte ein Gesicht, als wäre ihm unbehaglich, und der Präsident fasste sofort nach. »Was gibt's noch ? Hat Nagai sich irgendwie dazu geäußert?« Kasumi Nagai war der neue japanische Ministerpräsident, ein ultralinker Politiker der neuen Kaischin-Partei, zu der sich linke Parteien Japans zusammengeschlossen hatten, unter ihnen die Kommunistische Partei Japans. Nagai war ein überzeugter, aber zurückhaltend formulierender Gegner des Westens und der Vereinigten Staaten; er hatte die letzten Wahlen mit einem Programm gewonnen, das die Kündigung der amerikanischen Stützpunkte in Japan, die Ausdehnung der japanischen Zweihundertmeilenzone bis zu Inseln, die auch von Südkorea, Taiwan und China beansprucht wurden, die allmähliche Steigerung japanischer Militärausgaben und die Entwicklung eigener Kernwaffen vorsah. Bisher waren nur wenige seiner radikalen Forderungen verwirklicht worden, aber die breite Zustimmung, die Nagai in Japan fand, weckte in Washington Besorgnis.
»Genau wie erwartet«, bestätigte Hartman seufzend. »Kubo hat mir mitgeteilt, dass der Ministerpräsident uns morgen in einer Rede auffordern wird, Taiwan nicht mehr zu unterstützen, solange die Republik China die Senkaku-Inseln beansprucht. Angeblich will Nagai im Reichstag den Antrag einbringen, das Stationierungsrecht für unsere Kriegsschiffe zu widerrufen, wenn wir Taiwan weiter unterstützen.«
»Großer Gott«, murmelte der Präsident. »Jerrod...«
»Bin schon dabei, Sir«, antwortete Haie, der bereits mit seinem Stab telefonierte, um ein Telefongespräch mit dem japanischen Ministerpräsidenten arrangieren zu lassen. Aus jahrelanger Erfahrung als Vizepräsident wusste Martindale, dass ein einfaches Telefongespräch mit einem ausländischen Spitzenpolitiker oft mehr wog als ein Dutzend Kommuniques und Staatsbesuche, und deshalb telefonierte er sehr viel.
»Okay, Japan und Südkorea äußern sich also nicht zu etwaigen Militäraktionen Chinas«, fasste der Präsident zusammen. »Offenbar würde niemand sich sonderlich aufregen - außer natürlich Taiwan -, wenn China Quemoy, Matsu oder sogar Formosa heimholen würde.«
»Das liegt daran, dass Taiwan eine verhältnismäßig ausgeglichene Handelsbilanz hat und vielen Staaten heftig Konkurrenz macht - nur den USA und China nicht«, erklärte Hartman ihm. »Als neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt konkurriert Taiwan gleichberechtigt mit Japan, Indonesien, Südkorea und Singapur. Aber im Handel mit den Vereinigten Staaten erzielt Taiwan einen Überschuss von zehn Milliarden Dollar pro Jahr und besitzt zwei Milliarden Dollar, die teilweise in amerikanischen Schuldverschreibungen angelegt sind. Seine Handelsbilanz mit China weist einen noch größeren Überschuss zu Gunsten Taiwans auf. Die meisten Staaten Asiens betrachten die taiwanesischen Nationalisten ähnlich wie die Israelis als von Amerika unterstützte Unruhestifter. Sie finden, China sollte Taiwan absorbieren, wie es Hongkong absorbiert - solange die Kommunisten sie weiter durch Handel mit ihnen Geld verdienen lassen.«
»Wie sieht die Handelsbilanz Japans und Südkoreas mit China aus?«, fragte Vizepräsidentin Whiting. »Die Volkswirtschaft Chinas muss... sie ist doch mindestens zehnmal größer als die Taiwans?«
»Das kommt ziemlich genau hin«, bestätigte Hartman.
»Mit über einer Milliarde potenzieller Kunden ist China der Handelspartner, den sich jeder wünscht - deshalb haben fast alle Staaten, offiziell auch wir, sich zu Gunsten Chinas von Taiwan abgewandt«, stellte Whiting fest. »Welche asiatischen Staaten würden China in den Arm fallen, wenn es sich Taiwan zurückholen würde? Warum sollten sie sich China wegen Taiwan zum Feind machen?«
»Von unseren Verbündeten in Asien haben wir also nicht viel Hilfe zu erwarten, falls Taiwan angegriffen wird«, fasste Sicherheitsberater Freeman zusammen.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass Japan und Südkorea uns inoffiziell, vielleicht auch nur heimlich
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