Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
für zwei Menschen, die einander lieben.«
»Aber Jared liebt mich nicht. Mir graust vor dem Tag, wo
er diese Farce satt hat und mich wegschickt.«
»Nach meinem Dafürhalten kämpft Jared mit seinen eigenen Empfindungen, Lauren. Er hätte sich nämlich niemals zu einer Heirat nötigen lassen, wenn du ihm nicht gefallen hättest. Ganz egal, was auf dem Spiel stand. Dazu ist
er viel zu stur. Er schickt dich bestimmt nicht mehr weg.«
Sie betrachtete die weinende junge Frau, und ihr Herz
krampfte sich zusammen. Ben hatte so gehofft, dass sie sich
ineinander verlieben würden. Und ihnen alles Glück dieser
Erde gewünscht.
»Lauren«, sagte sie sanft, »sperr dich nicht gegen deine
Gefühle für Jared. Schau doch nur mal, wie sinnlos mein
Leben gewesen wäre, wenn ich Ben nicht geliebt hätte.
Denk an das Kreuz, das er allein hätte tragen müssen.
Glaub mir, du wirst es nicht bereuen, einen Lockett zu lieben. Ich persönlich bereue nur, dass ich Ben nicht noch
mehr Kinder schenken konnte.«
Lauren schniefte und betupfte sich die Augen mit dem
spitzenumsäumten Taschentuch, das Maria ihr gegeben
hatte. »Danke, Maria. Und jetzt geh wieder zu deiner ... unserer ... Familie. Ich komm später nach.« Sie lächelte unter
Tränen.
Maria strich ihr über die feuchten Wangen und glitt aus
dem Zimmer. Lauren blieb allein zurück und zerbrach sich
den Kopf, wo Jared wohl das Weihnachtsfest verbringen
mochte.
Kapitel 20
Zwei Wochen nach Weihnachten konnten die Bewohner
von Keypoint ein paar Tage aufatmen, denn das Wetter bescherte ihnen für die Jahreszeit ungewöhnlich milde Temperaturen. Der harte Winter war zwar noch nicht vorbei,
aber jeder freute sich darüber, dass die Unwetter mit Sturm,
Eisregen und Hagel sich einstweilen verzogen hatten.
Eines Morgens ritt Lauren allein aus, weil Maria stark erkältet war. Rudy oder einen der Vaqueros mochte sie nicht
um Begleitung bitten. Es war schon eigenartig, aber sie
vermisste Flame. Und wenn sie an die Stute dachte, dachte
sie prompt an Jared. An einen herzlosen und brutalen Jared.
Entschlossen verdrängte sie diese Assoziation.
Sie ritt seit etwa einer Stunde an den Ufern des Rio Caballo entlang und beschloss umzukehren. Plötzlich legte ihre
Stute die Ohren scharf nach hinten, und Lauren vernahm
einen leisen Fluch, untermalt von einem Stöhnen. Sie brachte das Pferd zum Stehen und lauschte. Da, wieder ein Stöhnen. Es kam aus der Richtung des kleinen Zedernhains. Sie
ritt näher heran. Unweit der Bäume konnte sie eine Gestalt
ausmachen, hingestreckt am Boden.
Sie saß geschmeidig ab und trat zögernd einen Schritt näher.
»Bleiben Sie, wo Sie sind.« Sie hörte ein metallisches Klicken - eine Flinte wurde entsichert. Lauren erstarrte, das
Herz klopfte ihr bis zum Hals.
»Keine Bewegung, kommen Sie ja nicht näher.« Die
Stimme klang ernst und schmerzverzerrt, als bereitete das
Sprechen dem Unbekannten Qualen.
»Sind Sie verletzt? Ich hab genau gehört, dass Sie gestöhnt
haben.« Lauren war ziemlich mulmig zumute, aber deswegen kneifen? Nein, das war nicht ihre Art. Ihr schwante bereits, dass diese Person dringend Hilfe brauchte.
»Sind Sie Jared Locketts Frau?«
»Ja, ich bin Mrs. Lockett. Und Sie?« Sie trat einen weiteren Schritt vor.
»Keine Bewegung, hab ich gesagt!«, schrie er, wobei sich
seine Stimme fast überschlug.
Lauren kümmerte sich nicht darum, lief in das Dickicht.
Und blieb abrupt stehen und bedeckte ihren Mund mit beiden Händen, um den Entsetzensschrei zu dämpfen, der ihrer Kehle entfuhr.
Der Mann war zerlumpt und schmutzig, sein Knöchel
steckte grotesk verrenkt in irgendeiner Wildfalle. Blut quoll
aus einer Fleischwunde, die die zuschnappenden Eisen verursacht hatten.
Das war Crazy Jack, der Eremit, dämmerte es ihr albtraumhaft. Der arme Kerl hatte gar kein Gesicht mehr, nein,
was davon noch übrig war, mutete an wie eine Horrormaske. Hässliche, rote Narben, wo eigentlich die Ohren hätten
sein müssen, statt einer Nase zwei dunkel gähnende Löcher
über dem Mund.
Lauren kämpfte gegen eine plötzlich aufsteigende Übelkeit an. »Mr. Turner, ich möchte Ihnen doch nur helfen.«
Sie wagte sich behutsam näher.
Seine Miene war zu einer gequälten Fratze verzerrt. Die
Lippen röchelnd über dunklen Zahnstümpfen gerollt, die
Lider fest zusammengepresst. Lauren sah, dass er die Flinte
hatte sinken lassen und stattdessen das verletzte Bein umklammert hielt. Die Waffe lag auf dem Waldboden.
»Ich will keine Hilfe«,
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