Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
zischte er.
»Ob Sie wollen oder nicht, Sie brauchen Hilfe.« Die Entschlossenheit in ihrer Stimme verblüffte ihn. Er klappte die
Lider auf, beäugte sie misstrauisch und fand wohl, dass von
Lauren keine Gefahr drohte.
»Meinen Sie denn, Sie können dieses gottverdammte Ding
von meinem Bein entfernen?«
»Ich ... ich ... keine Ahnung.« Sie blickte auf das bizarre
Gebilde und schauderte. »Ich kann es versuchen.«
»Okay, dann machen Sie schon, bevor ich hier verblute«,
grummelte er. »Halten Sie die Falle auf beiden Seiten fest,
und dann ziehen Sie sie mit aller Kraft auseinander, verstanden?«
»Tut es denn nicht weh, wenn ich Ihren Fuß berühre?«,
fragte sie ängstlich.
»Klar tut es höllisch weh. Aber verdammt noch mal, das
tut es auch so. Also los, worauf warten Sie noch?«
»Wie Sie meinen«, entschied Lauren und zog ihre Handschuhe aus. Der Mann schreckte offenbar vor nichts zurück.
Ihr Herz hämmerte, als sie sich neben den entstellten
Einsiedler kniete und vorsichtig die Finger um sein Schienbein schloss, etwas oberhalb der Stelle, wo die Falle zugeschnappt war. Er stöhnte aufgrund des leichten Drucks auf,
und sie nickte mitfühlend. »Verzeihen Sie, wenn es wehtut.«
»Nun machen Sie schon. Bringen wir es hinter uns«, röchelte er.
Sie packte das blutbespritzte Metall mit beiden Händen
und versuchte, die Falle auseinanderzubiegen. Sie gab keinen Zoll nach, und Crazy Jack stöhnte auf, als würde er
durch den Fleischwolf gedreht. »Fester, Lady, fester.«
Lauren probierte es von Neuem und mit aller Kraft. Sie
wollte schon aufgeben, als das Eisen unter ihren Fingern
eine Idee nachgab. Ihre Armmuskulatur rebellierte ob der
ungewohnten Anstrengung. Schließlich sprang die Falle
auf, löste sich blitzartig brutal aus dem malträtierten Knöchel des bedauernswerten Opfers.
Jack schrie vor Schmerz auf. Die Falle hatte eine tief ausgezackte Fleischwunde geschlagen, die stark blutete. Lauren lief zu ihrem Pferd und kramte eine Flasche Wasser aus
den Satteltaschen. Sie kniete sich abermals neben ihn und
goss die Flüssigkeit auf die Wunden. Jack lachte sie aus.
»Wasser bringt nichts, Missy. Holen Sie mal lieber meine
Flasche. Mein Gaul muss hier irgendwo rumtrotten.« Als sie
sich umsah, gewahrte sie einen dürren Klepper, der an dem
kurzen Gras unter den Bäumen herumzupfte. Sie näherte
sich ihm skeptisch. Vielleicht war er genauso scheu wie sein
Besitzer und ließ keinen an sich heran? Nein, er blieb brav
stehen, als sie die Flasche vom Sattelknauf losband. Sobald
sie diese aufschraubte, stieg ihr der vertraute Whiskeygeruch in die Nase. Das war sicher der Fusel, den er selbst
destillierte, wie Jared ihr erzählt hatte.
Nach kurzem Zögern goss sie den Schnaps großzügig
über die Verletzung. Jacks Augen tränten zwar vor Schmerz,
aber er gab keinen Mucks von sich. Er deutete auf das
schmutzstarrende Tuch, das er um den Hals trug. Damit
sollte sie ihm das Bein verbinden.
»Soll ... soll ich nicht besser meins nehmen? Es ist ...«, sie
verschluckte das »sauberer« und sagte stattdessen »grö
ßer«. »Ich will niemandem was schuldig bleiben ...«
»Aber nein, das tun Sie auch nicht«, erstickte sie seinen
weiteren Protest. Sie riss sich das Tuch vom Hals. Und
sandte ein stummes Dankgebet zum Himmel, dass sie nicht
das schöne blaue Seidentuch trug, das Jared ihr geschenkt
hatte, sondern ein einfaches Baumwolltuch, das sie sich irgendwann einmal selbst in Coronado gekauft hatte. Hastig
wickelte sie den Stoff um seine blutenden Wunden. Sie durfte gar nicht darüber nachdenken, wie schmerzhaft die Prozedur für Crazy Jack wohl war. »Da. Das sollte halten, bis
wir in Keypoint sind und einen Arzt rufen können. Meinen
Sie, Sie können in Ihrem Zustand reiten?« »Jetzt hören Sie
mir verdammt noch mal zu, Missy. Ich geh nirgendwohin.
Ich reite jetzt nach Hause. Was glauben Sie? Jack Turner
lässt sich doch nicht von irgendeinem karbolstinkenden
Quacksalber betatschen.«
»Aber Mr. Turner, Sie sind ernsthaft verletzt. Nicht ausgeschlossen, dass Ihr Knöchel gebrochen ist.« Unmöglich,
dass er in diesem Zustand in seine Einsiedlerklause zurückkehrte! Er brauchte dringend einen Arzt, der die Wunde
desinfizierte und die entsprechende medizinische Versorgung leistete. »Bitte, wenn Sie nicht mitkommen wollen,
kann ich Rudy holen. Sie kennen doch sicher Rudy Men...«
»Teufel noch, klar kenn ich Rudy Mendez. Er ist der Einzige, von dem ich mir helfen lass. Wär
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