Brown, Sandra - Ein skandalöses Angebot
geschneidert
habe.
»Nein«, lautete Laurens rigorose Antwort. Sie versuchte
eben, mit gefährlich langen Haarnadeln das passende, mit
einem dekorativen Schleier geschmückte Hütchen festzustecken. »Ich möchte endlich wieder etwas anziehen, was
mir gehört. Damit Jared mich nicht ständig in irgendwelchen Sachen sieht, die seine Mutter für mich gekauft hat.«
Die beiden Frauen waren gerade mit dem Packen fertig
geworden, als Pepe leise klopfte. Elena öffnete ihm die Tür,
woraufhin er mit einer knappen Verbeugung verkündete:
»Señor Jared wartet.« Er nahm Laurens Taschen und ging
den Frauen auf der Treppe voraus. Nach einem langen
Blick auf ihr Reitkostüm schüttelte er skeptisch den Kopf
und murmelte irgendetwas auf Spanisch.
Er trug ihre Taschen durch das Hauptportal ins Freie. Soll
Jared doch warten, bis er schwarz wird, dachte Lauren bockig. Sie machte einen kurzen Abstecher zu Rosa in die Kü
che, um noch rasch eine Tasse Tee zu trinken. Der Morgen
war kühl, und der Tee wärmte von innen her, wenngleich
die Kälte in ihrem Herzen blieb. Sie hatte Jared noch nicht
gesehen, und nach der Geschichte im Bad grauste ihr vor
einer neuerlichen Konfrontation. Vermutlich durfte sie mal
wieder den Blitzableiter für seine schlechte Laune spielen.
Rosa wuselte in aller Herrgottsfrühe geschäftig in der Kü
che herum. Während Lauren eine heiße, frisch gebutterte
Tortilla aß, stellte die Köchin betroffen fest, dass die junge
Gringa unsäglich traurig aussah. Die plötzliche Heirat war
bestimmt keine Liebesheirat gewesen, überlegte sie. Ihr
konnte man nichts vormachen, sie wusste alles, was im
Haus vorging. Mütterlich tätschelte sie Laurens Arm. »Kopf
hoch, Señora Lockett. Das wird schon werden. Señor Jared,
er ... er tief verletzt. Hier.« Sie drückte eine massige Hand
auf ihren ausladenden Busen. »Aber er ist ein guter Mann.
Er mag Sie sehr.« Lauren wollte protestieren, aber Rosa fuhr
eilends fort: »Rosa kennt den Jungen seit seiner Geburt. Ich
weiß, was ich sage.« Sie strahlte zuversichtlich und drückte
Laurens Hand. »Vaya con Dios«, flüsterte sie.
Pepe steckte den Kopf in die Küche, räusperte sich und
sagte beschwörend: »Señor Jared, er ...« Er bedeutete Lauren mit einem hektischen Kopfnicken, dass sie ihm schleunigst folgen solle.
Bevor sie die Küche verließ, schloss Lauren die Köchin
kurz in die Arme, was bei Rosas beachtlichem Leibesumfang ein kleines Kunststück war. Elena stand an der Eingangstür, die Augen verdächtig feucht. Lauren drückte sie
wegen der fortgeschrittenen Schwangerschaft ganz behutsam an sich. »Schickst du mir eine Nachricht, wenn das
Baby in der Zwischenzeit geboren wird? Damit ich weiß,
wie es dir und dem Kind geht.«
»Aber natürlich, keine Sorge. Dem Niño geht es bestimmt
prächtig.« Elena strahlte.
»Auf Wiedersehen, Elena.« Die beiden jungen Frauen
umarmten einander ein weiteres Mal, dann trat Lauren ins
Freie.
Jared saß auf dem feurigen Palomino-Hengst, jeder Zoll
ein selbstbewusster Vaquero. Er trug die typische Kleidung,
die schmal geschnittene schwarze Hose in hohe schwarze
Stiefel gesteckt. Eine Lederjacke schützte ihn vor der morgendlichen Oktoberkühle. Darunter trug er ein blaues
Hemd und ein rotes, lässig um den Hals geknotetes Tuch.
Er hatte den schwarzen Cowboyhut tief in die Stirn gezogen
und paffte wie üblich an einem Zigarillo. Seine Miene von
der Morgendämmerung verschattet, musterte er sie von
oben bis unten. Pepe hielt die Zügel einer gesattelten
Fuchsstute. Beide Pferde stampften nervös mit den Hufen,
als Jareds dröhnendes Lachen unversehens die morgendliche Stille durchschnitt.
»Teufel auch, wo willst du denn in dem Aufzug hin?«
Lauren fiel aus allen Wolken. Was hatte er denn bloß? Sie
fand sich todschick in ihrem eleganten Reitkostüm mit dem
passenden Hütchen. »Das ... das ist ein Reitkostüm«,
stammelte sie schwach.
»Das sehe ich«, wieherte Jared. »Und wie willst du damit
auf ein Pferd kommen? Das wird bestimmt lustig.«
Lauren blickte zu der hübschen Stute, die recht friedlich
wirkte. Als sie den Sattel sah, schluckte sie schwer.
»Ich hätte lieber einen Damensattel, Jared«, sagte sie betont nachdrücklich.
»Was du nicht sagst«, meinte er gedehnt, den Zigarillo
lässig im Mundwinkel balancierend. »Wir haben aber leider
nur Westernsättel. Kannst du etwa nicht im Herrensitz reiten?«
Er provozierte sie gnadenlos, dieser Schuft! »Natürlich
kann ich das«, versetzte sie scharf.
»Dann mach
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