Brown Sandra
ich warne dich, die plappern hier alle schrecklich schnell. Man kann in der ganzen Stadt keinen vernünftigen Catfish kriegen, und außerdem ist George Stein nicht gerade der Inbegriff von Liebenswürdigkeit.«
»Hank, ich bin mir über die Schwierigkeiten völlig im klaren, aber ich finde, es wird langsam Zeit für mich, in den oberen Etagen mitzumischen.«
»GSS hat für jede Abteilung ein eigenes Personalbüro. Warum willst du es nicht über die normale Schiene probieren?«
»Meine Güte, da bewerben sich doch täglich Hunderte. Klar, meine Empfehlungsschreiben sehen gut aus, aber wahrscheinlich würde es Monate dauern, bis die überhaupt gelesen werden. Abgesehen davon will ich nach ganz oben, nicht ins mittlere Management.«
Hank pfiff leise. »Sag mal, um was Einfacheres hättest du mich nicht bitten können, oder? Zum Beispiel, mittags nackt aufs Empire State Building zu klettern …«
»Ich weiß, Hank, es ist ein ziemlich großer Gefallen. Du mußt einfach nur nein sagen, wenn du es nicht kannst. Ich bin auch bestimmt nicht böse.«
»Hab’ ich etwa gesagt, daß ich es nicht kann? Die Sache ist nur, daß George ein verschrobener alter Herr ist, für den man ein Händchen haben muß. Gib mir ein paar Tage Bedenkzeit, und mir wird schon was einfallen.«
»Am besten wäre es, wenn ich ihn in einer privaten Umgebung treffen könnte, irgendwo weit weg von seinem Troß. Meinst du, du kriegst das hin?«
Hank schaffte es tatsächlich. Er lud George Stein zu sich nach Hause ein, wo er ihm sein neuestes Bild vorstellen wollte. Er köderte den alten Mann, indem er meinte, das Werk würde sich einfach phantastisch an der Wand hinter seinem Schreibtisch machen.
Jade wartete bereits in Hanks Wohnung, als Steins Chauffeur vorfuhr. Sie wurde ihm als eine Freundin »von auswärts« vorgestellt. Stein verliebte sich sofort in das Gemälde, feilschte eine Weile mit Hank um den Preis und erstand es schließlich für sein Büro. Er war bester Laune.
Danach saßen sie bei einem Drink zusammen, als Stein höflich fragte: »Sind Sie auch Künstlerin, Miss Sperry?«
Als hätte Jade das Drehbuch eigenhändig verfaßt. Dieses Stichwort paßte perfekt. »Nein, ich bin in der Textilbranche tätig, Herstellung und Marketing.«
»Sie ist Vizepräsidentin eines Unternehmens in Atlanta, das Arbeitsbekleidung herstellt«, fügte Hank an.
»Ich habe gelesen, daß die GSS vor kurzem die drei KelsoFabriken aufgekauft hat«, bemerkte Jade.
»Das ist richtig.« Stein roch den Braten. Er musterte sie stirnrunzelnd.
»Hmmhmm.« Jade gab sich gleichgültig. Sie nahm einen Schluck Wein. »Hank, du solltest die Pflanze dort in der Ecke wirklich mal gießen. Die …«
George Stein unterbrach sie. »Sind Sie mit den Kelso-Fabriken vertraut, Miss Sperry?«
»Nur vom Hörensagen.«
»Und, was sagt man so?«
Sie zögerte. »Nun ja, ich hoffe für Sie, daß die GSS es schafft, sie in profitable Unternehmen umzuwandeln aber …«
»Aber was?«
»Aber das würde bedeuten, das gesamte Unternehmen bis hoch zum Management neu zu organisieren. Die Modernisierung von drei Fabriken wird sehr kostspielig sein.« Sie zuckte die Achseln und überließ es ihm, die Schlußfolgerung daraus zu ziehen.
»Und würde sich die Investition Ihrer Meinung nach rentieren?«
»Darauf kann man eine Antwort nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln, Mr. Stein. Und es steht mir wohl kaum zu, ein Urteil darüber zu fällen.«
»Und wenn ich Sie nun darum bitte?«
Hank verschluckte sich beinahe an seiner Cocktailolive.
Jade sagte: »Mr. Stein, ich kenne mich aus in dieser Branche, von den Webstühlen bis zum Rechnungswesen. Ich weiß, was eine gut geführte Fabrik ist. Ich kann Probleme erkennen, und ich halte mich für fähig, Lösungen auszuarbeiten. Aber dennoch finde ich, daß man allein auf der Grundlage von Branchentratsch keine Beurteilung abgeben sollte. Gibt es in Ihrem Unternehmen niemanden, der dafür geeigneter wäre als ich?« Sie wußte natürlich, daß dies nicht der Fall war. Sonst hätte Stein sie wohl kaum um ihre Meinung gebeten.
Bevor er sich von Hank verabschiedete, bat er Jade, ihm ihre Bewerbungsunterlagen zukommen zu lassen. »Ich darf doch davon ausgehen, daß Sie interessiert sind, für uns zu arbeiten, nicht wahr?«
»Nun, wenn das Angebot verlockend ist, Mr.Stein …«
Jade lächelte bei der Erinnerung an dieses bizarre Einstellungsgespräch, als sie jetzt auf dem Weg aus dem Hotel war. Der Smog in Los Angeles war durch den Staub der Baustelle gegenüber
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