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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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unerklärlicherweise mit einem Zitat der prominenten Sexualtherapeutin Dr. Ruth Westheimer: »Bruce ist ein Nationaldenkmal. Er steht für das, was Amerika ist.«
    Weitaus interessanter als der Artikel an sich ist die darin zum Ausdruck gebrachte Feindseligkeit. Im Lauf all der Jahre hatte sich Bruce als der letzte Gralshüter des Rock’n’Roll inszeniert und war von den Medien als Inbegriff des moralischen, anständigen Entertainers oder gar Promis gefeiert worden. Der Sockel, auf den man ihn damit gestellt hatte, war mittlerweile viel zu hoch, um noch sicher darauf stehen zu können. Dass es hier nicht um Musik ging, stand außer Frage. In Artikeln wie diesen ging es hauptsächlich um Bruce’ Image, um sein Bild in der Öffentlichkeit. Auch wenn Bruce gewiss das Seinige zu seinem Superheldenstatus beigetragen hatte und davon profitierte, war ihm bewusst, dass dieser Kult um seine Person in eine Sackgasse führte. All die Spendenaufrufe für Tafeln und Veteranenzentren, all die Spenden, die er selbst geleistet und die Geschichten über die Armen und Entrechteten, die er geschrieben hatte, setzten Maßstäbe und erzeugten Erwartungen, denen er nicht gerecht werden konnte. Spendete er einer Organisation eine gewisse Summe, stellte sich sofort die Frage, warum er nicht mehr gegeben hatte. Wie konnte er es wagen, einem Wirtschaftsboss Egoismus vorzuwerfen, wenn er selbst auf einem beträchtlichen Vermögen saß? Wie glaubwürdig war all das Gerede über Vertrauen und Werte von einem Mann, der auf dem Balkon eines italienischen Hotels nicht nur ohne Hose, sondern auch noch mit einer Frau erwischt wurde, die nicht seine Ehefrau war? Und schlimmer noch: Wie konnte Bruce sich für die Rechte der Arbeiter einsetzen, wenn Menschen, die für ihn arbeiteten, behaupteten, dass er ihre Rechte mit Füßen trete?
    Wie bitte? Was war das?
    Irgendwo zwischen unsäglichem Geschwätz und purer Übertreibung fand sich in Lombardis polemischem Artikel tatsächlich auch eine echte Nachricht: Zwei ehemalige Angestellte, Doug Sutphin und Mike Batlan, hatten vor Gericht Klage eingereicht, weil Springsteen Inc. unter anderem gegen die gesetzlich geregelte Vergütung von Überstunden verstoßen habe. Die in der Tat strafbaren Vergehen, derer Bruce angeklagt war, wirbelten allerdings weit weniger Staub auf, als die Vorwürfe, die man Bruce machte, weil er angeblich dazu neigte, Mitarbeiter, die etwas verbockt oder irgendwelche Nichtigkeiten begangen hatten, empfindlich zu bestrafen. So soll Sutphin eine Strafzahlung von hundert Dollar aufgebrummt worden sein, weil er Lofgrens Gitarre angefasst hatte. Und Batlan behauptete, ihm seien dreihundert Dollar vom Lohn abgezogen worden, nachdem ein Sturm eines von Bruce’ Kanus, um das er sich kümmern sollte, mitgerissen hatte. Des Weiteren habe Bruce’ Haushälterin Obie Dziedzic mit ihrem hart verdienten Geld dafür geradestehen müssen, dass sie Bruce nicht rechtzeitig vor der Show seine Suppe und sein Sandwich gebracht hatte. Das war natürlich kein strafwürdiges Vergehen, doch das wirklich entscheidende Urteil war ohnehin nicht das, das der Richter zu fällen hatte, sondern das, das die Öffentlichkeit über Bruce fällte.
    Batlan hatte gekündigt und Sutphin war nach der Born in the U.S.A. -Tour entlassen worden. Beide hatten jedoch zusätzlich zu ihren Gehältern der letzten beiden Jahre, die sich auf über fünfzigtausend Dollar beliefen, eine Abfindung in sechsstelliger Höhe erhalten. Und laut Bruce hatten sie sich in aller Freundschaft getrennt, mit »Umarmungen, Handschlägen und allem, was dazugehört«. Danach war jeder rund zwei Jahre lang seiner Wege gegangen, bis Batlan und Sutphin ihre Klage plötzlich beim Zivilgericht von Monmouth County einreichten. Ob sie den Fall wirklich vor Gericht verhandeln lassen oder Bruce von vornherein zu einem Vergleich nötigen wollten, ist ungewiss. In jedem Fall waren dabei auch verletzte Gefühle im Spiel. Und die Verletzungen reichten zurück bis in das Jahr 1973. Damals war Batlan gerade zur Crew gestoßen, Bruce und die Band verdienten noch fünfunddreißig Dollar die Woche, und Mike Appel musste einiges zuschießen, damit die Tour am Laufen blieb. Der vierundzwanzigjährige Bruce schwang damals große Reden: dass jeder in seiner Crew zur Familie gehöre und dass jeder, sobald er es einmal geschafft habe, ein Stück vom Kuchen abbekäme. Was davon zu halten ist, von jemandem auf ein solches Versprechen nach fünfzehn Jahren noch festnagelt

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