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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Verfügung stünde. Aber da fel Bruce ihm ins Wort: »›Nein, nein, nein‹, sagte er, ›ich löse die Band auf.‹« Bruce erinnert sich, eine ganze Weile mit Clemons gesprochen zu haben. »Ich versuchte, es ihm behutsam beizubringen, weil ich wusste, dass ihn diese Entscheidung hart treffen würde.« Doch es nutzte nichts: Clemons war völlig außer sich. Er fühlte sich völlig überrumpelt und war so wütend, dass er am liebsten sein Hotelzimmer kurz und klein geschlagen hätte. So viele Jahre war er mit Bruce auf Tour gewesen, so viele Opfer hatte er für ihn gebracht, tausende Stunden investiert, bis alles endlich so klang, wie er es haben wollte. »Ich dachte: ›Das soll es nun gewesen sein? Ich habe mich mein ganzes Leben voll und ganz dieser Band verschrieben, diesem Job, diesem Mann und seinen Ideen. Und dann kommt so ein verfickter Anruf, und das war’s?‹« Ringo Starr hatte Verständnis für Clemons’ große Enttäuschung und dafür, dass er sich persönlich verletzt fühlte. Der legendäre Beatles-Drummer hatte Ähnliches erlebt, als sich seine Band 1970 auflöste. Clemons brauchte Zeit, bis er sich mit der neuen Situation abgefunden hatte. »Im tiefsten Inneren sagte ich mir: ›Das ist schon in Ordnung. Er wird wiederkommen. Etwas, das so großartig war, lässt sich nicht plötzlich kaputt machen. Was die Göttin geschaffen hat, kann man nicht einfach wegwerfen. Das kommt wieder.‹«
    Kurz vor Thanksgiving 1989 erfuhren Bruce und Patti, dass sie ihr erstes Kind erwarteten. Am 24. Juli 1990 kam ihr Sohn auf die Welt, den sie Evan James nannten. Während der Geburt stand Bruce Patti zur Seite. Dabei übermannten ihn Gefühle, die er unterdrückt hatte, seit er alt genug war, um zu wissen, wie er die Kontrolle über sich bewahrte und sich vor solchen Gefühlsaufwallungen schützte. »Es war ein Gefühl reiner, bedingungsloser, uneingeschränkter Liebe«, erklärte er David Hepworth. »Was da geschah, war so gigantisch, dass es für kurze Zeit alle Ängste vertrieb. Ich war total überwältigt. Aber mir wurde auch klar, woher die Angst kommt. Mit der Liebe kommt immer auch die Angst.« Bruce hat über diesen Moment viele Jahre nachgedacht, hat ihn beschrieben und über ihn gesungen. »In den letzten fünf Jahren habe ich mich in meinen Songs mit diesem Thema auseinandergesetzt. Es geht darum, dass man gezwungen ist, in einer Welt voller Ängste zu leben, weil es unmöglich ist, nur in einer Welt voller Liebe zu leben.«
    Im Frühjahr 1991 heirateten Bruce und Patti, und am 30. Dezember desselben Jahres wurde ihre Tochter Jessica Rae geboren. »Ich musste alte Gewohnheiten aufgeben und eine Menge Ängste überwinden«, erklärte Bruce Edna Gundersen von USA Today 1995. Endlich eine richtige Familie zu haben, bezeichnete er als »meine zweite Geburt«.
    Von allen Ängsten konnte sich Bruce allerdings nicht befreien. Von Los Angeles brauchten Patti und er mit dem Flugzeug etwas mehr als eine Stunde, um Bruce’ Eltern in Belmont zu besuchen. In dem hübschen Vorort von San Mateo hatte Bruce ihnen ein Haus gekauft. Bei seiner Mutter fühlte er sich seit jeher wohl, und er freute sich immer, sie zu sehen. Doch der Gedanke, seinem Vater zu begegnen, machte ihn nervös. »Doug hat ihm wirklich zu schaffen gemacht, auch als Erwachsenem«, sagt Shelly Lazar, ein langjähriges Mitglied der Tourcrew und eine enge Freundin von Bruce und Patti. »Er wirkte dort immer etwas verkrampft. Ich weiß nicht, ob das daran lag, dass ihn sein Vater einschüchterte oder ob er so große Achtung vor ihm hatte.« Doug zeigte damals erste Anzeichen eines Lungenemphysems. Das Atmen fel ihm schwer, und sein Gesundheitszustand war insgesamt nicht besonders gut. »Bruce wusste, dass es seinem Vater nicht gut ging.«
    Der Ärger, der sich einst zwischen Vater und Sohn aufgestaut hatte, war inzwischen größtenteils verpufft. Doug hatte 1979 einen Schlaganfall erlitten und war seitdem ein sehr viel emotionalerer Mensch als zuvor. »Er konnte keine Gefühlsregung mehr verbergen«, sagt Pam Springsteen. »Ganz gleich, welches seiner Kinder man erwähnte, er brach in Tränen aus. Man sah ganz genau, was ihm etwas bedeutete. Er war einfach ein sehr authentischer Mensch geworden. Es verstellte sich nicht mehr, spielte keine Spielchen. Urplötzlich mochte ihn jeder.«
    Dougs neue offenherzige Art wirkte sehr einnehmend. »Er war liebenswürdig«, sagt Pam. »Er zog wildfremde Menschen an, insbesondere Frauen. Man musste ihn nur in ein

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