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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Denn wir hatten das Gefühl, schon Jahre daran zu arbeiten«, sagt Scott. »Doch ich erklärte ihnen: ›Wir sind noch nicht fertig. Wir haben eine Pause eingelegt, aber wir sind noch nicht fertig.‹« Eine Woche später klingelte Scotts Telefon. Es war Bruce. »Er sagte: ›Hey, Tobe, haben wir nicht irgendwo noch Aufnahme-Equipment rumstehen? Können wir das im Haus nebenan aufstellen?‹« 1 Eigentlich hatte sich Bruce nur eine Auszeit genommen, um noch einen Song zu schreiben, der als Singleauskopplung für das neue Album taugte. Jetzt kam er gleich mit einem ganzen Haufen neuer Songs an. »Er war sehr gelöst und glücklich«, sagt Plotkin. »Nachdem er Human Touch gedanklich abgeschlossen hatte, hatte sich eine Blockade gelöst. Und – zack! – auf einmal hatte er in nur wenigen Tagen Material für ein komplettes zweites Album geschrieben.«
    Keine der neuen Nummern passte klanglich zu den geschliffenen Tracks, die Bruce in den vergangenen zwei Jahren geschrieben hatte. Es waren raue, treibende Rocksongs, das war Rock’n’Roll-Handwerk auf der Basis von drei, vier Akkorden. Inhaltlich ging es auch hier um die Selbsterforschung von Bruce’ Seele, aber auch um das »little piece of the Lord’s undying light«, das zu sehen ihm bei der Geburt seines Sohnes kurz vergönnt gewesen war. Die Verse sprudelten nur so aus ihm heraus. »I took a piss in fortune’s sweet kiss«, röhrt Bruce in »Better Days«. Der starke, einprägsame Refrain von »Leap of Faith« fordert auf, Rückgrat zu zeigen, um endlich – nicht näher bezeichnete – Dinge in Gang zu setzen. Das Beste an diesem Song allerdings ist, was der Text allein nicht offenbart: die Leidenschaft in Bruce’ Stimme, der beeindruckende Gospelchor, der seinen Gesang unterlegt, und die Freude und Unbeschwertheit, die die Melodie vermittelt. Dasselbe gilt für »Lucky Town« – den späteren Titelsong des Albums – und dessen leidenschaftlichen Aufruf zum Handeln, für die Selbstreflexion »Local Hero« und für »The Big Muddy«, einen düsteren Folk-Blues-Song.
    Diese spontan geschriebenen Songs verlangten geradezu danach, genauso spontan aufgenommen zu werden, wie sie entstanden waren. Nachdem Scott das neue Studio in Bruce’ Gästehaus eingerichtet hatte (das wie schon so mancher Vorgänger Thrill Hill genannt wurde), arbeitete er zunächst wie üblich allein mit seinem Boss: Sie programmierten einen Drumtrack, über den Bruce alle Gitarren-, Keyboard-, Bass-, Gesangs- und Effektspuren legte. Nach zwei Wochen hatten sie die Basic Tracks im Kasten. Sie legten eine kurze Pause ein und zogen dann in die A & M Studios in Hollywood um. Hier ersetzte Gary Mallaber, der unter anderem Mitglied der Steve Miller Band gewesen war, den Drumcomputer, und einige Gastmusiker – Keyboarder Ian McLagan, Bassist Randy Jackson, Roy Bittan und die Sängerinnen Patti, Lisa Lowell und Soozie Tyrell – steuerten hier und dort ihren Teil zu den Aufnahmen bei. Clearmountain besorgte den Mix, und schon war das Album fertig. »Ich glaube, alles in allem hat es vier Wochen gedauert«, sagt Scott.
    Bruce hatte für Human Touch Jahre gebraucht und plötzlich ein ganzes Album in nur einem Monat komponiert, eingespielt und komplett fertiggestellt. Wie war das möglich? »Ganz einfach«, erklärte er David Heworth. »Die ganze Arbeit an Human Touch war nötig gewesen, um an den Punkt zu gelangen, der es mir ermöglichte, Lucky Town in nur drei Wochen zu produzieren.«
    Das Jahr 1992 stand vor der Tür. Es waren mehr als vier Jahre vergangen, seit Tunnel of Love herausgekommen war, und zwei Jahre, seit Bruce die E Street Band aufgelöst hatte. Und nun hatte er zwei neue, aber völlig verschiedene Alben aufgenommen. Normalerweise hätte er sich in einer solchen Situation alle Songs noch einmal genau angehört, sie gegeneinander abgewogen, überlegt, ob sie die Gefühle und Inhalte, die er vermitteln wollte, tatsächlich zum Ausdruck brachten und dann eine Handvoll davon in die Welt entlassen, während die restlichen in einer seiner übervollen Schubladen verschwunden wären. Als er seinem alten Freund und ehemaligen Bandkollegen Steve Van Zandt die fast fertigen Alben vorspielte, riet dieser ihm, alle Human Touch -Aufnahmen in die Tonne zu kloppen und die Songs noch einmal mit der E Street Band einzuspielen. »Vielleicht hatte er sogar Recht«, meint Bruce. »Aber dazu hatte ich damals einfach keine Lust. Das wollte ich wirklich nicht. Dann spielte ich ihm Lucky Town vor, und er

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