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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Examiner, der für sein Blatt einen Bericht über die Show des Headliners schreiben sollte, widmete neunzig Prozent seines Artikels dem Auftritt von Steel Mill. »Noch nie hat mich eine unbekannte Band dermaßen begeistert«, schrieb er und erklärte, dass ihm Steel Mill mit ihrer Show »einen der denkwürdigsten Rockmusik-Abende seit Langem« beschert hätten. Elwood lobte Bruce’ Songwriting, vor allem die dramatischen Pausen und Einsätze. Er schwärmte von »Lady Walking Down by the River« wegen seiner überzeugenden Lyrics und seiner gitarrenlastigen Schlusssequenz, die Elwood als »sehr, sehr heavy« bezeichnete.
    Am nächsten Tag rief Bill Graham an, der Lopez in Oakland erreichte, wo die Band bei Linda Mendez übernachtete, einer Freundin von West, die sich bereit erklärt hatte, die Jungs bei sich aufzunehmen. Graham gratulierte Lopez zu der positiven Kritik im Examiner und bot der Band einen Auftritt im Vorprogramm des Bluesgitarristen Elvin Bishop an, der im Matrix spielte. Die Sache hatte nur einen Haken: Die Band musste auf der Stelle ihre Sachen packen und in knapp drei Stunden auf der Bühne stehen. Nach einer rasanten Fahrt über die Bay Bridge hatten sie es tatsächlich rechtzeitig geschafft. Bruce zählte den ersten Song ein und Steel Mill ließen es wie gewohnt krachen.
    Das Geld, das sie verdienten, war nicht der Rede wert. Roslin erinnert sich, schlappe fünf Dollar bekommen zu haben. Aber das elektrisierende Gefühl, im Epizentrum der amerikanischen Rockszene aufzutreten, hielt sie bei der Stange. Und die kleine Fangemeinde, die sich in ein, zwei Colleges in der Umgebung um sie bildete, nährte ihre Zuversicht. Wer wusste schon, wohin das alles führte? So lange die Band immer besser wurde und dabei war, in der wichtigsten Rock’n’Roll-Metropole an der Westküste Fuß zu fassen, ergab alles einen Sinn.
    Alles, außer der zunehmend angespannten Atmosphäre in der Band. Das größte Problem war Roslin, dem zwei Mädchen mit großen Kulleraugen den Kopf verdreht hatten. Sie boten dem attraktiven Bassisten nicht nur einen Platz in ihrer Wohnung an, sondern teilten auch ihre Drogen und wahrscheinlich auch ihr Bett mit ihm. Roslin zögerte keinen Moment, dieses Angebot anzunehmen. Seine neuen Lebensverhältnisse vereinnahmten ihn derart, dass er Bandproben, Besprechungen und auch die gelegentlichen Soundchecks regelmäßig ausfallen ließ. Seine Bandkollegen waren über diese plötzliche Unzuverlässigkeit nicht erfreut. Besonders verärgert war Bruce, für den es nichts Wichtigeres gab als die Band.
    Dass Bruce in Kalifornien oft mürrisch wirkte, hatte allerdings auch mit seinen unregelmäßigen Besuchen bei seinen Eltern und seiner kleinen Schwester zu tun, die in San Mateo wohnten. Doug, Adele und Pam hatten sich im Sommer zuvor in der Bay Area niedergelassen. Nachdem sie ein, zwei Tage lang erfolglos die Umgebung von San Francisco erkundet hatten, entdeckte Adele ein Maklerbüro, das jenem, in dem sie in Freehold so viele Jahre lang gearbeitet hatte, sehr ähnlich war. Sie fragte den ersten Angestellten, der ihr über den Weg lief, nach einer Wohngegend, in der »Leute wie wir leben«, und folgte seiner Wegbeschreibung in die Arbeitersiedlung auf der Halbinsel südlich von San Francisco, wo sie schließlich eine kleine Wohnung mieteten. Doug fand eine Stelle als Fahrer eines Flughafen-Shuttlebusses, und obschon auch die ausdauernd scheinende Sonne an ihrem neuen Wohnsitz seine dunklen Gedanken nicht vertreiben konnte, verbreitete sich so etwas wie Optimismus unter ihnen. »Es schien wirklich besser zu gehen«, sagt Bruce. »Soweit ich das beurteilen konnte, hatten sie dort tatsächlich ein schöneres Leben.« Dennoch beendete Doug seine Tage wie eh und je in der düsteren Einsamkeit einer vollgequalmten Küche. »Wir kamen einander zwar näher als jemals zuvor, aber wirklich verändert hatte er sich nicht«, sagt Bruce. Dennoch machte er einen Schritt auf seinen Vater zu. »Ich erinnere mich an das eine Mal, als Bruce meinen Vater in den Arm nahm«, sagt Pam Springsteen. »Ich glaube es war, als er sich nach einem Besuch verabschiedete. Das war ein sehr berührender Moment.«
    Mitte Februar waren Steel Mill noch immer in der Bay Area und gaben in der Hoffnung auf den großen Durchbruch einen schlecht bezahlten Gig nach dem anderen. Als Bill Graham die Band zum Vorspielen ins Studio seiner neuen Plattenfirma Fillmore Records einlud, schien das Glück zum Greifen nah zu sein. Steel Mill

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