Bruchlandung
schnappte nach Luft.
»Außerdem bringt es neben der sich in Luft auflösenden Reputation nicht das Schwarze unter dem Nagel ein. Wir verdienen rein gar nichts damit, diese Leute als Mandanten anzunehmen.«
Eine weitere kurze Pause.
»Und dann triffst du dich trotz unserer deutlich zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte hier in der Kanzlei mit deinem gerade erst auf Kaution freigekommenen Bruder, dem Boss dieser Gangsterbande.«
Thomas Blatter lehnte sich zurück und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, hatte sein Blick etwas Bedrohliches.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass mir während meines Studiums gelehrt wurde, Mandantschaft in gute und weniger gute zu unterteilen. Ich bin Strafverteidiger und ich unterscheide nicht, ob ich einen Steuerbetrüger oder einen Mörder vertrete.«
»Hör zu, Thomas«, versuchte Robert Bosch mit leiser Stimme vermittelnd zu wirken, »wir kämpfen mit diesem Problem seit vielen Jahren, und ich weiß nicht, wie viele dieser Gespräche wir in dieser Zeit führen mussten. Aber Fakt ist nun einmal, dass Cord und ich eine völlig andere Klientel betreuen als du, und sowohl er als auch ich haben in den letzten Jahren einige wirklich wichtige Schlüsselmandanten verloren, weil diese nicht von einer Kanzlei vertreten werden wollten, in der, nach ihrer Ansicht, Kontakte zum Rockermilieu gepflegt werden. Ich kann einfach dem Chefarzt einer Klinik oder dem Direktor eines mittelständischen Unternehmens, die ihre Scheidung mit mir durchziehen wollen, nicht klar machen, dass sie sich mit Kuttenträgern ins Wartezimmer setzen sollen, die sie vielleicht noch bedrohlich anstarren. Ganz zu schweigen von den Medien, in denen wir schon seit Jahren nur noch als die Kanzlei dargestellt werden, die sich vorrangig mit dem Rotlicht- und Rockermilieu beschäftigt.«
»Aber das stimmt doch einfach nicht«, entgegnete Blatter energisch.
»Doch«, brüllte Frommert, »und wie das stimmt! Und wenn du hier deinen Job so machen würdest wie Robert und ich, dann wüsstest du das auch.«
Er funkelte seinen Kollegen an.
»Wir beide machen nämlich nur vier Wochen im Jahr Urlaub, und nicht mindestens drei Monate. Wir versuchen, einen gesunden Beitrag zum Bestehen der Kanzlei zu erwirtschaften, und wir kommen auch in der Regel nicht erst am Vormittag, um das Haus noch vor der Kaffeezeit wieder zu verlassen. Wir akquirieren Mandanten, indem wir uns sozial und in Vereinen engagieren, was man von dir beim besten Willen nicht sagen kann.«
»Ach, weil ich nicht Golf spiele, bin ich ein schlechter Sozius?«
»Ob du Golf spielst oder nicht, darum geht es doch nun wirklich nicht, Thomas«, widersprach Bosch und griff zu einem vor ihm auf dem Tisch liegenden Blatt Papier.
»Hier sind die Beiträge von uns dreien zum Kanzleiumsatz der letzten fünf Jahre aufgelistet.«
Er schob Blatter die Liste zu.
»Daraus geht eindeutig hervor, dass du im Schnitt tatsächlich kaum zehn Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet hast. Und diese Berechnungen drücken klar aus, dass es so nicht weitergehen kann.«
Er machte eine Pause und sah Blatter an, doch der würdigte das vor ihm liegende Papier keines Blickes.
»Also«, fuhr Bosch schließlich fort, »müssen wir eine Lösung finden, die alle Beteiligten in irgendeiner Weise …«
»Nun hör schon auf, um den heißen Brei herum zu reden, Robert«, fuhr Frommert dazwischen, »und sag ihm, dass er entweder wieder vernünftig arbeiten oder die Kanzlei verlassen muss. Was anderes kommt gar nicht mehr in die Tüte. Wir haben uns sein asoziales Verhalten lang genug angesehen.«
»Asoziales Verhalten, soso«, äffte Blatter den weitaus älteren Kollegen nach, um im Anschluss einfach abzuwinken. »Ihr könnt mich mal, ihr Spießer.«
»Was habe ich dir gesagt?«, herrschte Frommert Bosch an, der kopfschüttelnd dasaß. »Er will es nicht verstehen und er wird es nicht verstehen.«
»Soweit ich die Situation überblicke«, dozierte Blatter nun hochgradig arrogant seine Sicht der Dinge, »haben wir einen gültigen Vertrag, verehrte Sozien. Und der besagt, dass wir die Erlöse der Kanzlei nach Abzug der Kosten durch drei teilen. Damit sollte eigentlich alles Notwendige gesagt sein, was meint ihr?«
Robert Boschs Kopf bewegte sich immer noch hin und her, als er dazu ansetzte, Blatters Einwand zu bewerten.
»Das ist durchaus richtig, Thomas. Durchaus. Aber du bist lang genug im juristischen Geschäft, um zu wissen, dass es immer Wege gibt, wenn man sich trennen
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