Bruchlandung
Rahmen.«
Der junge Oberkommissar folgte dem Blick seines Chefs und betrachtete die nicht sehr einladende Szenerie vor dem Fenster.
»Klar würde jeder von uns gern mal einfach die Knarre ziehen und zetern und drohen, aber dann würden wir uns am Ende gemeinmachen mit genau jenen Arschlöchern, die wir so sehr verachten; deshalb lassen wir es und halten uns schön an die Regeln.«
»Das hast du jetzt aber wirklich gekonnt auf den Punkt gebracht, Thilo. Allerdings hilft es nicht, dieses miese Gefühl der Hilflosigkeit im Bauch zu dämpfen. Es bleibt ein schaler Beigeschmack, wie auch immer ich die Sache drehe.«
Hain trank seinen Kaffee aus, stellte die Tasse zurück und legte seinem Boss den rechten Arm auf die Schulter.
»Nun lass dich mal nicht so hängen, alter Spürhund. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus und holen alles aus dem Spanier heraus, was zu kriegen ist. Und danach wissen wir vermutlich schon ein wenig mehr über die ganze Sache.«
Lenz schüttete ebenfalls den Rest seines Kaffees hinunter und nickte dabei.
»Also gut, Schluss dann mit der Jammerrunde.«
An der Information des Klinikums wurde ihnen mitgeteilt, dass Adolfo Vasquez sich noch auf der Intensivstation befand.
»Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass er wirklich noch dort liegt«, erklärte die Frau an der Information freundlich. »Manchmal kriegen wir die Nachricht von der Verlegung erst mit ein paar Stunden Verzögerung, und wenn Sie sagen, dass er gestern operiert wurde, dann kann es gut sein, dass er entweder wirklich schon verlegt wurde oder dass es gerade stattfindet.«
Sie beschrieb den Beamten den Weg und nickte noch einmal aufmunternd zum Abschied. Ihre Vermutung, dass der Patient schon verlegt oder zumindest auf dem Weg wäre, bestätigte der vor der Tür zur Intensivstation sitzende Aufpasser jedoch nicht.
»Nein, er ist noch nicht verlegt worden«, wurden sie von dem müde und gelangweilt wirkenden Uniformierten ins Bild gesetzt.
»Herr Vasquez?«, fragte die weiß gekleidete Schwester kurz darauf ein wenig pikiert, nachdem die Polizisten geklingelt und sich vorgestellt hatten.
»Nein, den können Sie ganz sicher nicht sprechen.«
»Gestern wurde uns gesagt, dass wir heute Morgen …«
»Ja, das war gestern«, blaffte sie. »Heute sieht die Sache leider ganz anders aus.«
»Also …«
»Was gibt es denn, Schwester Irene?«, wollte eine Männerstimme aus dem Hintergrund wissen.
Die Intensivpflegerin drehte den Kopf nach hinten.
»Hier sind zwei Herren von der Polizei, die mit Herrn Vasquez sprechen möchten. Ich habe ihnen gesagt, dass …«
In der sich ein wenig weiter öffnenden Tür wurde das sonnengebräunte Gesicht von Dr. Berger sichtbar, mit dem Lenz und Hain schon des Öfteren zu tun hatten.
»Ach, Sie mal wieder«, begrüßte er die beiden Besucher freundlich, um sich im Anschluss der Schwester zuzuwenden.
»Das geht schon in Ordnung, Schwester. Ich kümmere mich kurz um das Anliegen der Herren.«
Während sie sich ein wenig grummelnd davon schlich, bat er die Kripobeamten herein und führte sie in sein kleines Büro.
»So, Sie wollten also Herrn Vasquez einen Besuch abstatten?«, fragte er zögernd, nachdem alle drei Platz genommen hatten.
»Ja«, bestätigte Lenz. »Wir hätten ein paar Fragen an ihn wegen der Sache, die ihn hierher gebracht hat.«
Dr. Berger legte die Stirn in Falten und machte ein trauriges Gesicht.
»Das ist im Augenblick leider nicht möglich, meine Herren. Es ist während der Operation zu Komplikationen gekommen, die nicht vorhersehbar waren.«
Er fuhr sich schwer atmend durch die Haare.
»Wie es ausschaut, hat Herr Vasquez noch während der OP einen schweren Schlaganfall erlitten. Einen sehr schweren. Zurzeit liegt er im Koma, und darüber, wie sich sein Zustand entwickeln wird, kann man definitiv keine positive Prognose abgeben.«
»Was für ein Mist«, murmelte Hain.
»Das trifft es leider wohl ziemlich genau, Herr Kommissar.«
»Hat das mit den Schlägen auf den Kopf zu tun?«, wollte Lenz wissen.
»Mit 100-prozentiger Sicherheit kann man das natürlich nicht sagen, aber die Vermutung liegt schon sehr nah. Die Untersuchungen, die bei seiner Einlieferung durchgeführt wurden, hatten zwar eine kleine, lokal wirklich sehr begrenzte Hirnblutung ergeben, aber …«
Er brach ab.
»Es war sicher nicht vorauszusehen«, nahm Lenz den Gedanken des Arztes auf.
»Nein, das nicht«, stimmte der mit ein wenig Erleichterung zu. »Wir sind nach Auswertung der
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