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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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abseits leben müssen, aber das kann doch nicht bedeuten, daß sie ganz ausgestoßen sind.«
    »Das Entscheidende an der Angst«, sagte Cadfael nach reiflicher Überlegung, »ist, daß sie sinnlos ist. In einer Notsituation ist alle Angst vergessen. Würdet Ihr Eure Hand von einem Aussätzigen zurückziehen, wenn er Euch oder Ihr ihn brauchtet, weil einer von euch in Gefahr ist? Ich bezweifle es.
    Manche würden das tun, gewiß - aber bei Euch bezweifle ich es. Ihr würdet zupacken und später nachdenken, und dann wäre die Angst eine reine Zeitverschwendung. Aber wenn Ihr Eurem Herrn heute abend nicht aufwarten müßt, dann bleibt und erzählt von Euch, wenn Ihr wollt. Ihr seid mir eine Erklärung, wenn nicht eine Widergutmachung schuldig für Euren unangemeldeten Besuch.«
    Trotz dieser Worte war Cadfael keineswegs ungehalten über den Eindringling. Joscelin hatte ihm ganz automatisch den Blasebalg aus der Hand genommen und schürte nun das Feuer unter dem Trockengestell.
    »Wir sind zu dritt«, sagte er gedankenverloren. »Simon bedient ihn heute abend bei Tisch - Simon Aguilon, der Sohn seiner Schwester -, und Guy Fitzjohn, der dritte Knappe, ist heute abend auch bei ihm. Ich muß mich also nicht beeilen.
    Aber Ihr wißt nichts von mir, und ich glaube, Ihr habt Eure Zweifel, ob es richtig war, uns zu helfen. Ich möchte nicht, daß Ihr schlecht von mir denkt. Über Iveta könnt Ihr ohnehin nichts Schlechtes denken.« Als er ihren Namen aussprach, glitt wieder ein Schatten über sein Gesicht, und er sah schmerzerfüllt in die Glut, aus der jetzt kleine Flämmchen emporzüngelten. »Sie ist...« Er schien mit sich zu kämpfen, und schließlich brach es aus ihm heraus: »Nein, sie ist nicht vollkommen - wie könnte sie das sein? Seit ihrem zehnten Lebensjahr ist sie das Mündel der beiden! Wenn Ihr in Saint Giles wart, müßt Ihr sie gesehen haben. An jeder Seite einer, wie Drachen. Ivetas wahres Ich ist schon viel zu lange mit Füßen getreten worden. Aber wenn sie frei wäre, würde sie es wiederfinden, sie würde so tapfer und edel sein wie ihre Vorfahren. Und dann wäre es mir egal«, sagte er und sah Cadfael mit seinen strahlendblauen Augen an, »wenn sie das alles nicht mir, sondern einem anderen schenken würde. Nein, das stimmt nicht - es wäre mir überhaupt nicht gleichgültig, aber ich würde es ertragen und mich für sie freuen. Es ist diese... diese ekelhafte Geschäftemacherei, diese entwürdigende Bevormundung, die ich nicht ertragen kann!«
    »Vorsicht mit dem Blasebalg! Legt ihn dort auf den Stein, das Feuer ist heiß genug. Ihr seid zu gebrauchen. Ich finde, es ist an der Zeit, daß wir uns einander vorstellen. Mein Name ist Cadfael, ich bin ein Mönch dieses Klosters und stamme aus Wales, aus Trefriw.« Cadfael goß Honig und einen Schuß Essig auf die zerstoßenen Kräuter und stellte den Mörser ans Feuer.
    »Und wer seid Ihr, wenn ich fragen darf?«
    »Mein Name ist Joscelin Lucy. Mein Vater ist Sir Alan Lucy, er besitzt zwei große Häuser in der Grafschaft Hereford. Wie es Sitte ist, schickte er mich mit vierzehn Jahren als Pagen zu Domville, damit ich in einem größeren Haushalt dienen lernte.
    Und ich will nicht behaupten, daß mein Herr schwer zufriedenzustellen ist. Ich für mein Teil kann mich nicht beklagen. Aber was die Pächter und Freisassen betrifft, die Menschen, die seiner Gerichtsbarkeit unterstehen...« Er hielt inne. »Ich kann lesen und schreiben, auch Lateinisch. Ich habe Unterricht von Klosterbrüdern bekommen und nichts davon vergessen. Ich will nicht sagen, daß mein Herr schlechter ist als andere Menschen, aber Gott weiß, daß er auch nicht besser ist.
    Ich hätte meinen Vater bitten sollen, mich zu einem anderen zu schicken, aber...«
    Aber diese Brautwerbung, wenn sie diesen Namen überhaupt verdiente, war zwischen Domville und den Massards ausgehandelt worden, und der Junge hatte dieses zierliche, zerbrechliche, jungfräuliche Wesen zwischen den beiden Drachen, die es bewachten, gesehen und war in Liebe zu ihm entbrannt. Nur zusammen mit seinem Herrn hatte er Zugang zu ihr, wenn er sie auch nur aus der Entfernung betrachten konnte.
    »Indem ich bei ihm blieb«, sagte er und stellte sich der Ausweglosigkeit seiner Situation, »konnte ich sie wenigstens sehen. Wenn ich meinen Dienst aufgekündigt hätte, wäre es mir nie gelungen, auch nur in ihre Nähe zu kommen. Also blieb ich. Und ich gebe mir Mühe, ein treuer Gefolgsmann zu sein, denn so habe ich es versprochen.

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