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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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leeren Händen hierher gekommen war.
    Er stieg in das Boot und löste die Leine. Das in Sackleinen gewickelte Bündel war da und, wie er sich vorsichtig überzeugte, schwer genug. Als er das Boot mit dem langen Ruder unter den Brückenbogen manövrierte, bemerkte er oben an der Böschung, am Rande des Gebüsches, die Bewegung eines dunklen Schattens.
    Es war alles sehr einfach. Hugh Beringar konnte unmöglich alle Einzelheiten des Geschehens unter der Brücke erkennen, wie scharf seine Augen auch sein mochten, und er konnte auch nur die leisen Geräusche ausmachen, die ihm sagten, daß eine Kette mit einem schweren Gewicht an ihrem Ende aus dem Wasser gezogen wurde. Wassertropfen fielen in den Fluß, und dann rasselte die Kette wieder hinab. Cadfaels Hände bremsten ihren Fall, um zu verbergen, daß das Gewicht noch immer an ihr festgemacht war, und daß er nur das Bündel, das er im Boot vorgefunden hatte, kurz in den Severn getaucht hatte, um es naß zu machen. Der nächste Teil des Planes war riskanter, da er nicht sicher sein konnte, ob er Beringar tatsächlich richtig eingeschätzt hatte. Cadfaels Leben und das zweier anderer Menschen hingen nun von seiner Menschenkenntnis ab.
    Bis jetzt jedenfalls war alles gutgegangen. Er lenkte sein Boot wieder ans Ufer. Die Gestalt, die ihn von der Böschung aus beobachtet hatte, zog sich zurück – vermutlich, um im Schatten der Bäume neben der Straße auf ihn zu warten und ihn weiter zu verfolgen. Wahrscheinlich aber konnte sich sein Beschatter ohnehin schon denken, welchen Weg Cadfael einschlagen würde. Eilig machte er das Boot wieder fest; Eile war, ebenso wie die Heimlichkeit, ein Teil seines Täuschungsmanövers. Als er vorsichtig zur Straße hinaufstieg und dort einen Augenblick lang innehielt – augenscheinlich um sich zu vergewissern, daß er sie unbemerkt überqueren konnte – , konnte dem Beobachter die Last, die er sich auf die Schulter geladen hatte, kaum entgehen.
    Eilig und geräuschlos ging er über die Straße und folgte dem Bachlauf auf demselben Weg, den er gekommen war. Er ließ die Furt links liegen und schlug sich seitlich in den Wald, durch den er eine Nacht zuvor Hugh Beringar geführt hatte. Dankbar bemerkte er, daß das Gewicht des Bündels, das er schleppte, nicht so groß war wie das des Schatzes, den es vortäuschen sollte, obwohl entweder Torold oder Godith ihm einen überzeugenden Umfang gegeben hatte. Für einen alternden Mönch, der es vier Meilen weit tragen sollte, war es jedoch immer noch schwer genug, dachte Cadfael und seufzte. Seine Nächte waren in letzter Zeit recht kurz bemessen. Sobald er die jungen Leute in Sicherheit gebracht hatte, würde er Frühmette und Laudes und vielleicht sogar die Prim verschlafen, auch wenn er dafür Buße tun mußte.
    Von jetzt an war alles dem Zufall überlassen. Würde Beringar sein Ziel erraten, sich auf den Rückweg machen und damit alles verderben? Wohl kaum! Bei Cadfael würde er kein Risiko eingehen, sondern ihn beobachten, bis er mit eigenen Augen gesehen hatte, wo der Mönch das Bündel versteckt hatte und sicher sein konnte, daß Cadfael zum Kloster zurückging. Würde er ihn aber vielleicht auf dem Weg überfallen? Nein, warum sollte er? Dann hätte er die Last selber tragen müssen, während er doch jetzt jemanden hatte, der ihm diese Arbeit abnahm und den Schatz dorthin trug, wo Beringars Pferde standen, mit denen er ihn ohne weiteres an einen anderen Ort bringen konnte.
    Bruder Cadfael hatte jetzt eine klare Vorstellung davon, was schlimmstenfalls geschehen könnte. Wenn Beringar Nicholas Faintree bei dem Versuch, den Schatz an sich zu bringen, getötet hatte, dann würde er jetzt nicht nur darauf aus sein, die Tat auszuführen, die damals fehlgeschlagen war. Indem er es zuließ, daß Cadfael nicht nur zwei Pferde, sondern auch den Schatz an einem geeigneten Ort versteckte, hatte er die besten Voraussetzungen für die Durchführung seines ursprünglichen Planes geschaffen; wenn er aber darüber hinaus abwartete, bis Cadfael die beiden Flüchtlinge heimlich an diesen Ort gebracht hatte, wäre Hugh Beringar in der Lage, den einzigen Zeugen des Mordes zu beseitigen und seine Braut als Geisel für ihren Vater gefangenzunehmen. Eine reiche Beute für König Stephen! Damit hätte Beringar seine Position gesichert und sein Verbrechen für immer vertuscht.
    Das alles galt natürlich nur, wenn man vom Schlimmsten ausging. Aber es gab ja noch andere Möglichkeiten. Beringar konnte an Faintrees

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