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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Schwager, und meine Schwester trägt sein Kind unter dem Herzen. Er ist mir näher als meine eigene Haut und mir so lieb wie ein leiblicher Bruder«, sagte Yves. »Wie könnte ich je rasten und ruhen, bevor ich weiß, was mit ihm geschehen ist und ihn aus der Gefangenschaft befreit habe?«
    »Ich war bei ihm«, erklärte Yves, »bis Faringdon eine Besatzung bekam. Ich war an seiner Seite, seit ich zum ersten Mal Waffen trug. Ich wollte nicht, daß man mich von ihm trennte, und in der Güte seines Herzens duldete er mich in seiner Nähe. Erst hat er an mir Vaterstelle vertreten, und als er meine Schwester Ermina ehelichte, wurde er mein Bruder. Gerade jetzt, da sie ein Kind erwartet, ist sie allein in Gloucester.«
    Hugh, Cadfael und der junge Mann saßen in der Abendstille nach der Komplet nebeneinander auf einer Bank unter einer der Fackeln im großen Saal. Mit der Finsternis um sie herum, die nicht vom Licht der Fackeln erhellt wurde, umgaben sie Erinnerungen. Yves hatte sich allein auf die Suche gemacht, seit sein Freund nach dem Fall von Faringdon an unbekanntem Ort als Gefangener saß, ohne daß ein Lösegeld für ihn gefordert wurde. Es erleichterte ihn, nunmehr den beiden, die Olivier de Bretagne ebenso schätzten wie er, sein Herz ausschütten und ihnen alles mitteilen zu können, was er mutmaßte oder wußte. Gewiß vermochten drei mehr zu erreichen als einer allein.
    »Nach der Fertigstellung der Burg Faringdon hat Robert von Gloucester seine eigenen Leute abgezogen und das Feld seinem Sohn Philip überlassen. Dieser hat Brien de Soulis zum Burgvogt ernannt und ihm eine starke Besatzung zur Verfügung gestellt, die er von verschiedenen Stützpunkten zusammengezogen hatte. Einer dieser Männer war Olivier. Damals hielt ich mich im Auftrag der Kaiserin in Gloucester auf, sonst wäre ich wohl mit ihm gegangen. Sie aber wollte, daß ich in ihrer Nähe blieb, weil sich ihr Hof damals noch großenteils in Devizes befand, wo nur wenige von uns um sie waren. Dann erfuhren wir, daß König Stephen mit einer großen Streitmacht die neue Burg belagerte, um den Druck von Oxford und Malmesbury zu nehmen. Als nächstes hörten wir, daß Philip einen Boten um den anderen an seinen Vater schickte, mit der Bitte, Verstärkung zum Entsatz von Faringdon zu schicken. Doch es kam keine. Warum nur?« fragte Yves hilflos. »Warum hat er ihm nicht geholfen? Gott allein weiß es. War er krank? Ist er es womöglich immer noch? Man sagt, er sei sehr erschöpft. Aber zu einem Zeitpunkt, als er so dringend benötigt wurde, nichts zu unternehmen...!«
    »Soweit ich weiß«, sagte Hugh, »wäre es ausgesprochen schwierig gewesen, Faringdon einzunehmen. Man hatte die Burg mit frischen Vorräten versehen und die Besatzung neu bewaffnet. Sogar ohne Robert hätten sie sich zweifellos halten können. So sehr ich auf der Seite meines Königs stehe, muß ich doch sagen, daß er kein ausdauernder Belagerer ist. Er wäre der Sache bald überdrüssig geworden und weitergezogen. Es kostet außerordentlich viel Zeit, eine mit allem wohlversehene Burg auszuhungern.«
    »Sie hätte sich halten können«, sagte Yves trübe. »Die Übergabe war nicht nötig und ging auf Verrat zurück. Ob Philip dabei seine Hände im Spiel hatte, weiß niemand außer ihm. Sicher ist, daß er selbst nicht anwesend war.
    Ob die Übergabe aber gegen seinen Willen erfolgte, ist eine ganz andere Frage. De Soulis war sich bei allen Beratungen mit Philip einig. Wie auch immer die Dinge liegen, es muß ein Einvernehmen zwischen den Belagerern und den Anführern im Inneren der Burg gegeben haben, denn die Besatzung wurde von einem Augenblick auf den anderen zusammengerufen, um ihr mitzuteilen, alle sechs Hauptleute hätten einstimmig die Übergabe der Burg beschlossen. Man ließ sie einen Blick auf das von den Hauptleuten gesiegelte Dokument werfen, und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Dinge hinzunehmen.
    Damit standen die Ritter und Edelleute ohne Gefolgschaft da und mußten, sofern sie sich nicht den Tatsachen beugten, damit rechnen, entwaffnet und gefangengenommen zu werden, denn die Reisigen des Königs befanden sich bereits innerhalb der Burgtore. Dreißig junge Männer hat man Stephens Verbündeten ausgeliefert wie eine Handvoll Goldmünzen. Einige sind wieder aufgetaucht, weil ihre Verwandten und Freunde sie freigekauft haben.
    Aber Olivier ist und bleibt verschwunden.«
    »Das wissen wir bereits«, sagte Hugh. »Der Graf von Leicester ist im Besitz der

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