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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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flüsterte Robert Bossu resigniert Hugh Beringar zu, als die beiden Einzelgesänge schließlich zu einem bitteren Klagelied verkommen waren. »Nicht hier. Noch nicht. So muß es schließlich in noch finsterer Trostlosigkeit enden. Bis dahin hat es noch gute Weile.«
    Als man schließlich die ergebnislos verlaufene Versammlung für beendet erklärte, wurden gleichzeitig alle Anwesenden beschworen, einander zumindest am letzten Abend gelten zu lassen und gemeinsam an Vesper und Komplet teilzunehmen, bevor sie am nächsten Morgen aufbrechen und ihrer Wege gehen würden. Einige, die keinen langen Heimweg hatten, verließen die Priorei sogleich, um nicht noch mehr Zeit zu vergeuden. Vielleicht waren sie sogar erleichtert, daß die zuvor vergeudeten Stunden kein Ergebnis gebracht hatten. Wenn die Mehrheit nach wie vor vom vollständigen Sieg träumt, hat die Stimme der wenigen kein Gewicht, die mit einer brauchbaren einvernehmlichen Lösung zufrieden wären. Dennoch würde es schließlich, wie von Robert Bossu vorausgesagt, dahin kommen müssen, denn ein anderes Ende war nicht möglich. Keine der beiden Seiten konnte gewinnen, keine verlieren. Irgendwann würden sie es müde werden, sinnlos ihre Zeit zu opfern, ihr Leben und ihr Land aufs Spiel zu setzen.
    Aber nicht hier. Noch nicht.
    Cadfael trat in die Stille der frühen Abenddämmerung hinaus und sah, wie die Kaiserin über den Hof davonrauschte, neben ihr die würdige Jovette de Montors, einen oder zwei Schritt dahinter die junge Isabeau. Bis zur Vesper blieb noch eine Stunde zum Ausruhen und Nachdenken. Vermutlich würde sich die Kaiserin mit den Diensten ihres eigenen Kaplans begnügen, statt die Andacht in der Prioreikirche zu besuchen. Es sei denn, sie hielte es für richtig, zur Demonstration ihres legitimen Anspruchs ein letztes Mal in vollem Staat aufzutreten, bevor sie den Staub des Ortes von ihren Füßen schüttelte, an dem man sich bemüht hatte, die Grundlage für eine Einigung zu finden, und von dem aus man aufs Schlachtfeld zurückkehrte.
    Dort werden sich nach diesem Austausch gegenseitiger Beschuldigungen und selbstbezogener Ansprüche alle wiederfinden, dachte Cadfael betrübt. Belagerungen, Angriffe und Plünderungen werden weitergehen. Gewiß haben sie schon während dieser Atempause Vorräte an Kraft, Haß und Feindseligkeit angesammelt. Eine Weile wird man dem Feuer neue Nahrung geben, doch nach einem weiteren Jahr wird die Mattigkeit erneut einsetzen. Und immer noch bin ich mit meinem Vorhaben keinen Schritt weiter gekommen, zu erfahren, wo man meinen Sohn gefangenhält. Ganz davon zu schweigen, daß ich nicht weiß, wie ich den langen Weg zu seiner Befreiung beschreiten soll.
    Ohne Ausschau nach Yves oder Hugh zu halten, trat er allein in die Kirche. Dort gab es jetzt genug stille Winkel für jeden, der fromme Einsamkeit und den Frieden von Gottes Gegenwart suchte. Immer wenn er in eine andere Kirche als die seines Klosters trat, fehlte Cadfael anfangs der kleine steinerne Altar und das ziselierte Reliquiar der heiligen Winifred, in dem sie anwesend war und zugleich auch wieder nicht. Der bloße Blick darauf entzündete jedesmal ein kleines Feuer in seinem Herzen. Hier mußte er sich diesen besonderen Trost versagen und sich einem Segen anheim geben, der ihm nicht vertraut war. Doch wurde auch hier jedes Bedürfnis befriedigt.
    In einer Ecke des Querschiffs fand er auf einer schmalen steinernen Kante, die gerade genug Platz zum Sitzen bot, eine Stelle, die im Dunkeln lag. Dort versank Cadfael in geduldiges Schweigen und schloß die Augen, um das Bild » des glatten olivfarbener! Gesichts mit den verwirrenden von Gold umgebenen schwarzen Augen noch besser heraufbeschwören zu können. Mariams Sohn. Andere Männer zeugten Söhne und genossen es, sie aufwachsen zu sehen, anschließend konnten sie das Vergnügen miterleben, wie allmählich Männer aus ihnen wurden. In sein dem Alter zuneigenden Leben war lediglich der vortreffliche Mann getreten, wie ein von Engeln zur Erde herniedergebrachtes Bild, ebenso plötzlich und ebenso strahlend. Es waren nur zwei kurze Augenblicke, die ihm geschenkt und sogleich wieder entrissen worden waren. Er empfand Dankbarkeit und Freude, denn es war mehr, als er verdiente. Solange Olivier furchtlos und reinen Herzens frei in der Welt umherzog, brauchte sein Vater nichts weiter.
    Doch war der Gedanke unerträglich, daß sich der Sohn in Gefangenschaft befand, willkürlich aus dem Leben gerissen und vor dem Licht

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