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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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vor seinem Erscheinen umziehen können. Seine noch nicht ganz trockenen Haare legten sich wie bei einem Kind in weichen Locken um den Kopf.
    Doch als er Philip ansah, waren in seinem Gesicht die dunklen Schatten von Zorn und Argwohn zu erkennen.
    »Umarmt ihn ruhig - Ihr habt seine Freiheit redlich errungen«, sagte Philip gleichmütig zu Cadfael und lächelte ein wenig angesichts des finsteren Blicks, den ihm der Jüngling zuwarf.
    Verwirrt und mißtrauisch wie er war, verkrampften sich Yves' Muskeln unwillkürlich, als er Cadfaels Hände auf seinen Schultern spürte. Dann aber entspannte er sich und bot ihm errötend, zitternd und ein wenig zögernd die Wange zum Kuß. Mit stockendem Atem fragte er hilflos:
    »Was habt Ihr getan? Was führt Euch her? Ihr hättet mir nie folgen dürfen.«
    »Laßt das Fragen«, sagte Cadfael und schob ihn auf Armeslänge von sich. »Es ist gut! Nehmt, was man Euch anbietet, und freut Euch. Es ist kein Trug im Spiel.«
    »Er hat gesagt, Ihr hättet meine Freiheit errungen«, bemerkte Yves und wandte sich mit gerunzelten Brauen und funkelnden Augen an Philip. »Was hat er getan? Wie hat er Euch dazu gebracht, mich freizulassen? Ich glaube nicht, daß Ihr es ohne Gegenleistung tut. Was hat er für mich verpfändet?«
    »Zwar ist er gekommen, mir ein Leben anzubieten«, antwortete Philip kühl, »doch nicht für Euch, mein Freund.
    Eure Freilassung hat er mit einem Appell an meine Vernunft bewirkt. Für Euch ist kein Preis verlangt und auch keiner gezahlt worden.«
    »Das ist die Wahrheit«, sagte Cadfael.
    Yves sah von einem zum anderen. Es war zu erkennen, daß er nicht recht wußte, wem er Glauben schenken sollte, und wem nicht. »Nicht für mich«, sagte er gedehnt.
    »Dann stimmt es also, daß Olivier hier ist! Wer noch?«
    »So ist es«, bestätigte Philip und in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, daß er meinte, was er sagte, fügte er hinzu: »Und er bleibt hier.«
    »Dazu habt Ihr kein Recht«, brach es aus Yves voll Eifer, aber durchaus beherrscht, hervor. »Die Freveltat, derer Ihr mich bezichtigt habt, war zumindest glaubhaft.
    Aber ihn in Gewahrsam zu halten, ist nicht gerechtfertigt.
    Laßt ihn ziehen. Behaltet mich hier, wenn Ihr wollt, aber gebt Olivier de Bretagne frei.«
    »Das Urteil darüber, ob ich Anlaß zu bitterem Groll gegen ihn habe, überlaßt mir«, sagte Philip, die Stirn in zürnende Falten gelegt, doch mit teilnahmslos klingender Stimme. »Was Euch betrifft - Euer Pferd ist gesattelt und versorgt. Ihr könnt reiten, wohin Ihr wollt, ohne daß man Euch daran hindern wird, und sei es zurück zu Eurer Kaiserin. Meine Männer werden Euch das Tor öffnen. Nun geht.«
    Die schroffe Verabschiedung ließ dem Angesprochenen die Röte in die frisch gewaschenen Wangen steigen, und Cadfael fürchtete schon, Yves könne erneut einer Zorneswallung nachgeben. Welchen Sinn hatte es, weiter aufzubegehren, wenn die Dinge so standen, daß man sich ihnen fügen mußte? Noch vor wenigen Monaten wäre in Yves möglicherweise hilflose Wut aufgestiegen, wie das so häufig zur Zeit des gefährlichen Übergangs vom Halbwüchsigen zum reifen Mann der Fall ist. Aber er schien unter irgendeinem der Türme in der Ringmauer von La Musarderie erwachsen geworden zu sein und stand seinem Widersacher mit beherrschtem Gesicht in untadeliger Haltung gegenüber.
    »Laßt mich zumindest fragen«, sagte er, »was Ihr mit Bruder Cadfael zu tun beabsichtigt. Ist auch er Euer Gefangener?«
    »Seid unbesorgt. Er hat nichts von mir zu befürchten, doch möchte ich noch nicht auf seine Gesellschaft verzichten, und ich vermute, daß er sich einem Wunsch nicht versagen wird. Er darf bleiben, solange er will, aber auch jederzeit gehen. Er kann seine Stundengebete in meiner Kapelle ebenso getreulich verrichten wie in Shrewsbury.
    Und das tut er auch«, fügte Philip mit einem knappen Lächeln hinzu, offensichtlich in Erinnerung an ihre nächtliche Begegnung - »sogar die Matutin um Mitternacht. Laßt ihn selbst wählen.«
    »Ich habe hier noch zu tun«, sagte Bruder Cadfael und erwiderte den ernsten Blick des jungen Mannes, der sich sichtlich bemühte, den Sinn hinter den knappen Worten zu erfassen.
    »Ich reite«, sagte er. »Aber laßt Euch gesagt sein, Philip FitzRobert, ich werde zurückkehren, um Olivier de Bretagne mit Waffengewalt zu befreien.«
    »Das tut«, sagte Philip. »Beklagt Euch aber nicht über den Empfang, den ich Euch dann bereiten werde.«
    Ohne sich umzusehen, ging Yves davon.

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