Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
Menschenverstandes. »Er würde sie fallenlassen und sich vielleicht sogar gegen sie erheben.« Das konnte in der Tat das Ende des Mordens bedeuten und mit Waffengewalt die Einigung herbeiführen, die durch Verhandlungen nicht zu erzielen war. Aber nein, er würde es nicht über sich bringen, Hand an sie zu legen, sondern sich in seinem Kummer über den Verlust von ihr zurückziehen und ihren Sturz anderen überlassen. Das würde die Sache in die Länge ziehen und für das Land eine noch tiefere und längere Qual bedeuten, sowie Kampf bis zur endgültigen Verzweiflung.
    »Mir ist klar, daß sie ihrer Sache einen Bärendienst erweist«, sagte Yves, »und jeden, auf welcher Seite er auch immer stehen mag, dazu verdammt, das Chaos weiterhin zu ertragen. Gott weiß, wie sehr all die armen Geschöpfe darunter leiden müssen, die keinen anderen Wunsch haben, als ihr Land zu bestellen und die Ernte einzubringen, zu kaufen und zu verkaufen und ihre Kinder in Frieden aufzuziehen. Das habe ich ihr klar zu machen versucht und es ihr ins Gesicht gesagt. Zum Lohn dafür hat sie mich geschmäht. Sie will auf niemanden hören. Daher mußte ich kommen.«
    Und nicht nur, weil du versuchen willst, die Katastrophe abzuwenden, dachte Cadfael, sondern auch, weil dieser angedrohte Tod eine Kränkung bedeutet und allein schon deshalb verhindert werden muß, weil er barbarisch wäre. Yves wollte nicht, daß Philip FitzRobert auf diese Weise den Tod fand. Wohl war er bewaffnet zurückgekommen, um Olivier zu befreien, und dafür würde er bis zum letzten Atemzug kämpfen. Doch war er nicht bereit, sich zum Mitwisser oder Helfershelfer der grausamen Rache seiner Gebieterin erniedrigen zu lassen.
    »Und so seid Ihr gekommen«, sagte Cadfael. »Was wollt Ihr von mir, da Ihr nun einmal hier seid?«
    »Warnt ihn«, antwortete Yves schlicht. »Teilt ihm ihre Pläne mit, sorgt dafür, daß er es glaubt, denn aufgeben wird sie unter keinen Umständen. Zumindest seht zu, daß er die vollständige Wahrheit erfährt, bevor er sich mit ihren Forderungen auseinandersetzt. Am liebsten bekäme sie die Burg unversehrt in ihre Gewalt, um selbst eine Besatzung hineinlegen zu können. Aber wenn sie keine andere Möglichkeit sieht, wird sie sie dem Erdboden gleichmachen lassen. Vielleicht kann er ein Abkommen mit ihr erreichen, das ihm das Leben rettet, wenn er La Musarderie aufgibt.« Doch Yves glaubte selbst nicht, daß es dahin kommen könnte, und auch Cadfael wußte, daß das unmöglich war. »Zumindest sagt ihm die Wahrheit. Dann ist es seine Entscheidung.«
    »Ich werde dafür sorgen, daß er sich darüber klar wird, worum es geht«, versprach Cadfael mit großem Ernst.
    »Euch wird er glauben«, sagte Yves. Es klang sonderbar zufrieden. Dann reckte er sich seufzend und lehnte den Kopf an die Mauer. »Und jetzt sollte ich mir allmählich überlegen, wie ich mich am besten wieder aus dem Staub mache.«
    Inzwischen war man in La Musarderie an Cadfaels Gegenwart gewöhnt, und jeder wußte, daß niemandem Gefahr von ihm drohte. Der Burgherr ließ ihn gelten, wie er war, und die anderen achteten ihn wegen seines Mönchsgewandes und weil sie wußten, daß es der Wunsch ihres Herrn war, daß er sich frei bewegte. Er sprach mit jedem, hatte überall in der Burg Zutritt und kam mit allen gut aus. All das kam Yves zustatten, als es darum ging, die Burg auf demselben Weg zu verlassen, auf dem er hineingelangt war.
    Das beste sei es, ganz natürlich aufzutreten, erklärte ihm Cadfael. Am wenigsten Aufsehen erregen werde er, wenn er sich ohne Heimlichtuerei vor den Augen aller bewege, als ob er hierhergehörte. Bei Tageslicht wäre ein solches Verhalten selbstverständlich sogar bei einer weit größeren Besatzung gefährlich gewesen, selbst wenn sie aus lauter jungen Leuten wie ihm bestanden hätte. Doch in der Dunkelheit ließ sich dieser Plan ohne weiteres durchführen, waren doch die Burghöfe noch weniger erleuchtet als sonst, damit der Feind keine Gelegenheit hatte, einzuschätzen, welche Vorkehrungen zur Verteidigung getroffen wurden.
    Entsprechend Cadfaels Anweisung begleitete Yves ihn gemächlich und gelangte wie beiläufig zum Fuß der Treppe, die zum Wehrgang emporführte. Während Cadfael die Stufen erstieg und sich durch eine der Lücken zwischen zwei Zinnen hinauslehnte, um hinüberzuspähen zu den hier und da verstreuten Wachfeuern unter den Bäumen, schmiegte sich Yves an die Mauer und verschmolz mit der Dunkelheit. Der Wächter kam heran und trat zu

Weitere Kostenlose Bücher