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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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gelang ihm, den Schwertarm seines Gegners mit beiden Händen zu fassen, unterstützte mit einem Ellbogen seinen Hebel und brach den Knochen.
    Jonan schrie. Kery griff nach dem Schwert, löste es aus den erschlafften Fingern und stieß es in Jonans Brust.
    Vor Wut bebend stand er auf und sah nach der Pfeife von Killorn.
    Fast schien es, als läge ein Lächeln auf Mongkus ausdruckslosem Gesicht. Der Ganasthi hielt die Waffe in seinen Armen und die Mundstücke in der Nähe der Lippen. Er nickte. »Ich kann sie nun spielen«, sagte er. »Es ist wahrhaftig ein schreckliches Instrument. Wer es beherrscht, mag eines Tages wohl auch die Welt beherrschen.«
    Kery stand wartend da. Das Schwert hielt er in der schlaff herabhängenden Hand.
    »Ja«, sagte Mongku. »Ich werde spielen.«
    Kery wollte losrennen, und Mongku blies.
    Der Ton brüllte ihm entgegen, wild, grausam, ergriff ihn, schüttelte ihn und zerrte an Nerven und Sehnen. Kerys Schädel dröhnte, und Nacht überflutete sein Gehirn. Er fiel zu Boden, fühlte das schreckliche Zucken seiner Muskeln und sah die Welt um sich verschwimmen.
    Die Pfeife kreischte. Vorbei, Kery. Vorbei, vorbei! Es ist der Grabgesang der Welt, den er spielt, das Totenlied von Killorn; es ist das Ende aller Dinge …
    Sathi kroch vorwärts. Sie befand sich hinter dem Spieler, wodurch sie von der Höllenmusik nicht so sehr betroffen wurde, aber als der Tod langsam Kerys Sinne überschattete, sah er, wie sie bei jedem Schritt kämpfte, wie die Bronzelampe fast ihren Händen entglitt. Mongku hatte sie vergessen. Er blies Tod und Untergang, beobachtete Kery, wie er starb, und wie die Musik wirkte.
    Sathi hieb ihm von hinten mit der Lampe über den Schädel. Er fiel, ließ die Pfeife fallen und sah betäubt zu ihr auf. Wieder und wieder schlug sie auf ihn ein. Dann floh sie zu Kery, nahm seinen Kopf in ihre Arme und schluchzte vor Furcht. »Oh, rasch! Rasch, mein Geliebter. Wir müssen fliehen. Sie sind gleich hier. Ich höre sie in der Halle … komm …«
    Kery setzte sich auf. Sein Schädel dröhnte und pochte, die Muskeln brannten, und Schwäche lag wie eine Eisenhand auf ihm. Doch er hatte eine Aufgabe zu erfüllen, und aus irgendeiner verborgenen Quelle schöpfte er Kraft. Er erhob sich auf schwankenden Beinen, wankte zu der Götterpfeife und hob sie auf.
    »Nein«, sagte er.
    »Kery …«
    »Wir werden nicht fliehen«, sagte er. »Ich habe ein Lied zu spielen.«
    Sie sah in die kalte, unpersönliche Maske seines Gesichtes. Nun war er nicht der Kery des stets bereiten Lachens, der unbekümmerten Tapferkeit und der wehmütigen Erinnerungen an die verlorene Heimat. Mit der Pfeife in der Hand war er zu etwas anderem geworden, zu etwas, das ihn von den Menschen unterschied. In dem großen Raum schienen sich Geister aufzuhalten, die früheren Pfeifer von Killorn: und nun war er der Hüter. Schutzsuchend schmiegte sie sich an ihn – innerhalb eines kleinen Bereichs war die Musik nicht wirksam – doch sie stand neben einem Fremden.
    Sorgfältig führte Kery das Mundstück an die Lippen und blies. Er fühlte die Vibrationen unter seinen Füßen. Die Wände verschwammen vor seinen Augen, als unhörbare Töne die Luft zum Schwingen brachten. Er selbst vernahm nur das barbarische Schrillen der Kriegsmusik, die er schon immer gekannt hatte, aber er sah den Tod ausschwärmen.
    Ein Trupp Soldaten drang durch die Tür, hielt an, starrte auf den Pfeifer und heulte vor Wut und Schmerz.
    Kery spielte. Und als er spielte, erschien Killorn vor seinen Augen. Er sah die grauen, windübertosten Moore, das Licht, das auf den hohen, kalten Bergseen spielte, Vögel, die am wolkigen Himmel schwebten.
    Raum, Einsamkeit, ein hartes, offenes Land von bitterer Schönheit, die Erde, die ihn ernährt hatte. Er stand am großen See des Sonnenuntergangs; Stürme tobten darüber, Regen und Blitz; die Wellen warfen sich zornig auf den Strand.
    Spielend schritt er vorwärts, und die Soldaten von Ganasth starben vor ihm. Die Wände des Palasts bebten, Vorhänge fielen auf den zitternden Boden; das Gebäude stöhnte, als die dämonische Musik Resonanzen suchte und fand.
    Er spielte ihnen das Lied von wilden Jagden über die Heiden, von Atem, der in heiße Lungen gesogen wurde, von Blut, das im Kopf tobte, vom Wettrennen mit dem Wind hinter der fliehenden Beute. Er spielte ihnen Feuer und Kameradschaft und die kleinen Hütten, die sich unter dem mächtigen Himmel duckten. Und die Mauern zerbarsten um ihn. Säulen bebten und

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