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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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Ihr goldenes Segel hing still von der Rahe. Die Hitze drückte auf die Oberen Seen, als fiele die Sonne selbst durch den Dunst. Hinter ihnen kam die Lahal näher und näher.
    Brocas Fieber stieg. Von Zeit zu Zeit drehte er sich um, um Vakor Flüche zuzuschreien.
    »Du bekommst uns nie, Priester«, rief er. »Niemals! Ich bin Broca vom Stamme Sarn, und ich werde dich besiegen – und ich werde auch das Mondfeuer besiegen. Du wirst auf dem Bauch kriechen, Priester, und mir die Sandalen lecken, bevor du stirbst.«
    Dann wandte er sich mit fiebrig glänzendem Blick Alor zu: »Du kennst die Legenden, Alor. Der Mann, der im Herzen des Mondfeuers baden kann, hat die Macht der Unsterblichen. Er kann sich seine eigene Welt bauen, er kann Herr und König und Meister sein. Er kann seiner Götterfrau einen Palast aus Diamanten mit einem Fußboden aus Gold geben. Das stimmt doch, Alor. So haben es die Priester im Tempel gesagt. Du hast es gehört.«
    »Es ist wahr«, antwortete Alor.
    »Eine neue Welt, Alor. Unsere eigene Welt.«
    Er schwang das große Ruder mit wilder Energie. Wieder einmal packte Heath das Rätsel des Mondfeuers. Warum wurden die Priester selbst nicht zu Göttern, wenn sie den Weg dorthin kannten? Warum war nie einer als Gott daraus hervorgegangen – nur ein paar, eine Handvoll seinesgleichen, die nicht den Mut gehabt hatten, den Weg zu Ende zu gehen?
     
    *
     
    Und doch lag darin göttliche Macht. Er wußte es; denn er trug ihren Schatten immer noch in sich.
    Der endlose Tag zog sich weiter hin. Das grüne Segel kam näher.
    Um die Mitte des Nachmittags erhob sich plötzlich mit lärmendem Geflatter eine aufgeschreckte Wolke von Drachen, und alles Leben im Schilf erstarrte. Die Reptilwesen lagen bewegungslos, Dracheneier unzerbrochen in ihren Mäulern. Kein Kopf durchbrach die Oberfläche, um zu äsen. Die Drachen flohen in einem zischenden Schwarm. Es herrschte völlige Stille.
    Heath warf sich gegen das Steuerruder und hielt es an.
    »Still«, befahl er. »Dort draußen. Seht!«
    Sie folgten seiner Armbewegung. In der Ferne, Backbord voraus, war eine Hebung im Schilf. Eine Welle, als ob das gesamte Bett der Oberen Seen in Bewegung sei.
    »Was ist das?« flüsterte Alor und verstummte, als sie Heaths Gesicht sah.
    Träge, doch mit erschreckender Geschwindigkeit, kam die Welle auf sie zu. Heath nahm eine Harpune aus der Heckkajüte. Er beobachtete, wie die Bewegung des Schilfs langsamer wurde und schließlich stoppte. Dann warf er die Harpune mit aller Kraft so weit weg vom Schilf wie er konnte.
    Die Bewegung begann erneut. Sie schwenkte und raste auf die Stelle zu, wo die Harpune gefallen war.
    »Sie greifen alles an, was sich rührt«, erklärte Heath. »Es hat uns verloren, weil wir haltgemacht haben. Paßt auf.«
    Das Schilf hob sich und spritzte auseinander; seine Flechten zerbarsten über einem geschuppten, titanischen Rücken. Das Geschöpf schien keine Form zu haben, keinen erkennbaren Kopf. Es war einfach eine riesige, hungrige Schwärze, die sich ringsum öffnete, und die unglücklichen Tiere, die sich in der Nähe befanden, kreischten und wanden sich in dem Versuch, zu entkommen, und sie wurden verschluckt und waren verschwunden.
    »Was ist das?« flüsterte Alor erneut.
    »Einer der Wächter«, gab Heath zur Antwort. »Der Wächter der Oberen Seen. Sie zertrümmern Schiffe, die sich bewegen, zu Splittern und verschlingen die Besatzung.«
    Er blickte zurück auf die Lahal . Auch sie hatte angehalten. Vakor, der Fuchs, mußte die Gefahr gerochen haben.
    »Wir müssen warten«, sagte Heath, »bis es von selbst geht.«
    Sie warteten. Die riesige Ausgeburt der Dunkelheit tat sich im Schilf gütlich und schien nicht in Eile, weiterzuwandern.
    Broca saß da und starrte Heath an. Er war tief im Fieber, und seine Augen waren krankhaft geweitet. Er fing an, mit sich selbst zu reden, unzusammenhängendes Zeug, aus dem nur der Name Alor und das Wort Mondfeuer zu verstehen waren.
    Plötzlich sagte er mit überraschender Klarheit: »Das Mondfeuer ist wertlos ohne Alor.«
    »Wertlos!« wiederholte er mehrere Male und schlug sich dabei jedesmal, wenn er es sagte, mit seinen Fäusten auf die Schenkel. Dann drehte er seinen Kopf blind von einer Seite auf die andere, als suche er etwas. »Sie ist fort. Alor ist fort. Sie ist zu dem Erdmenschen gegangen.«
    Alor redete ihm zu. Sie faßte ihn beim Arm, aber er schüttelte sie ab. In seinem Fieberwahnsinn gab es nur eine Wahrheit. Er stand auf und ging auf David Heath

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