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Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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zusammengetreten, gefesselt, geknebelt; den Ordner »Herbstblüten« kenne er nicht, jemand müsse ihm den untergejubelt haben, jemand, der offenbar sein Leben zerstören wolle, vermutlich derselbe, der ihn überfallen und seinen Freund ermordet habe.
    »Unser Computerfachmann kann nur nachweisen, dass am Tag von Rönnthalers Ermordung am Ordner ›Herbstblüten‹ rumgefummelt wurde, und ich nehme an, das warst du.«
    »Und die Liste mit den Mädchennamen, denen die Pseudonyme aus ›Herbstblüten‹ zugeordnet sind?«
    »Liegt auch ganz allein auf dem Desktop rum. Wurde nie verschickt, nie empfangen. Es sieht tatsächlich so aus, als hätte ihm jemand den Ordner und die Liste untergeschoben.«
    »Was ist mit den Mädchen? Habt ihr sie gesucht, gefunden?«
    »Ohne Nachnamen? Nur eine. Ich hab die Fotos den Jugendämtern geschickt, und bei Lilly gab es eine Rückmeldung. Der Vater steht unter Beobachtung, Alkoholiker, gewalttätig, Lilly kam ein paarmal mit blauen Flecken in die Schule. Die Familie lebt in Praunheim, ich hab sie besucht, Lilly sagt, sie kenne Abakay nicht, habe ihn nie gesehen. Allerdings will ich sie noch mal allein treffen. Der Alte stand daneben, und das Mädchen hatte offensichtlich Angst vor ihm. Jedenfalls keine Situation, in der eine Vierzehnjährige gerne zugibt, dass sie sich mit alten Männern trifft.«
    »In Praunheim. Zufällig eine Romafamilie?«
    »Keine Ahnung. Wieso?«
    »Nur so. Was ist mit dem Heroin in der Küche?«
    »Untergeschoben, sagt Abakay.«
    »Und wer hat seiner Ansicht nach so eine Wut auf ihn, um ein solches Theater mit Mord, Computermanipulationen und Drogen zu veranstalten?«
    »Tja, da hat er zwei Theorien. Einmal glaubt er, mit seinen Fotos von elenden Zuständen in Frankfurt Investoren zu verschrecken und damit verschiedene Haus- und Grundbesitzer gehörig zu ärgern.«
    »Ach was.«
    »Na ja. Er hat zum Beispiel in der Wochenendausgabe der Rundschau eine Serie übers Gutleutviertel veröffentlicht, da gab’s wohl tatsächlich einige böse Anrufe in der Redaktion. Du kennst das Viertel ja gut genug – heruntergekommene Innenstadtnähe, da warten die Hausbesitzer doch schon seit Jahren, dass der Knoten endlich platzt und Starbucks oder Häagen Dazs oder irgendwer sich ’ne Bude kauft und der Rest nachzieht.«
    »Und bringen dafür einen um. Wegen Fotos von rauchenden Bettlern. Gebt ihr euren Verdächtigen beim Verhör neuerdings was zu kiffen? Was ist die zweite Theorie?«
    »Dass es mit seinem Onkel zusammenhängt.«
    »Dem Religiösen?«
    »Den kennst du?«
    »Ich hab nur gehört, dass er ’n Onkel hat, der in einer Moschee predigt.«
    »Hm-hm, Scheich Hakim. Macht den Verrückten mit heiligem Krieg und so, aber nach unseren Erkenntnissen ist das nur für die Blöden und Fassade. Oder vielleicht glaubt er wirklich dran, aber ganz sicher glaubt er auch ans Geldverdienen. Wir haben ihn im Verdacht, groß im Heroingeschäft mitzumischen, konnten ihm aber nie was nachweisen. Abakay sagt, er habe schon lange nichts mehr mit ihm zu tun. Aber einer seiner Anrufe aus dem Gefängnis ging an Scheich Hakims Sekretär.«
    »Was hat er von ihm gewollt?«
    »Einen Anwalt.«
    »Und warum sollte jemand wegen Scheich Hakim Rönnthaler umbringen?«
    »Abakay meint, es sei eine Botschaft: Guck, was wir mit deinem Neffen anstellen könnten. Für diesmal haben wir nur den nächstbesten Typ in seiner Wohnung umgelegt und deinem Neffen ordentlich in die Eier getreten, aber das nächste Mal… So in die Richtung. An Hakim selber kämen sie nicht ran. Tatsächlich hat Hakim immer Leibwächter dabei, und sein Haus ist ’ne Festung mit zwei Meter hohen Gartenmauern, vergitterten Fenstern, Überwachungskameras und was weiß ich noch alles.«
    »Wo wohnt er?«
    »In Praunheim.«
    »Schon wieder Praunheim. Vielleicht sucht der Scheich die kleinen Mädchen aus.«
    » Ein kleines Mädchen«, korrigierte mich Octavian, »und das wohnt am anderen Ende des Viertels.«
    »Na schön. Und wer hasst, nach Abakays Ansicht, Hakim so sehr, dass er, nur um ihm eins auszuwischen, einen Unbeteiligten umbringt und seinen Neffen verprügelt?«
    »Abakay sagt, irgendeine religiöse Gruppe, aber wenn er über seinen Onkel ein bisschen Bescheid weiß, denkt er natürlich, dass Konkurrenten im Drogengeschäft dahinterstecken.«
    »Das denkt er nicht, Octavian. Das ist alles Blödsinn, ich hoffe, du weißt das. Es gab einen Kampf zwischen Rönnthaler und Abakay, Rönnthaler hatte das Messer und Abakay irgendwas

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