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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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zu dir. Vielleicht haben wir wenigstens Zeit für einen Espresso.« Er klang müde.
    »Es ist unglaublich, wie Krause einzelne Ergebnisse der Geschichte herauspickt, aneinanderreiht wie Perlen und plötzlich ein Szenario hat«, sagte Svenja.
    »Ich hoffe, er behält am Ende recht«, erwiderte Müller und dachte flüchtig an all die verlorenen Kämpfe an Krauses Seite, an alle die Schlachten, an deren Ende sie mit leeren Händen dagestanden hatten.
    Den Rest der Fahrt legten sie schweigend zurück. Es gab viel zu bedenken, aber nichts zu sagen.
    Nur Kim bemerkte einmal: »Wenn ich hier so durch die Gegend fahre und mich dabei an all das erinnere, was mir mein Leben lang über das Ausland und den Kapitalismus gesagt wurde, werde ich verrückt.«
    »Lieber nicht«, sagte Svenja grinsend.
    Sie hielten vor dem Wohnhaus, Kim und Müller stiegen aus, gingen hinein, fuhren nach oben, und Müller bemerkte eine neue Lebhaftigkeit an Kim. Er summte sogar leise vor sich hin.
    »Kim, bitte denk dran: Nicht öffnen, wenn jemand an der Tür klingelt. Wenn du unsicher bist, im Dienst anrufen, du weißt schon: Bun-des-nach-rich-ten-dienst …«
    »Gardeschützenweg«, ergänzte Kim. »Was glaubst du, wann du wiederkommst?«
    »Ich weiß es nicht. Ein paar Tage wird es dauern. Mach es gut, alter Junge.« Er nahm ihn kurz in die Arme, ehe er die Wohnung schnell wieder verließ.
     
    Seine Einraumwohnung wirkte im frühen Morgenlicht trostloser denn je. Er duschte trotzdem ausgiebig und wusch die Nacht von seinem Körper. Im Bademantel und mit noch feuchten Haaren ließ er sich auf sein Bett fallen und schlief genau zwei Stunden. Als er aufwachte, konnte er sich an keinen Traum erinnern, fühlte sich aber wie zerschlagen. Er quälte sich aus dem Bett, zog sich an und packte eine Tasche. Dann machte er sich auf den Weg zu Svenja.
    »Du riechst gut«, sagte sie, als sie ihm öffnete. Sie war nackt.
    »Keine Zeit für Unzucht«, mahnte er. »Kriege ich einen Kaffee bei dir?«
    »Espresso«, sagte sie und schlüpfte an ihm vorbei in ihr Schlafzimmer.
    »Ich möchte gern noch mal bei Kim vorbeifahren. Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl, wenn ich an ihn denke. Ich will ihm noch sagen, dass er sich unbedingt an Sowinski halten soll, wenn ihm irgendwas Probleme macht.«
    »Na, so was!«, sagte sie. »Das passt wunderbar, ich habe mein Parfüm bei ihm vergessen.«
    »Na, da könntest du dir ja zur Not ein neues kaufen.«
    »Kaufen?«, schrillte sie. »Das Zeug ist teurer als meine Sozialversicherung. Du bist ein Ignorant. Mach mir auch einen Espresso, bitte. Glaubst du, Kim wird es schaffen?«
    »Was soll er schaffen?«
    »Mit dem Totschlag zu leben.«
    »Das muss sich zeigen. Aber ich glaube, dass er damit klarkommt.«
    »Was wird wohl mit seiner Tochter geschehen?«
    »Das habe ich mich auch gefragt. Immerhin scheint Il Sung Choi ja alles darangesetzt zu haben, ihr eine völlig neue Identität zu geben. Und es wird auch davon abhängen, wie er und sein Tod von offizieller Seite bewertet werden. Und schließlich hängt es davon ab, wie lange der Staat sich noch halten kann. Das handeln sie gerade in der Sechserrunde in Peking aus. Die Nordkoreaner verlangen Sicherheiten für ihren Staat, und sie haben nur einen Joker. Und den jagen wir gerade.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ganz einfach. Sie brauchen die Sicherheit für ihren Staat, damit die Staatsführung ihre Macht behält und ihre obszönen Privilegien. Und sie werden das Handelsembargo aufheben wollen. Aber sie werden versprechen müssen, dass sie ihre Atomanlagen abschalten. Und das werden sie vermutlich auch tun. Und trotz allem haben sie mit ihren fünf bis sechs A-Bomben einen sehr mächtigen Joker. Aber niemand am Tisch wird das auch nur erwähnen. Sie werden alle so tun, als gäbe es das Zeug gar nicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich hab eben im Auto Deutschlandradio gehört«, lachte er. »Wo willst du den Espresso serviert haben?«
    »Im Bad. Und wenn wir wieder hier sind, suchen wir eine neue Wohnung für dich. Hast du noch mal Salbe auf die Wunde geschmiert?«
    »Habe ich. Wieso willst du dich um eine Wohnung für mich kümmern?«
    »Weil deine jetzige depressiv macht. Widersprich nicht, gehorch mir einfach. Und starr mich nicht so an, das ist doch keine Peepshow hier.«
    »Nein. Aber so was Ähnliches. Du solltest dich mal sehen.«
    »Ist das jetzt eine Vorwurf oder ein Kompliment?«
    »Ach, Mädchen, ich weiß das nicht, ich bin noch zu jung und

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