Bruderdienst: Roman (German Edition)
kleine Insel.«
Niemand kommentierte das Gehörte, Krause nickte nur und war scheinbar sehr zufrieden. Er räusperte sich: »Wir danken Ihnen sehr. Ruhen Sie sich aus, Charlie wird Sie in die Wohnung fahren; Sie können schlafen, so lange Sie wollen. Wir werden Sie vorerst nicht mehr stören. Und Sie sind unbegrenzt unser Gast. Ich würde Sie nur herzlich bitten, uns noch für ein paar Tage zur Verfügung zu stehen. Charlie und Svenja werden Sie später noch nach ein paar Einzelheiten fragen. Aber erst dann, wenn es Ihnen möglich ist, wenn Sie wirklich dazu bereit sind.«
»Ja, natürlich«, nickte Kim. Er war völlig erschöpft.
»Dann haben wir noch schnell etwas zu klären«, sagte Krause leise, und seine Augen funkelten. »Svenja, Müller und ich fliegen morgen früh um zehn Uhr in die Staaten. Ich weiß, dass Goodwin in den nächsten achtundvierzig Stunden in der CIA-Zentrale sein wird. Wir besuchen ihn kurz mit freundschaftlichen Absichten, wir brauchen in einigen Punkten noch Klarheit. Nehmen Sie Kleidung für zwei, drei Tage mit, und stellen Sie sich darauf ein, wenig Schlaf zu bekommen. Jetzt zu euch«, mit einem schnellen Blick zu Esser und Sowinski. »Ihr haltet uns den Rücken frei, ihr schirmt uns ab und sorgt dafür, dass es zwei Tage lang nicht auffällt, dass wir in den Staaten sind. Der Präsident ist informiert, die Kanzlerin auch. Sie hat uns ein Flugzeug zur Verfügung gestellt für diesen Luxustrip. Es muss alles sehr konzentriert und schnell gehen. Hinweis an dich, lieber Sowinski: Das Sekretariat sagt immer, ich sei in einer Besprechung. Ich bin also in Berlin, ist das klar?«
»Augenblick mal«, hauchte Esser, »das alles klingt ja vielversprechend, richtig nach Eventtourismus, aber wo, zum Teufel, ist denn jetzt diese Bombe? Oder gibt es die gar nicht?«
»Ich denke sehr wohl, dass es sie gibt«, sagte Krause. »Aber ehrlich gesagt, haben wir nach meiner Überzeugung nur eine ganz geringe Chance, sie zu finden. Auf dem Container, in dem sie steckt, müsste ein Hinweis zu finden sein. Und zwar …«
»Zehnachtzig!« Svenja reagierte am schnellsten. »Die Nummer des elterlichen Grabes. Das könnte passen.«
»Sauber!«, bemerkte Krause. »Sehr sauber gedacht! Und richten Sie Goldhändchen bitte meine herzlichsten Grüße aus. Er soll sich nicht grämen, dass ihm der Nachweis des Geldflusses nicht gelungen ist. Ich bitte also dieses ganze Haus, nach einem Container Ausschau zu halten, auf dem die Ziffern eins, null, acht, null zu sehen sind.«
Das war ungeheuerlich. Krause hatte im Alleingang vor sich hin gewerkelt, Krause hatte alles klargemacht, ohne irgendjemandem ein einziges Wort davon zu sagen. Er hatte mal wieder eine Ein-Mann-Show abgeliefert, und niemand hatte es bemerkt.
Sowinski überlegte ernsthaft, stinksauer zu reagieren, aber dann sagte er nur: »Du bist schon ein … Na ja, das erspare ich dir lieber.«
»Danke«, sagte Krause artig.
Svenja fuhr, Müller saß neben ihr, Kim hinten. Es war 4.20 Uhr, im Osten kam der Tag heraufgekrochen.
»Wie fühlst du dich jetzt?«, fragte Svenja und wandte sich leicht zu Kim um.
»Was ist, wenn sie mir den Geheimdienst hinterherschicken, weil sie mich bestrafen müssen für den Tod des wunderbaren Helden?«, fragte er.
»Das wird nicht geschehen«, sagte Svenja. »Sie haben im Augenblick ganz andere Probleme. Vielleicht werden sie einfach so tun, als habe es deinen Bruder nie gegeben. Das ist schon mit vielen Helden geschehen. War das Gespräch schlimm für dich?«
»Ja, aber ich bin auch erleichtert. Euer Chef ist ein kluger Mann. Ich kann es gar nicht fassen, dass ich nicht in einem Gefängnis lande und nicht hingerichtet werde.«
»Du bist grenzwertig«, erklärte Müller.
»Was bedeutet das?«
»Du würdest jedem Gericht erhebliche Probleme bereiten.«
»Aber warum? Ich habe ihn getötet, das steht doch fest.«
Svenja lächelte ihm im Rückspiegel zu. »Ja, das sagst du. Aber du kannst nicht einmal beweisen, dass du ihn getötet hast.«
Er war sehr erstaunt, schüttelte den Kopf. Dann sagte er: »Das stimmt, ich kann es nicht beweisen.«
Das Licht in den Straßen war blau, die Frühaufsteher standen dicht gedrängt an den Haltestellen wie Tiere, die sich gegen den Wind stemmen müssen. Es war sehr still.
»Wir haben höchstens zwei Stunden Zeit zu schlafen«, sagte Svenja seufzend.
»Wir schlafen im Flieger«, tröstete sie Müller. »Ich muss erst nach Hause, ich brauche neue Klamotten. Dann komme ich
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