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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Ich werde dich Fred nennen. Man weiß nie, wer mithört. Also, vergiss die Kanäle nicht. Acht und siebzehn. Schreib sie dir auf die Hand.« Ich steckte mir das Walkie-Talkie an und nahm die klobige Gürteltasche, die zu meinen Füßen gelegen hatte. Ich band sie mir um die Taille, öffnete die Wagentür und wurde von der kühlen Nachmittagsluft empfangen.
    »Es ist jetzt erst halb fünf«, meinte ich, »es kann also noch mehrere Stunden dauern, bis du von mir hörst.« Ich schloss die Tür und er fuhr geradeaus weiter den Hügel hinab und verschwand hinter einer Kurve.
    Ich ging den Hügel wieder hinauf, und als ich über die Kuppe kam, lag Woodside genau vor mir. Ich überlegte, ob man das nur wenige hundert Meter unter mir liegende Städtchen wohl auch im Frühling oder Sommer durch das Laub der Bäume sehen konnte. Doch die kahlen Zweige gaben den Blick auf die Gemeinde am Fuße der Berge preis – die Hauptstraße, die Universität, sogar Bruchstücke des anderthalb Meilen weiter im Norden liegenden Zentrums. Nette Gegend. Straßen wie diese gab es in New England zu Hunderten, übers Land verteilt sogar Tausende. Wer würde je den Verdacht hegen, dass der Herzchirurg ausgerechnet hier in einem der idyllischen Wohnhäuser des Außenbezirks von Woodside lebte?
    Ich ging Orsons Auffahrt hinauf bis zu dem weißen Zaun, der in Brusthöhe den hinteren Garten umgab. Während ich darüber kletterte, überlegte ich, ob er wohl einen Hund hatte. Als meine Füße das Gras auf der anderen Seite berührten, blieb ich zunächst auf allen vieren hocken, suchte die Wiese nach einer Hundehütte ab und lauschte auf das Rasseln einer Kette. Doch nichts bewegte sich auf dem wunderbar gepflegten Rasen. Eine Silberzeder überschattete den Garten, doch nirgendwo war ein Hund zu sehen.
    Auf der Terrasse hinter dem Haus standen weiße Plastikgartenstühle. Ich ging über den Rasen auf die Terrasse, von der Glastüren zu einem Wintergarten führten. Ich schlich bis zu den Türen und spähte vorsichtig durch die Glasscheibe. Nirgendwo brannte Licht, aber durch die Schatten konnte ich die dahinter liegende Küche erkennen. Das Haus schien leer. Ich zog am Türgriff, doch die Tür war verschlossen. Ich war erleichtert, dass sie nicht noch durch einen Riegel gesichert war und ich nur eine einzige Glasscheibe einzuschmeißen bräuchte.
    Ich holte ein Paar Handschuhe aus meiner Gürteltasche und griff nach einem baseballgroßen Stein, der in einem an die Terrasse angrenzenden Blumenbeet lag. Nachdem ich die Handschuhe angezogen hatte, schlug ich damit die Glasscheibe direkt neben dem Türgriff ein. Laut krachend zersplitterte die Scheibe und einzelne Glassplitter flogen innen auf den Boden. Mit dem Stein in der Hand wartete ich darauf, dass eine Alarmsirene losging, doch es blieb still. Ich legte den Stein zurück und drehte den Türgriff.
    Durch die geöffnete Tür strich mir die warme Heizungsluft über die Wangen. Ich betrat das Haus, zog die Lederhandschuhe aus und steckte sie wieder in die Gürteltasche. Nachdem ich meine Fingerabdrücke außen vom Türgriff abgewischt hatte, zwängte ich meine Hände in ein Paar Gummihandschuhe und zog die Tür hinter mir zu.
    Ich misstraute der Stille. Ich blieb im Wintergarten stehen, in das das schwächer werdende Licht durch lange, gebogene Glasscheiben fiel. Korbstühle standen etwas zufällig angeordnet auf dem Klinker vortäuschenden Linoleumboden, Kübelpflanzen verliehen dem Raum den erdigen Duft eines Gewächshauses. Obwohl ich vorsichtig über den Boden schlich, knirschten die Glassplitter unter meinen Füßen. Unterwegs holte ich meine Pistole aus der Gürteltasche und lud die erste Patrone, dabei betete ich, dass ich die Waffe nicht in diesem ruhigen Viertel abfeuern müsste. Walter und mir war es nicht gelungen, Schalldämpfer auf dem Schwarzmarkt ausfindig zu machen.
    Vorsichtig ging ich weiter bis zur Küche, wo allerlei weiße Küchengeräte auf meterlangen Arbeitsflächen standen. Am Kühlschrank hingen Fotos einer Wildwasserraftingtour und von Orson und einer Frau, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, Arm in Arm auf einer kahlen Bergspitze.
    Zur Rechten führte eine Tür ins Esszimmer mit Geschirrschrank, einem mehrarmigen Leuchter und einem Esstisch aus Mahagoniholz, der mit einem weißen Tischtuch, Kristallgläsern sowie silbernem Besteck und Porzellan gedeckt war.
    Doch ich wählte die linke Tür von der Küche zum Wohnzimmer. Orson hatte wirklich einen guten Geschmack. Über dem

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