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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Geschichte. Zu wenig und zu spät.« Doch es klang keine Bitterkeit mit. Die Phalarope wurde jetzt noch dringlicher als sonst benötigt. Bei den weiten Seegebieten gab es für jede Fregatte nur allzuviel zu tun. Er fuhr aus seinen Gedanken hoch, als ein Leutnant des Flaggschiffs auf ihn zutrat.
    »Sir George Rodney möchte Sie sprechen.«
    Bolitho rückte den Degen zurecht und schritt über den dicken Teppich. Am Tisch machte er halt und nahm das Scharren der hinausgehenden Schritte nur noch halb wahr. Dann schloß sich die Tür, und das Trillern der Pfeifen zeigte an, daß die Kapitäne das Flaggschiff verließen. Eine Sekunde lang fürchtete er, den Leutnant falsch verstanden zu haben.
    Rodney saß noch immer in seinem Sessel. Mit halbgeschlossenen Augen starrte er zur Decke. Hood und Sir Robert Napier studierten, über einen in der Nähe stehenden Tisch gebeugt, eine Karte. Selbst die Ordonnanzen schienen zu beschäftigt zu sein, um den jungen Kapitän zu beachten.
    Doch dann richtete Rodney die Augen auf den Wartenden.
    »Ich kenne Ihren Vater, Bolitho. Wir sind zusammen gefahren.
    Ein sehr tapferer Offizier und ein guter Freund.« Seine Augen wanderten langsam über Bolithos gebräuntes Gesicht und seine Gestalt. »Sie ähneln ihm, innerlich und äußerlich.« Er nickte.
    »Ich bin sehr froh, Sie zu meinen Offizieren zu zählen.«
    Bolitho dachte an seinen Vater, der allein in dem großen Haus lebte und die Schiffe in der Bucht beobachtete. »Danke, Sir.
    Mein Vater bat mich, Ihnen Grüße auszurichten.«
    Rodney schien nicht gehört zu haben. »Es gibt so viel zu tun.
    So wenige Schiffe für die vielen Aufgaben.« Er seufzte: »Es tut mir leid, daß Sie Ihrem einzigen Bruder auf solche Weise begegnen mußten.« Seine Augen ruhten fest auf Bolitho.
    Bolitho merkte, wie Sir Robert, noch immer über die Karte gebeugt, wachsam zuhörte, und sagte: »Er glaubt, es sei recht und richtig, was er tut, Sir.«
    Die Augen lagen noch immer auf Bolithos Gesicht. »Und was glauben Sie?«
    »Er ist mein Bruder, Sir. Aber sollten wir nochmals konfrontiert werden, werde ich zu meinem Eid stehen.« Er zögerte. »Und Ihr Vertrauen nicht enttäuschen, Sir.«
    Rodney nickte. »Daran habe ich nie gezweifelt, mein Junge.«
    Sir Samuel Hood hustete höflich, und Rodney sagte: »Kehren Sie auf Ihr Schiff zurück, Bolitho. Ich hoffe, daß Ihrem Vater und Ihnen weiterer Schmerz erspart bleibt.« Seine Augen blickten kalt, als er hinzusetzte: »Es ist leicht, seine Pflicht zu erfüllen, wenn es keine andere Wahl gibt. Sie hatten es nicht leicht. Und es wird nicht leicht für Sie sein, wenn Ihr Bruder gefangen-genommen wird.«
    Er versank in Schweigen. Der Leutnant sagte ungeduldig: »Ihr Hut, Sir. Ich habe Ihr Boot längsseits pfeifen lassen.«
    Bolitho folgte dem Offizier an Deck. Seine Gedanken waren noch immer bei dem, was der Admiral gesagt hatte. Die ganze Flotte wußte also über seinen Bruder Bescheid. In der begrenzten, mönchischen Welt der Schiffe, die ständig auf See waren, sprach man also über ihn, maß ihn an zurückliegenden Taten und würde ihn an künftigen Ereignissen messen.
    Er eilte die Gangway zum wartenden Boot hinunter und starrte zu der vor Anker liegenden Phalarope hinüber. Einst hatte sie sich bewähren müssen. Jetzt war ihr Kapitän an der Reihe.
    Am Abend des Tages, an dem Bolitho an der Besprechung auf der Formidable teilgenommen hatte, lichtete die Phalarope ohne jedes Aufheben den Anker und ging in See.
    Am folgenden Morgen stand sie knapp fünfzig Meilen weiter südwestlich, und unter Vollzeug nutzten sie die schwache Brise, die bei der kräftiger werdenden Sonne nur wenig Abkühlung brachte. Diesmal war die Phalarope nicht völlig allein. Selbst von Deck aus sah man die Cassius, deren hohe Leinwandpyramide im Frühlicht golden schimmerte. Gewichtig und langsam segelte sie auf Parallelkurs. Irgendwo jenseits von ihr, verborgen unter dem Horizont, lief die Fregatte Volcano.
    Unsichtbar und der sich langsam bewegenden Formation ein Stück voraus, erfreute sich Leutnant Dancers winzige Witch of Looe einer gewissen Bewegungsfreiheit.
    Leutnant Herrick hatte eben die Frühwache übernommen. Er stand lässig an der Achterdecksreling und beobachtete die Leute bei der Arbeit auf dem Hauptdeck. Die nassen Decksplanken waren mit Schrubbern und Scheuersteinen bearbeitet worden, und jetzt, als die Hitze über dem sanft schaukelnden Schiffsrumpf langsam stieg, leuchteten die Decks in strahlendem Weiß. Die Männer

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