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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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angreifen.« Er zog die Schultern hoch, eine halb ärgerliche, halb verzweifelte Geste. »Wir aber werden dabei so nutzlos sein wie ein Wegweiser in der Wüste.«
    »Aber die Franzosen können auch hier entlangkommen, Sir.«
    Herrick spürte, wie Bolithos Verbitterung seine eigene Zuversicht beeinträchtigte. Während er sprach, ging ihm der Grund für Bolithos Geringschätzung der Cassius auf. Rodney hatte Admiral Napiers kleinem Geschwader die unwesentlichste Aufgabe bei diesem umfassenden Plan zugeteilt.
    »Ja, man hat schon Wunder erlebt, Mr. Herrick«, sagte Bolitho. »Aber nicht in unseren Tagen.«
    »Verstehe, Sir.« Herrick wußte nicht, was er darauf antworten sollte.
    Bolitho betrachtete ihn ernst und klopfte ihm dann auf den Arm. »Mr. Herrick, ich bin heute morgen kein guter Gesprächspartner.
    « Er zuckte zusammen und fuhr sich über die Seite. »Ich bin dankbar, daß die Kugel nichts Lebenswichtiges getroffen hat, aber ich würde nichts vermissen, wenn ich nicht dauernd daran erinnert würde.«
    »Sie sollten sich mehr Ruhe gönnen, Sir.«
    »Es fällt mir schwer, stillzusitzen, Mr. Herrick.« Bolitho legte die Hand über die Augen und musterte die Segel. »So viel geschieht im Augenblick.« Er begann auf und ab zu gehen, Herrick fiel in den gleichen Schritt, um neben ihm zu bleiben.
    »De Grasse verläßt seine Schlupflöcher, ganz bestimmt.« Er sprach im Takt seiner schnellen Schritte. »Sie haben den plötzlich ausbrechenden Sturm erlebt, der Ihnen die Chance schenkte, die Andiron zu bestreichen. Eine Seltenheit in dieser Jahreszeit. Doch später . . .«, er lächelte grimmig, während er sich erinnerte, »später im Jahr, August und September, peitscht ein Hurrikan nach dem anderen Westindien. Lassen Sie sich gesagt sein, Mr. Herrick, de Grasse wird bald herauskommen.
    Er wird sein Glück vor der Hurrikansaison versuchen. «
    »Aber welchen Weg wird er nehmen?« fragte Herrick.
    »Vielleicht den durch die Martinique-Passage. Aber gleich, welchen Weg er wählt, er wird direkt auf das zentrale Karibien zuhalten. Zwischen ihm und Jamaika liegen tausend Meilen. In einem solchen Bereich kann man eine ganze Flotte aus den Augen verlieren. Wenn wir ihn nicht gleich beim Auslaufen aufspüren, entdecken wir ihn erst wieder, wenn es zu spät ist.«
    Herrick nickte. Endlich erfaßte er bis ins Letzte, was der Kapitän meinte. »Er hat Truppen und Kanonen. Er kann jedes Gebiet besetzen, das er haben möchte.«
    »Genau das. Die Männer und Magazine, mit denen wir auf Mola zu tun hatten, waren nur ein winziger Teil seiner militärischen Stärke. Er hatte gehofft, ungehindert nach Jamaika zu segeln. Jetzt weiß er, daß wir auf der Lauer liegen. Das wird seine Eile noch beschleunigen. « Er blieb stehen und starrte auf den leeren Horizont. »Wenn wir es nur wüßten . . . Wenn wir nur lossegeln und es selber herausfinden dürften.« Doch dann merkte er, daß er sich gehen ließ, und sagte kurz: »Kehren Sie auf Ihren Posten zurück, Mr. Herrick. Ich möchte noch weiter darüber nachdenken.«
    Herrick ging an die Reling zurück, und während die Sonne auf die zundertrockenen Decks herabglühte, sah er Bolithos Schatten ständig hin und her und auf und ab wandern. – In seinen Fähnrichstagen hatte Herrick oft davon geträumt, daß er einmal den Rang eines Leutnants erreichen würde. Langsam war er dann befördert worden und hatte seine Beförderungen an der Fähigkeit oder Unfähigkeit seiner Vorgesetzten gemessen.
    Und die ganze Zeit über hatte er die Vorstellung gehegt, daß man ihm eines Tages ein eigenes Kommando übertragen würde.
    Doch während er jetzt Bolithos ruhelosen Schatten beobachtete und sich die nagenden Gedanken ausmalte, die ihm Gesellschaft leisteten, war er sich seines Wunsches nicht mehr ganz so sicher.
    Der Vormittag war halb vorbei, als die Pfeifen »Rührt euch!«
    trillerten. Mehr oder minder erleichtert warfen sich die Matrosen der Phalarope in die Schattenflecke, um die kurze Pause so ausgiebig wie möglich zu genießen.
    John Allday blieb an seinem Arbeitsplatz. Er hatte die Beine über dem Backborddavit gespreizt. Der Klüver schützte seinen gebräunten Körper vor der stechenden Sonne. Auf dem vordersten Teil des Schiffes hatte er den einen der großen Anker abgekratzt, und während er nun behaglich über der kleinen Bugwelle hockte, stemmte er einen Fuß auf das starke Querstück des Ankers und fühlte dessen Wärme an der nackten Fußsohle. Ihm im Rücken räkelten sich die

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