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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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mögliche Versteck, jeden Kasten, suchen Sie hinter jeder Kanone, und zwar so schnell Sie können.«
    Er verfolgte, wie sie den Niedergang hinuntereilten, und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf das Hauptdeck.
    Jedem Matrosen war nun klar, daß irgend etwas los war. Er bemerkte, daß einer seinen Kameraden anstieß, und ein anderer trat furchtsam zurück, als sich Vibart und der Artillerieoffizier durch die alles aufmerksam beobachtenden Männer drängten.
    Hatte Vibart vielleicht doch recht? Er verschränkte die Hände auf dem Rücken so fest, daß ihm der Schmerz half, Ordnung in seine durcheinanderwirbelnden Gedanken zu bringen. Nein, das durfte er nicht denken.
    Die Minuten schleppten sich hin, und eine wachsende Woge der Furcht zog wie der Rauch eines Schwelbrandes über das Hauptdeck. Die Matrosen am Fuß des Großmastes bildeten eine Gasse, damit Vibart und der Artillerieoffizier hindurchkonnten, und drängten sich dann wieder schutzsuchend zusammen.
    Pochin rieb sich die teerverschmierten Hände an der Hose ab und starrte Vibart wütend nach. »Was, zum Teufel, ist los?« Er hielt einen vorbeikommenden Bootsmannsmaat an. »Wissen Sie es, Mr. Josling?«
    Josling sah verstohlen zum Achterdeck. »Der Zahlmeister ist tot.«
    Unruhe packte die Wartenden. Pochin blickte Allday an, der aufmerksam am Mast lehnte. »Hast du das gehört, Mann?«
    Allday nickte und sah dann zu Onslow hinüber. Onslow stand ein wenig abseits. Er wirkte gelassen. Die Arme hingen locker herab. Doch seine harten Blicke und die sich erregt blähenden Nasenflügel verrieten eine tierhafte Wachsamkeit. Allday atmete sehr langsam aus. Er zweifelte nicht im geringsten, wem die Anklage die Hand auf die Schulter legen würde.
    Old Strachan murmelte: »Sieht schlimm aus, wie? Ich hab so das Gefühl, daß uns wieder mal was bevorsteht.«
    Auf dem Achterdeck wurde es plötzlich lebhaft. Alle blickten sich um, als Hauptmann Rennies Seesoldaten einen Kordon quer über das Deck zogen. Sergeant Garwood richtete die Reihen aus und postierte sich dann neben dem Trommelbuben.
    Hauptmann Rennie stand gelassen vor seinen Soldaten, eine Hand auf dem Degengriff. Sein Gesicht war ausdruckslos.
    Aus dem Mundwinkel krächzte der Sergeant: »Bajonette pflanzt auf!« Die Hände bewegten sich im gleichen Takt, und die Bajonettklingen blitzten vor der vordersten Linie, ehe sie auf die langen Gewehre klickten.
    Die Spannung an Deck war fast nicht mehr zu ertragen. Jeder stand und starrte. Niemand sagte etwas oder drehte auch nur eine Sekunde lang den Kopf weg, damit ihm nicht das geringste entging. Hier und da wischte sich einer über die schweißnasse Stirn, und irgendwer begann nervös zu husten.
    Allday sah, daß der Kapitän mit Leutnant Herrick und dem Bootsmann sprach und den Kopf schüttelte, ob vor Zorn oder Unglauben, konnte er nicht erkennen.
    Vibart merkte, daß er nicht weiterzusuchen brauchte, und drängte sich langsam nach achtern. Seine Hände stießen die schweigenden Matrosen beiseite, und seine Augen waren nur auf die kleine Gruppe hinter den Seesoldaten gerichtet.
    Pochin flüsterte: »Jetzt werden wir es gleich wissen.«
    Allday blickte wieder zu Onslow hinüber. Eine Sekunde lang spürte er etwas wie Mitleid für ihn. Onslow war schon so lange auf Schiffen eingepfercht gewesen, daß er kein anderes Leben als den unaufhörlichen Kampf der Unterdecks kannte.
    Kapitän Bolithos Stimme riß ihn aus seinen Gedanken, und als er nach achtern schaute, sah er ihn an der Querreling stehen.
    Seine Hände ruhten auf der Steuerbordkarronade, während er auf die versammelte Mannschaft hinunterblickte.
    »Die meisten von euch wissen bereits, daß Zahlmeister Evans tot ist. Er wurde vor kurzem in seiner Kajüte grausam ermordet.« Er unterbrach sich, als Herrick einen der Niedergänge hinunterstieg, um dem Ersten Leutnant etwas zu sagen. Dann fuhr Bolitho im gleichen Ton fort: »Jeder bleibt an Ort und Stelle, bis der Schuldige festgenommen worden ist.«
    Pochin, dem der Schweiß über das Gesicht strömte, sagte heiser: »Hat der Hoffnungen! Den verdammten Zahlmeister hat doch jeder an Bord gehaßt!« Doch niemand reagierte darauf oder sah ihn an. Alle Augen hafteten an Vibart, der, von Brocks gefolgt, zielstrebig über das Hauptdeck ging.
    Selbst das Meer und die Leinwand schienen verstummt, und als Vibart unter der Großrah stehenblieb, hörte Allday das schwere Atmen des Ersten und das Knirschen seiner Brustriemen. Die furchtbare Spannung währte

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