Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
verriegeln wollte, fragte Allday leise: »Was meinen Sie, Sir, ob man mich zur Verhandlung vor ein Kriegsgericht nach Hause schickt?«
    Herrick wußte, daß die Marine gar nicht daran dachte. Die Gerechtigkeit schlug schnell und endgültig zu. Während er auf die dick beschlagene Tür blickte, sagte er jedoch: »Vielleicht.
    Warum fragen Sie?«
    Die Antwort klang so gedämpft, als hätte Allday das Gesicht zur Seite gedreht. »Weil ich gern noch einmal die grünen Hügel wiedersehen würde. Bloß ein einziges Mal. Bloß für ein paar Minuten.«
    Die Trauer und Verzweiflung dieser Worte hatten Herrick den ganzen Tag verfolgt. Selbst jetzt, während der Wache, hörte er sie noch. »Verflucht!« rief er wütend. Die beiden Rudergänger richteten sich so hastig auf, als habe er sie geschlagen. Der dienstältere Mann beobachtete besorgt, daß Herrick zum Rad kam, und sagte schnell: »Sie liegt genau auf Kurs, Sir. Süd zu Ost.«
    Herrick sah ihn an und dann auf die sanft schwingende Kompaßrose. Die armen Teufel haben eine Mordsangst, weil ich laut geflucht habe, dachte er.
    Von der Leereling kam eine dunkle Gestalt langsam auf ihn zu. Es war Proby. Die Glut seiner kurzen Tonpfeife erhellte schwach seine Hängebacken.
    »Können Sie nicht schlafen, Mr. Proby?« fragte Herrick. »Die Brise weht nur schwach, aber stetig. Sie brauchen sich heute nacht keine Sorge zu machen.«
    Der Steuermann sog geräuschvoll am Mundstück. »Diese Nachtstunde ist die beste, Mr. Herrick. Man kann in den Wind schauen und darüber nachdenken, was man mit seinem Leben angefangen hat.«
    Herrick sah Proby von der Seite her an. Zerknitterte Züge. Im Aufglühen der Pfeife glich sein Gesicht einer verwitterten Skulptur. Zugleich ging etwas Beruhigendes von ihm aus. Er hatte etwas Zeitloses wie das Meer. Nach einer Weile fragte er: »Was meinen Sie, Mr. Proby, ist mit Evans' Tod nun alles erledigt, oder folgt noch etwas?«
    »Wer kann das wissen?« Proby verlegte sein Gewicht von einem Plattfuß auf den anderen. »So schnell vergißt sich so etwas nicht. Aye, so schnell nicht.«
    Proby verbarg die Glut des Pfeifenkopfs plötzlich mit seiner fleischigen Hand und sagte verstohlen: »Der Kapitän ist an Deck, Mr. Herrick.« Dann, laut und sachlich: »Wenn der Wind sich hält, sind wir morgen unter Land. Also gute Nacht, Mr.
    Herrick.«
    Damit war er verschwunden, und Herrick ging zur Leereling.
    Er schielte zum Kapitän hinüber und sah, daß Bolitho aufrecht an der Luvreling stand. Das Mondlicht floß über sein weißes Hemd, während er auf die Lichtspiegelungen außenbords starrte. Seit Alldays Festnahme hatte er das Achterdeck nie länger als für eine Stunde verlassen, sondern war entweder an der Heckreling auf und ab gegangen oder hatte bloß auf das Meer hinausgeblickt, so wie jetzt.
    Abends hatte Herrick zufällig ein Gespräch zwischen dem Steuermann und Bootsmann Quintal mitangehört. Während er nun Bolithos reglose Gestalt beobachtete, erinnerte er sich wieder ihrer Worte. >Ich hatte keine Ahnung, daß ihm Evans' Tod so nahe gehen würde.< hatte der Bootsmann heiser geflüstert. >Es scheint ihm alles ganz schön an die Nieren zu gehn.< Old Proby hatte seine Antwort genau abgewogen. >Es ist die Tat an sich, die den Kapitän getroffen hat, Mr. Quintal.
    Er fühlt sich betrogen, und das schmerzt ihn.< Herrick sah, daß Bolitho über die Narbe an seiner Stirn fuhr und sich die Müdigkeit aus den Augen rieb. Proby hat recht, dachte er. Es hat ihn stärker getroffen, als wir ahnen. Was einer von uns tut, es nimmt ihn mit und bedrückt ihn. Ehe er wußte, was er tat, ging er zu Bolitho hinüber, nicht ohne es sogleich zu bedauern, denn er erwartete halb und halb, daß Bolitho sich umwenden und ihn anfahren würde. Immerhin, das wäre besser gewesen als völliges Schweigen. »Der Wind hält sich, Sir«, begann er. »Der Steuermann sagt baldige Landsicht voraus.«
    »Ja, ich habe es gehört.« Bolitho schien tief in Gedanken versunken. Spritzwasser hatte sein Hemd durchnäßt, es klebte ihm wie eine zweite Haut am Körper. Unter den Augen lagen tiefe Schatten. Die innere Unruhe, die Bolitho aus seiner Kajüte immer wieder an Deck trieb, war fast fühlbar.
    »Soll ich Ihren Diener heraufschicken, Sir? Vielleicht mit einem heißen Drink, ehe Sie sich hinlegen?«
    Bolitho fuhr herum, seine Augen glänzten im Mondlicht.
    »Ersparen Sie mir das Drumherumgerede, Mr. Herrick. Was bedrückt Sie?«
    Herrick schluckte schwer, ehe er hervorstieß: »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher