Bruderkampf
Proby. Holen Sie Waffen!«
Auf der Back ertönte eine unregelmäßige Salve, und die verdutzten Meuterer wichen über das Hauptdeck zurück, als Seeleute durch die Luken herauf quollen; sie wurden von Steuermannsmaat Belsey geführt, dessen verwundeter Arm fest bandagiert war, während er mit der gesunden Hand eine Enteraxt schwang.
»Die Boote kommen, Sir«, rief Herrick. Er schleuderte die leere Pistole nach einem Meuterer und packte das Entermesser, das Proby ihm hinhielt. »Mein Gott, endlich die Boote!«
»Mir nach!« rief Bolitho. Er schwang das Entermesser wie eine Sense, stürmte den Niedergang hinunter und holte mit aller Kraft aus, als ein Mann mit einer Pieke auf ihn eindrang. Die starke Klinge des Entermessers grub sich dem Angreifer in den Hals, und Bolitho fühlte, wie ihm das warme Blut über das Gesicht spritzte.
Häßlich und verzerrt blendeten Gesichter auf, gingen jedoch in Schreien unter, als er sich quer über das Deck eine Gasse hieb, bis er bei Vibart anlangte, der gegen drei Meuterer kämpfte. Gerade als sein Entermesser einem Meuterer in die Schulter fuhr, sah er ein Messer in der Sonne aufblitzen und hörte Vibart vor Schmerz aufbrüllen. Er sank zu Boden. In eben dem Augenblick stürzten sich die aus dem Kabelgatt befreiten Männer in das Gefecht. Einige Meuterer warfen die Waffen hin und hoben die Hände. Bolitho glitt in einer Blutlache aus.
Jemand half ihm auf die Füße. Es war Allday. Er dankte ihm keuchend.
Aber Allday blickte an ihm vorbei zur anderen Schiffsseite.
Eingekreist von erhobenen Waffen und verlassen von seinen Mitverschworenen, stand Onslow mit dem Rücken gegen eine Kanone, das Entermesser noch in der Hand.
»Der gehört mir, Sir«, sagte Allday.
Bolitho wollte etwas erwidern, da hörte er Vibarts Stimme.
Mit drei großen Schritten war er neben dem Ersten. Belsey und Ellice hielten Vibart bei den Schultern. Bolitho kniete sich neben den Verwundeten, dem ein dünner Blutfaden aus einem Mundwinkel rann. Vibart blickte zu Bolitho hoch. Er sah plötzlich alt und gebrechlich aus.
»Bleiben Sie still liegen, Mr. Vibart«, sagte Bolitho. »Das kriegen wir bald wieder hin.«
Vibart hustete. Das Blut floß ihm immer stärker über das Kinn. »Das nicht. Diesmal hat es mich erwischt.« Er wollte die Hand heben, schaffte es aber nicht. Der Arzt, den er nicht sehen konnte, schüttelte den Kopf. Nichts mehr zu machen.
»Sie haben sich tapfer gehalten«, sagte Bolitho.
Man hörte das Klirren von Stahl. Bolitho blickte über das Deck. Allday und Onslow umkreisten einander mit blanken Entermessern. Die anderen sahen stumm zu. Das war kein Kriegsgericht. Das war die Rechtsprechung des Unterdecks.
Bolitho blickte wieder zu Vi bart hinunter. »Kann ich etwas für Sie tun?«
Schmerz verzerrte das Gesicht des Sterbenden. »Nichts. Sie nicht und auch kein anderer.« Er hustete wieder. Diesmal hörte der Blutstrom nicht auf. Vibart starb, als die zurückkehrenden Boote längsseits kamen und sich die Gangways mit atemlosen Leuten füllten.
Bolitho erhob sich langsam und betrachtete den Toten.
Irgendwie typisch für Vibart. Es paßte zu ihm, daß er bis zur letzten Sekunde unzugänglich geblieben war.
Bolitho sah hoch. Hauptmann Rennie und Fähnrich Farquhar stiegen über Verwundete hinweg. Ihre Gesichter waren vor Entsetzen grau und verzerrt. Bolitho verschränkte die Hände auf dem Rücken, um seine Erregung zu verbergen.
»Setzen Sie diese Männer fest, Mr. Farquhar. Und dann machen Sie sofort mit der Übernahme von Frischwasser weiter.
Wir segeln, sowie alle Fässer an Bord sind.« Er ging langsam zur anderen Schiffsseite. Die Leute traten auseinander, um ihn hindurchzulassen, und sein Blick fiel auf Onslow, dessen Augen bereits gebrochen waren.
Bolitho fühlte sich plötzlich so elend und beschmutzt, als hätte er durch die Meuterei den Aussatz bekommen. Er sagte rauh: »Ich hoffe nur, daß wir uns beim Kampf gegen die Franzosen ebensogut halten wie beim Kampf gegeneinander.«
Danach drehte er sich um und ging nach achtern.
Ein ganz besonderer Mann
Fähnrich Maynard klopfte an Bolithos Kajütentür und meldete atemlos: »Empfehlung von Mr. Herrick, Sir, und wir haben eben Steuerbord voraus zwei Segel gesichtet.« Er wagte einen flüchtigen Blick auf die Offiziere, die neben Bolithos Tisch standen. »Das Flaggschiff und die Fregatte Volcano.«
Bolitho nickte nachdenklich. »Danke. Meine Empfehlung an Mr. Herrick. Er möchte über Stag gehen, damit wir Verbindung
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