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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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Außerdem würde sie so etwas nicht schreiben, wenn sie nur eine Verrücktheit im Kopf hätte.«
    »Was schreiben?«, fragte Willi und runzelte die Stirn.
    Mick deutete mit dem Finger auf den letzten Satz und klopfte erregt darauf herum. »Da! Ich liebe dich . So etwas schreibt Clara nicht, nicht einfach nur so. So etwas sagt sie ja nicht einmal.«
    »Hm.« Willi nahm seine Brille ab und zwinkerte nachdenklich mit den Augen. Micks Argumentation hatte eine gewisse Logik. Angesichts Claras spröder Art waren diese Worte, schwarz auf weiß, fast eine Sensation. Mick hatte recht. Niemals hätte sie es einfach so hingekritzelt, aus Übermut oder nur aus einer Laune heraus. Dass sie es dennoch getan hatte, gab der Nachricht etwas Gewichtiges, Bedeutungsvolles, und mit einem Mal konnte Willi Micks Besorgnis nachempfinden. Er stand auf und ging zu ihrem Schreibtisch hinüber.
    »Sie hat an diesem Fall Imhofen gearbeitet«, sagte er langsam und kramte vergeblich zwischen ihren Unterlagen herum, ohne jedoch die Akte zu finden.
    Von unten meldete sich Linda zu Wort: »Ich glaube, sie hat sich gestern mit dem Kommissar von der Kripo getroffen.«
    Beide Männer fuhren herum.
    Linda nickte zur Bekräftigung. »Mit diesem Gruber. Sie hat doch die ganze Zeit auf seinen Anruf gewartet, es schien etwas Wichtiges zu sein.«
    Mick sah Willi an: »Vielleicht sollten wir die Polizei anrufen …«
    Willi kam nicht dazu zu antworten, denn in diesem Moment kam die junge Frau die Treppe herunter, die auf Clara gewartet hatte.
    Willi unterdrückte ein Stöhnen. Die hatte er ganz vergessen. »Frau Brolin, es tut mir leid, aber Frau Niklas kommt heute nicht …«
    Die Frau blieb stehen und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Sie kommt nicht?«
    »Nein, sie … äh, hat einen dringenden Termin«, gab Willi zögernd zurück. »Vielleicht versuchen Sie es ein anderes Mal …«
    »Aber es geht nicht!« Die Frau hob die Stimme. »Ich kann nicht warten. Ich muss es ihr sofort sagen. Jetzt, wo sie sie verhaftet haben.«
    »Wen haben sie verhaftet?«, fragten Mick und Willi gleichzeitig.
    Mira Brolins Blick flog von einem zum anderen, und sie schien sich zu fragen, mit was für Idioten sie es hier zu tun hatte. »Natürlich Ruth Imhofen! Wissen Sie das denn nicht? Es stand doch in der Zeitung heute Morgen. Sie haben sie gestern gefunden. Und weil doch Frau Niklas ihre Anwältin ist, und weil der Dr. Selmany in der Zeitung solche niederträchtigen Lügen verbreitet hat … habe ich gedacht …«
    Sie stockte, plötzlich wieder unsicher, eingeschüchtert von ihrer eigenen Kühnheit.
    »Wissen Sie, ich habe so lange gezögert, weil ich mir nicht sicher war, und man setzt ja nicht so ohne Weiteres seine Arbeit aufs Spiel. Doch als dann vorgestern die Polizei bei uns war und Dr. Selmany so fuchsteufelswild geworden ist und uns allen verboten hat, mit den Polizisten zu sprechen, er hat mir richtiggehend gedroht … und dann, als ich heute Morgen das auch noch gelesen habe …«
    Willi unterbrach ihren Redefluss mit einer sanften Handbewegung. »Am besten, Sie erzählen uns das jetzt noch mal ganz von vorne, Frau Brolin.«
    Ihr Blick wanderte zögernd zwischen Willi und Mick hin und her und blieb schließlich an Micks unordentlicher Erscheinung hängen.
    Er fuhr sich glättend durch die Haare, zupfte sein zerknittertes Hemd gerade und lächelte ihr aufmunternd zu, doch sie wandte den Blick ab.
    An Willi gerichtet, fragte sie misstrauisch: »Aber Sie sind doch Anwalt wie Frau Niklas, nicht wahr?«
    Er nickte geduldig. »Ich bin der Sozius von Frau Niklas. Ich kenne den Fall. Möchten Sie sich nicht setzten?«
    Doch Mira Brolin schüttelte den Kopf. Einmal den Entschluss gefasst, schien sie es jetzt so schnell wie möglich hinter sich bringen zu wollen und begann, ausschließlich an Willi gewandt und Mick vollkommen ignorierend, mit ihrer Erzählung. Ihre Stimme war hastig und so leise, dass Willi Mühe hatte, sie zu verstehen.
    Sie stamme aus Litauen, sei Krankenschwester mit einer Fachausbildung für Psychiatrie und seit drei Jahren in Schloss Hoheneck angestellt. Sie schluckte und fuhr dann fort. Mit Ralph Lerchenberg, dem neuen jungen Arzt, habe sie sich sofort gut verstanden. Er habe sich sehr um seine Patienten gekümmert und vieles anders gemacht als Dr. Selmany und die anderen Ärzte an der Klinik. Deshalb sei er bei seinen Kollegen nicht besonders beliebt gewesen. Sie hätten ihm das Leben schwer gemacht.
    Als Willi nachfragte, inwiefern, zuckte

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