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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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ich habe Stoff bei mir! Wir kommen alle ins Loch!“
    Sie stand kurz vorm Durchdrehen. Elende Kacke, wir konnten es uns nicht leisten, unseren halben Urlaub zu vergeuden, indem wir eingesperrt wurden, nur weil eine blöde Votze der Meinung war, sie müsse ihren Stoff mit sich herumschleppen. Also trat ich aufs Gaspedal und suchte mir vorsichtig zwischen den Toten und Sterbe n den einen Weg. Ob die Arschgeigen tatsächlich erst uns vorgenommen hätten, um nach Stoff zu suchen, während überall die Leiber herumlagen? Ich konnte mir das nicht vorstellen, aber vielleicht ist das nur so, weil ich dazu erzogen worden bin, in der Polizei meine Freunde zu s e hen. Genausogut konnte Judy recht haben. Der Irrsinn ist heutzutage eine richtige Seuche geworden. Jedenfalls fuhr ich weiter, und erst, als wir Central Park West e r reichten, bemerkte Oliver, daß es falsch gewesen sei, den Unfallort zu verlassen. „Moral nach dem Vergehen“, sa g te Eli von hinten, „ist schlimmer als keine Moral.“ Und Ned rief: „Richtig“! Wie die beiden doch aufeinander eingespielt sind.
    Bess und Judy lebten in der Hundertsten Straße in e i nem hohen, heruntergekommenen Apartmenthaus, das in den zwanziger Jahren einmal ein Palast gewesen sein muß. Ihre Wohnung wirkte endlos, Zimmer nach Zi m mer, hohe Decken, Pfefferkuchen-Einrichtung, geborst e ner, abgebröckelter Putz, der wieder und wieder im Ve r lauf der Jahrhunderte zusammengeflickt worden war. Fünfzehnter Stock oder so: eine großartige Aussicht auf die Schmutzkübel New Yorks. Bess legte Platten auf – Sergovia, Stones, Sergeant Pepper, Beethoven, was man will – und brachte eine Kanne voll Ripple. Judy holte ihren Stoff heraus, der sie im Park so in Angst versetzt hatte: ein Brocken Hasch, so groß wie meine Nase. „Trägst du das als Talisman mit dir herum?“ fragte ich, aber es stellte sich heraus, daß sie im ‚Plastikkäfig’ d a rangeraten war. Die Pfeife kreiste. Wie üblich machte Oliver nicht mit. Ich vermute, er glaubt, daß alle Drogen, egal was für welche, seine kostbaren Körpersäfte verp e sten. Neds irische Waschfrau weigerte sich ebenfalls – auf so was war sie wohl nicht vorbereitet gewesen. „Nun mach schon“, hörte ich Ned zu ihr sagen, „es hilft dir abzunehmen.“ Sie machte einen verschreckten Eindruck und fürchtete wohl, daß Jesus jeden Moment durch das Fenster kommen und ihr die unsterbliche Seele aus dem zuckenden, sündigen Leib reißen könnte. Wir anderen wurden auf angenehme Weise stoned und zogen in die verschiedenen Schlafzimmer ab.
    Mitten in der Nacht fühlte ich einen bestimmten Druck auf der Blase und begab mich auf die Suche nach einem Klo in diesem Irrgarten von Türen und Fluren. Einige Male öffnete ich die falsche Tür. Überall menschliche Leiber. Aus einem Zimmer Geräusche der Leidenschaft: das beständige rhythmische Quietschen von Bettfedern. Da brauchte man gar nicht erst nachzusehen: das mußte Oliver, der Bulle sein, der auf seiner Judy zum sechsten oder siebten Male in dieser Nacht ritt. Sie würde eine Woche lang mit X-Beinen herumlaufen, wenn er mit ihr fertig war. Aus einem anderen Zimmer Schnarchen und Pfeifen: Begora, Neds verrücktes Huhn, sägte im Schlaf. Ned selbst schlief in der Halle. Ich vermute, daß er die Nase voll hatte. Schließlich fand ich ein Badezimmer, aber es war von Eli und Mickey besetzt, die zusammen duschten. Ich wollte nicht lästig fallen, aber es war schon zu spät. Mickey nahm sofort erschrocken die Pose einer Statue ein: die rechte Hand über das schwarze Gestrüpp, den linken Arm über die winzigen Brüste gelegt. Ich w ä re nicht überrascht gewesen, wenn sie vierzehn oder noch jünger war. „Verzeihung“, sagte ich, während ich hi n aushuschte. Eli kam tropfend und nackt hinter mir her. Ich sagte: „Nun mach keinen Scheiß, ich wollte mich wirklich nicht in euer Privatleben mischen.“ Aber er ha t te etwas ganz anderes im Sinn. Er fragte mich, ob wir beim Rest der Reise noch einen fünften Passagier mi t nehmen könnten. „Sie?“ Er nickte. Liebe auf den ersten Blick. Bei ihnen hatte es gefunkt, sie hatten jeweils im anderen ihren idealen Partner erkannt. Und jetzt wollte er sie mitnehmen. „Du lieber Gott“, sagte ich und war kurz davor, die anderen aufzuwecken. „Hast du ihr etwa von …“
    „Nein, nur daß wir nach Arizona wollen.“
    „Und was soll werden, wenn wir da sind? Willst du sie ins Schädelhaus mitnehmen?“
    So weit hatte er noch gar nicht

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