Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
»Herrgott,
    Junge, was sollen denn die Spikes? Willst du unser Linoleum
    ruinieren?« Im Neighborly Market gab es nur zwischen den Regalen Linoleum; der meistbenutzte Bereich an der Kasse
    und an der Getränketruhe hatte rohen Betonboden. »Zieh sie
    aus, Boles.« Ich hatte hier noch nie die Baseballschuhe
    ausgezogen, und ich war bestimmt schon ein dutzendmal hier
    gewesen. »Ich meine das ernst, Boles.«
    Also lehnte ich mich an die Theke und zog die Spikes aus.
    Das machte mich zwar einen halben Zoll kleiner als zuvor,
    doch deshalb lag Phoebes Nasenspitze immer noch meilenweit
    unter der meinen und zeigte gerade mal auf meinen
    Adamsapfel. Andererseits stand ich jetzt gefühlsmäßig in
    einem Graben und sie auf der Siegertreppe. Der Beton war
    eiskalt.
    »Geh zum Milchschrank.« Phoebe winkte mit dem Kinn nach
    hinten in den Laden. »Los, geh schon!« Ich sockte an der
    Kasse vorbei zum Milchschrank. »Mach auf!« Ich machte auf.
    »Dein Essen steht auf dem Brett mit den Eiern. Nimm es raus

    und bring es her.« Ich sah einen weißen Porzellanteller,
    abgedeckt mit Wachspapier und überkreuz verschnürt wie ein
    Weihnachtsgeschenk. Ich nahm den Teller aus dem Fach und
    trug ihn zur vorderen Theke. »Da steht ein Schemel«, sagte
    Phoebe und wies mit dem Kinn auf einen Schemel hinter der
    Theke. »Setz dich und iß. Wär doch jammerschade um das
    Abendessen. Na los! Ich mach keine Witze. Was ich uns
    gestern gekocht hab, ist einfach zu schade zum
    Wegschmeißen.«
    Ich zwängte mich hinter die Theke, tapste zum Schemel und
    setzte mich. Phoebe klirrte mir eine Zinkgabel aufs Thekenglas und ließ ruppig die Kasse für eine Kundin rasseln, die mich
    besah, als hätte ich mir eine Tonsur rasieren lassen. Ich knüpfte den Bindfaden auf, nahm das Wachspapier herunter und starrte
    auf eine kalte, gebratene Hühnchenbrust, eine ledrige Portion
    Kartoffelpüree und etwa zwanzig grüne Bohnen mit weißen
    Fettmanschetten.
    »Iß«, sagte Phoebe. »Iß.«
    Ich nahm die Gabel von der Theke.
    »Oh, du willst sicher was zu trinken. Mrs. Nagy, sind Sie
    doch so nett und reichen Boles eine Erdbeerlimo. Er steht zwar nicht auf Erdbeerlimo, ich aber auch nicht.« Mrs. Nagy ging
    zur Kühltruhe und holte die Limo. »Machen Sie ihm doch bitte
    den Verschluß ab.« Mrs. Nagy tat uns auch diesen Gefallen
    und schlitterte mir die Limo mit feuchter Hand übers Glas, als gelte es, eine Bombe mit Zeitzünder loszuwerden. Phoebe
    hatte ihr die Ware in eine Tüte gestopft, und Mrs. Nagy suchte mit finstrer Miene das Weite.
    »Iß jetzt«, sagte Phoebe.
    Die Hühnchenbrust war noch saftig und schmeckte. Ich esse
    gern kaltes Brathühnchen. Doch an der Kartoffelpampe würgte
    ich wie an Lehmklößen, und die grünen Bohnen hatten unter
    dem ganzen Fett mehr Fäden als ein Teppich Fransen hat. Ich

    zwang mir Kartoffelbrei und Bohnen hinunter, Faden um
    Faden und Klumpen um Klumpen. Die Limo half.
    »Jetzt zeige, daß es dir geschmeckt hat«, sagte Phoebe.
    Ich nickte ein paarmal. Zumindest was das Hühnchen betraf,
    war das Nicken nicht gelogen. Phoebe nahm mir Gabel und
    Teller ab und räumte alles in ein Regal hinter mir.
    »Jetzt sag mir, daß es dir leid tut, und zwar ganz
    schrecklich.«
    Ich nickte auch hier meine Zustimmung.
    »Das reicht nicht.« Phoebe legte mir einen Bleistiftstummel
    und ein benutztes Kuvert auf die Theke. »Schreib.«
    Ich kritzelte: Es kommt nicht wieder vor – versprochen
    versprochen versprochen! Sie nahm das Kuvert und las mein Gekritzel – ein halbes dutzendmal. Sie starrte durch die Worte und das Kuvert hindurch auf die Enttäuschung und
    Demütigung von gestern abend. Ihr Blick war glasig, wie in
    Trance.
    »Okay«, sagte sie plötzlich und gab sich einen Ruck
    rückwärts. »Entschuldigung angenommen.«
    Ich atmete weiter; nur das Essen, das sie mir gekocht hatte,
    lag mir im Magen wie ein Sack voll Ziegelbruch.
    »Oma Shirleen«, rief Phoebe, »komm mal her und sag
    diesem phänomenalen Shortstop, das er nicht Gottes Geschenk
    an Highbridge ist! Bevor ihm der Kopf über die Ohren
    schwillt!«

    36

    AM SAMSTAG VERLOREN WIR GEGEN OPELIKA. Buck Hoey
    machte keinen Hit. Junior am Third machte zwei Spielfehler,
    weil er es einfach nicht gewöhnt war, quer über das Infield zu werfen. Pete Hay warf sechs Innings, ließ uns aber fünf zu null hinter den Orphans herlaufen, die zu sehr auf Draht waren, als daß wir noch hätten aufholen können.
    »Ach du große Neun!« brüllte Curriden von der Bank aus,

Weitere Kostenlose Bücher