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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Kajak und griffen Henry regelrecht an.
    »Ihr Ungeheuer!« brüllte er. »Seid nicht so gierig!«
    Die Stockente enterte Henrys Kopf und traktierte ihn mit der
    Hitze eines gefiederten Romeo. In Notwehr fegte Henry sie ins
    Wasser, packte das Paddel und ließ das Kajak absichtlich
    umschlagen. Die Enten stoben auseinander und schossen zum

    Ufer zurück – manche pflügten wie Sturmvögel durch das
    kakaoschaumige Wasser, bis ihnen ihr O.18-Zoll-Hirn sagte,
    daß sie aus dem Gröbsten heraus waren. Henry vollbrachte es
    mit der schieren Kraft seiner Rumpf- und Armmuskulatur und
    dem Widerstand des Paddels, das Kajak in einer glitzernden
    Fontäne wiederaufzurichten.
    Beeindruckend. Colonel Elshtain spendete Henry eine
    Drittelverbeugung und applaudierte verhalten.
    »Möchten Sie nicht auch ein Bad nehmen?« rief Henry, Haar
    und Gesicht so triefnaß wie das ganze Kajak.
    »Nur eins in der Menge heute nachmittag!« rief der Colonel
    zurück.
    »Ah, aber das Wasser ist herrlich erfrischend bei der
    drückenden Hitze.« Henry paddelte auf die Wiese aus
    Sommerwurz und Rotklee zu, die sich zwischen Laube und
    Wasser erstreckte.
    »Diesen Nachmittag«, meinte Miss Tulipa, »mußt du ein paar
    Punkte für deine lieben Freunde in Tenkiller machen.« Nach
    diesem Ersuchen und noch ehe Henry das Ufer erreichen
    konnte, zogen sich die Elshtains in das Haus ihrer Schwägerin
    zurück.

    35

    DAS SPIEL AN DIESEM SAMSTAG, das erste einer Dreierserie
    gegen Opelika, begann um fünf. Ein Doppel am Vierten Juli*
    sollte die Serie am Sonntag beschließen – als besondere
    Attraktion war ein Barbecue auf dem Parkplatz geplant. Wie
    dem auch sei, nachdem Henry sein Kajak aufs Ufer gezogen
    und auf zwei Sägeböcke am Wagenschuppen gestülpt hatte,
    zog er sich um und spazierte mit mir etwa drei Stunden vor
    Spielbeginn nach McKissic Field.
    Auf der Südseite des Stadions waren bereits drei Barbecue-
    Gruben ausgehoben und mit den ringsum offenen Zelten des
    ansässigen Leichenbestatters überdacht worden. Mindestens
    ein Dutzend Arbeiter – schwarze wie weiße – beschickten die
    Gruben mit Hickory, Eiche und Holzkohle. Inzwischen
    brutzelten drei kopflose glibbrige Mastschweine über den
    Gruben, und ein Duft tausendmal verführerischer als der von
    Goober Pride erhob sich über die Zeltdächer und die dick
    verkrusteten Brunswick-Stew-Kessel.*
    »Yankee Doodle* Dandy«, sagte Henry. »Leider habe ich
    Schweinefleisch nie leiden können.«
    Mag sein, dachte ich, aber wenn du bei den Ungpekmat
    gelebt hast, dann hast du Walroß, Robbe, Seelöwe und
    Weißwal gegessen. Nichts von dem Fischzeug kann auch nur
    halb so gut gerochen haben wie unser Barbecue.
    Aber je näher wir dem Stadion kamen, desto merkwürdiger
    kamen uns Mister JayMacs Vorbereitungen für den Vierten
    Juli vor. Schreiner hatten Rampen gezimmert, die vom
    Parkplatz zum Konzessionsbereich und von dort zu den
    Logensitzen hinter unserem Unterstand führten. Als jemand,

    der seine Nase gerade mal aus Tenkiller, Oklahoma, gesteckt
    hatte, war mir noch nie eine Holzrampe unter die Augen
    gekommen – klapprige Stege liefen außer Konkurrenz –, doch
    im Rückblick möchte ich sagen, daß diese Rampen für mich
    viel von einer Promenade zwischen den Dünen eines Seebads
    hatten. Mister JayMacs Arbeiter hatten allerdings
    Sperrholzplatten statt Planken verlegt, und die Schritte der
    Menschenmenge hörten sich darauf an wie die Hufgeräusche
    von Rindern. War das ein Baseballstadion oder eine
    Baustelle? fragte ich mich, als wir durch den Spielereingang kamen. Man hörte sie immer noch hämmern, und es gab kaum
    jemanden, den die allgegenwärtige Torschlußpanik nicht kirre
    machte.
    Am Schlagkäfig stießen wir auf Mister JayMac.
    »Was ist los?« fragte Henry und wies mit dem Kinn auf die
    Rampen und die Stelle, wo die Schreiner eine Barrikade
    errichtet hatten, an der ein Schild hing:

    NO UNAUTHORIZED PERSONS
    BEYOND THIS POINT.

    »Vorübergehende Renovierungen«, sagte Mister JayMac.
    »Warum wollen Sie vorübergehend renovieren, Sir?«
    »Das geht dich einen feuchten Kehrricht an.«
    Henry sah betroffen drein. »Verzeihen Sie, Sir«, sagte er
    aufrichtig.
    »Lose Zungen bringen Schiffe zum Sinken«, sagte Mister
    JayMac. Diese Binsenweisheit kam ihm wie eine ungewollte
    Entschuldigung über die Lippen, und er wandte sich rasch an
    mich. »Ah, wie ich sehe, hat Tulipa Ihnen den Schläger
    gegeben, Mr. Boles. Ein wirklich schönes und prächtiges Stück
    Holz. Zu

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