Brüchige Siege
offene
Limousine geschafft; die hohe Gesellschaft wollte zur Nacht
wieder in Warm Springs sein. Morgen würde FDR nach
Washington D.C. zurückfliegen und wieder seiner Arbeit als
Oberbefehlshaber der Streitkräfte nachgehen; später dann, am
kommenden Freitag, derweil wir Hellbender das erste Spiel
einer Viererserie gegen die Linenmakers spielen würden,
sollten amerikanische und britische Fallschirmtruppen über
Sizilien abspringen, um die alliierte Invasion Italiens
vorzubereiten.
Seite an Seite – nicht Hand in Hand – schlenderten Phoebe
und ich den Hang zur Limousine des Präsidenten hinunter.
MPs auf Krädern flankierten sie bereits, und Soldaten in
Stahlhelm und Kampfanzug – wie herbeordert aus einer
March-of-Time- Wochenschau
– hatten längs einer
Schlängellinie vom Weiher über McKissic House bis zur
Angus Road Posten bezogen. Die Elshtains, Miss LaRaina und
die McKissics standen neben dem Wagen, um den hohen
Besuch zu verabschieden.
Unter einem der Zeltdächer nahe am Wasser brach ein
Faustkampf aus. Baseballspieler und MPs liefen zum Ort des
Geschehens. Erwachsene Männer tobten wie die Rowdies.
Kinder rannten, um Schutz bei einem normalen Erwachsenen
zu suchen. Die beiden Kampfhähne hielten sich gegenseitig im
Schwitzkasten und kreisten aus der Taille gebückt wie
Rekruten beim Freistilringen. Sie klammerten und stellten
einander Beine und fielen zu Boden, sie bäumten und wanden
sich wie frisch ausgegrabene Regenwürmer.
»Hau ihm aufs Maul, Muscles!«
»Na los, Reese!«
»Mach ihn alle! Mach ihn alle! Jetzt aber!«
Die Kampfhähne – Muscles und Curriden – kamen wieder
auf die Füße, strauchelten an den Rand des Weihers, stürzten
und wälzten sich im Wasser, kamen triefend und spuckend und
ringend wieder auf die Füße, zwei unserer besten Spieler –
Burschen wie Snow und Clerval – , die sich wie infantile
Hinterwäldler aufführten. Das Platschen und Anfeuern ging so
lange und so laut weiter, daß selbst die Sicherheitskräfte des Präsidenten nervös wurden, die sich wie die Wells-Fargo-Wachmannschaft eines Geldtransports rings um die Limousine
postiert hatten. Schließlich wateten vier MPs ins Wasser, um
dem Spektakel ein Ende zu machen. Einer bekam zu seinem
Leidwesen ein Knie in den Unterleib, und die übrigen drei
rissen sich wie Dominosteine ins Wasser, was selbst ein paar
ihrer Kameraden mit Gejohle quittierten.
»Heh!« brüllte Turkey Sloan. »Ihr vertreibt die Fische!«
In dem Tumult tauchte Henry auf. Die bunten Lampions
unter den Zeltdächern schaukelten in der Abendbrise. Henry
bahnte sich rigoros seinen Weg, watete wie Gulliver bei den
Liliputanern ins Wasser und packte, ohne ein Knie krumm zu
machen, Muscles und Curriden beim Kragen. Er schleifte die
Rindviecher ans Ufer, in jeder Hand eines, wie ein Fischer mit seinen salmgefüllten Netzen. Er schleifte sie über den Boden,
bis sie schließlich unter dem entferntesten Zelt auf allen vieren Seite an Seite im Gras nach Luft rangen.
»Es gibt schon genug Krieg auf diesem Planeten«, sagte
Henry. »Ist denn die Bedeutung dieser Stunde« – er machte
eine Geste in Richtung FDR – »nicht Anlaß genug, sich
wenigstens einigermaßen zivilisiert zu benehmen? Ich schäme mich für euch.«
Curriden und Muscles keuchten und spuckten.
Neben FDRs Wagen sagte Mister JayMac: »Sir, er spricht
mir aus der Seele. Ich hoffe, Sie…«
»Schwamm drüber, Jay«, sagte Mr. Roosevelt. »Jungs
bleiben Jungs. Siegerlaune und hoher Einsatz sind eine
explosive Mischung. Zur Zeit neigen wir doch alle dazu, ein
bißchen über die Stränge zu schlagen.«
»Am Mittwoch gegen Cottoton bleiben sie auf der Bank«,
sagte Mister JayMac.
»Nicht wegen mir, hoffe ich. Ich denke, diese unwürdige
Rauferei spiegelt nur einen langen und anstrengenden Tag
wieder. Decken Sie den Mantel der Barmherzigkeit über die
Sache.«
»Die beiden sind suspendiert, Sir. Einem Captain, der die
Truppe in Verruf bringt, würden Sie auch keinen Orden
anstecken.«
»Hört, hört«, sagte Colonel Elshtain.
FDR lachte. Zu meiner Überraschung nahm er von Phoebe
und mir Notiz. »Ah, Miss Pharram, Mr. Boles, ein Abend, wie
geschaffen zum Spazierengehen. Alles Gute Ihnen beiden.«
Colonel Elshtain sagte: »Mister President, wenn Sie so
freundlich wären.« Er und Miss Tulipa wechselten einen Blick,
und FDR betrachtete mich wie ein tuberkulosekrankes Kind
unter Quarantäne. Mein Magen benahm sich wie
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