Brüchige Siege
Starbesetzung. Alle in McKissic
House waren um das kapellchenförmige Philco-Radio
versammelt und hörten sich die Übertragung aus Philadelphia
an. Weltweit hingen die US-Soldaten an ihren
Kurzwellenradios. Genaugenommen war Henry nicht mit von
der Partie, er war der einzige Hausbewohner, der durch
Abwesenheit glänzte. »Baseball ist nicht das ganze Leben.
Beim Frühstück wird Mr. Mariani sowieso jeden Pitch und
jedes Aus zur Sprache bringen« – hatte er gesagt und war zum
Lesen nach oben gegangen.
Henry wäre besser geblieben. Auf dem Klappstuhl neben mir
saß Dunnagin, doch er und Creighton Nutter, den es nicht in
Cotton Creek gehalten hatte, hackten das ganze Spiel über
aufeinander ein. Dunnagin als Ex-Brownie hielt zur American
League, während Nutter sich als Ex-Brave wie verrückt für
Johnny Van-der Meer und den Seniorenverband der Nats
einsetzte. Die meisten anderen hielten als ›Leibeigene‹ der
Phutile Phillies automatisch mit Nutter gegen Dunnagin.
Vander Meer* und Vince DiMaggio spielten wie
Sonnenprinzen für ihre Riege, doch als die Americans mit fünf
zu drei siegten, tanzte Dunnagin wie ein Kranich durch den
Clubraum.
Darius hatte während des ganzen Spiels im Durchgang zur
Kantine gelehnt und verschwand mit dem letzten Ton der
Übertragung.
Ich ging nach oben, um Henry zu erzählen, wie das Spiel
ausgegangen war, doch als ich ins Zimmer kam, lag er
bäuchlings auf dem Bett und schnaufte leise ins Kissen…
Mittwoch früh beim freiwilligen Training auf McKissic Field –
ich wollte eben den Schlagkäfig betreten –, da tauchte auf dem Platz ein Major aus Camp Penticuff zusammen mit einem
farbigen Burschen in flaschengrünem Jackett auf. Der Major,
ein Jüngling mit rasiermesserscharfem Mund, legte mir die
Hand auf den Arm.
»Entschuldige, Kleiner«, sagte er. »Ich bin Major Adrian
Dexter. Das ist Mr. Cozy Bissonette.«
Ich starrte ihn an. Das ›Kleiner‹ machte mich rasend. Ich
schätzte Major Dexter auf sechsundzwanzig. Außerdem hatten
Besucher, abgesehen von Familienangehörigen und
eingeladenen Gästen, beim Training nichts verloren.
»Der Stadionwärter hat uns durchgelassen«, sagte Major
Dexter und deutete mit dem Kinn zum Eingangstunnel. »Wir
sind verabredet.« Ich schwieg immer noch. »Mit Mr. Jordan
McKissic, dem Eigentümer und Manager.« Er sprach den
Vornamen wie den gleichnamigen Fluß aus – nicht JAR-dan, wie es die Einheimischen taten. »Würdest du uns bitte zu ihm
bringen?«
»Wir wären dir sehr verbunden«, sagte Cozy Bissonette.
»Kommen Sie.« Ich brachte sie zu unserem Unterstand, wo
Mister JayMac und Darius saßen und die anstehenden
Auswärtsserien besprachen.
Darius sah auf, und er und Mr. Bissonette wechselten ein
komisches Augenknipsen – fast wie zwei Kameraverschlüsse,
die wissen, daß sie den Film mit einem wichtigen Ereignis
belichten und nicht bloß mit einem Portrait fürs
Familienalbum. Major Dexter und Mister JayMac bemerkten
es nicht, und ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Es
war aber mehr als nur eine Begrüßung zwischen zwei
Farbigen; es besiegelte auch jene blitzschnelle Verschwörung,
wie sie sich zwischen zwei Gleichgesinnten ereignet, egal
welche Farbe sie haben. Ich hatte ein ungutes Gefühl.
»Sind wir zu früh?« sagte Major Dexter. »Wir können
jederzeit…«
»Schon gut«, sagte Mister JayMac. »Es dauert nur einen
Moment.«
Ich blieb im Unterstand, dackelneugierig und beklommen, in
der Hoffnung, etwas zu erfahren.
»Geh an den Schlag«, befahl mir Mister JayMac. »Ich bin der
Coach, und du tust, wofür du bezahlt wirst.« Er schenkte mir
ein Lächeln, das nicht verhehlen konnte, wie sehr es in ihm
arbeitete.
Meine Spikes machten kehrt und trugen mich zum
Schlagkäfig zurück.
An diesem Abend berief Mister JayMac eine Versammlung im
Clubraum ein. Keine Flip-Charts. Keine Neuzugänge. Kein
Wiederkäuen von Regeln. Von den ›Cotton-Creeks‹ beklagten
Snow und Nutter sich nur selten, doch Hoey, Sloan, Hay und
Sudikoff waren stocksauer, seit sie wußten, daß sie an diesem
Abend nicht frei hatten. Sie hörten auf zu maulen, als sie
Mister JayMac ungeduldig auf- und abschreiten sahen.
»Das hier sollte nicht zu lange dauern«, sagte Mister JayMac.
»Wir müssen abstimmen.«
»Ich bin dagegen«, sagte Hoey. »Egal, was es ist.«
»Damit ist einstimmig beschlossen«, sagte Dunnagin, »Buck
Hoey nicht zu kastrieren, sollte es wieder zu sexuellen
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