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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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und seine Verläßlichkeit
    am Schlag. Ich hatte noch etwas vermißt – nämlich Phoebe
    oder Miss LaRaina auf der Tribüne. Waren sie in dieser
    Zitterpartie der Saison vor mir ausgebüchst? Oder preschten
    sie mit Mister JayMac über Land und fahndeten
    klammheimlich nach einem neuen Sieg-oder-Tod-Talent?
    Am Sonntag, zehn Minuten vor Spielbeginn, kreuzte Mister
    JayMac mit Charlie Snows Ersatzmann im Unterstand auf –
    einem dünnen, blassen Fünf- oder Sechsundzwanzigjährigen
    namens Worthy Bebout. Bebout hatte die Augen und die
    kränkliche Haarfarbe eines Weimaraners*, und wenn er einem
    die Hand schüttelte, hatte man das Gefühl, sein Arm müsse

    eine einzige gekochte Makkaroni sein. Die Arme hingen ihm
    zu weit aus den Ärmeln, und die Hose hatte solches
    Hochwasser, daß man die Steigbügelsocken sah, was ihm das
    Aussehen eines Storchs ohne Hinterteil verlieh.
    »Mr. Bebout stammt aus Wedowee in Alabama«, klärte uns
    Mister JayMac auf. »Er hat sozusagen als Halbprofi für
    Ipenson Textiles bei Phoenix City gespielt.«
    Auf Mister JayMacs Drängen kam Bebout an der Bank
    entlang, um uns die Hand zu schütteln. Bebout mummelte
    seine Hallos, dann setzte er sich in die äußerste Ecke des
    Unterstands, Knie und Schultern einwärts gestellt und das
    blasse Gesicht so leer und nichtssagend wie eine fabrikneue
    Bratpfanne.
    »Wie kommt es, daß er nicht beim M-Militär ist?« fragte ich
    Henry.
    Henry zuckte die Achseln, doch die meisten von uns dachten,
    daß Bebout sich gedrückt hatte, oder – schlimmer noch –
    womöglich NP gemustert, das heißt, von der Neuropsychiatrie
    abgelehnt worden war. Bebout machte wirklich den Eindruck.
    Er trat Sonntagnachmittag gegen die Gendarmes zunächst
    nicht mit an, wahrscheinlich weil Mister JayMac noch daran
    arbeitete, ihn als CVL-Spieler anerkannt zu bekommen, doch
    nach vier Innings kam dann das Placet der
    Dreimannkommission (gerade so, wie Mister JayMac es mit
    List und Tücke und noblesse oblige eingefädelt hatte), und bei der ersten Gelegenheit mußte Bebout anstelle von Trapdoor
    Evans schlagen.
    Der Punktestand war zwei zu zwei. Bebout nahm soviel
    Schwung gegen die drei offenen Curves von Dink Dewhurst,
    daß er sich fast um sein Schlagholz wickelte. Die Zuschauer
    buhten, doch Bebout pellte sich bloß wieder vom Holz und
    schlurfte mit einem verschrobenen Lächeln zum Unterstand
    zurück. Vor unseren Augen zauberte Bebout eine

    Schnupftabakdose aus der Gesäßtasche, lutschte eine Prise
    vom Handrücken und rieb sich das Zeug mit der Spitze des
    kleinen Fingers ins obere Zahnfleisch.
    Das Spiel ging weiter. Im siebten Inning gelangen Bebout
    zwei Super-Fänge, ein Fang aus dem Lauf heraus und dicht
    über dem Boden und einer aus dem Sprung heraus knapp vor
    der Feen-A-Mint-Reklame, um einen Extra-Base Hit für die
    Gendarmes zu vereiteln. Zwei Minuten später im Unterstand
    drängten sich etliche von uns, um ihm zu gratulieren.
    »Schon gut«, sagte Bebout und nahm eine neue Prise
    Schnupftabak aus der Dose, die einen kreisrunden Abdruck in
    der Gesäßtasche hinterließ.
    Als Skinny an den Schlag ging, setzte sich Junior Heggie
    neben mich. »Hast du jemals Schnupftabak genommen,
    Danl?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich war Raucher.
    »Wenn du je auf die Idee kommst, schnorr dir bloß nix von
    Bebout.«
    »Warum nicht? Ist er so g-geizig?«
    »Das nicht, aber der Kerl schnupft Dreck«, sagte Junior
    Heggie. »Diese kleine Dose in seiner Tasche ist randvoll mit
    Wedowee-Dreck! Loser Dreck, kapier das mal!«
    Dobbs machte einen Single, Quip Parris ging strikeout, und
    ich bekam einen Walk. Nach mir war – anstelle von Charlie
    Snow – Worthy Bebout an der Reihe. Die Fans hatten seine
    Fangbälle bejubelt, doch bei seinem zweiten Auftritt am
    Schlag sah man ihnen ihre Skepsis an. Zu frisch war die
    Erinnerung an sein Debut: drei rumpfverrenkende Schwünge
    und kein Kontakt.
    Beim ersten Wurf von Dewhurst nudelte Bebout schon
    wieder. Kreiselte, ließ das Schlagholz fahren und stürzte auf
    die Home Plate. Ein Stöhnen quoll aus den Rängen. Die Figur,
    die er diesmal am Schlag machte, ähnelte so sehr seinem

    Debüt, daß man versucht war, an ein Déjà-vu-Erlebnis zu
    glauben. Aber Bebout stand auf und drosch den nächsten Wurf
    – einen rotierenden Curve – in die Sitze am Leftfield, und wir schafften es, die Gendarmes fünf zu zwei zu schlagen, die
    Serie zu gewinnen und auf zwei Punkte an den ersten Platz
    heranzurücken. Und Bebout war wie

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