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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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ein Gör von Base zu Base gehüpft. Na und? Hatte er nicht allen Grund, seinen Home Run
    zu feiern?
    Später im Clubhaus wollte Junior wissen, warum Bebout
    Dreck schnupfte.
    Bebout nahm die Schnupftabakdose, schraubte den Deckel ab
    und musterte den Inhalt, als handle es sich bei der fruchtbaren schwarzen Alabamakrume um lauter hungrige Grillen.
    »Das ist Wedowee-Erde. Von Tabak kriegt man Mundfäule.
    Und hast du Erde in der Schnupftabakdose, ist keiner scharf
    drauf. Verrückt, was?«
    »Wieso verrückt?« sagte ich.
    »Jungs, die sich mir nichts dir nichts in den Dreck werfen,
    tun so, als wär’s Schießpulver, wenn sie ihn lutschen sollen.«
    Im Clubraum von McKissic House rief Mister Jay-Mac
    Worthy Bebout und alle vierzehn Kostgänger zu sich. Es galt,
    ein Zimmer für Bebout zu finden. Das Problem war, alle
    Zimmer waren bereits doppelt belegt und etwa so gemütlich
    wie die Rückbank eines Caddys.
    »Möchte irgend jemand zu dritt wohnen?« sagte Mister
    JayMac.
    Der Clubraum hielt den Atem an.
    »Kann ich kein eigenes Zimmer haben?« sagte Bebout.
    »Du meinst, ‘ne Kanone wie du verdient ein eigenes
    Zimmer?« fragte Evans.
    »Nein, Sir. Aber ich hab ein paar Angewohnheiten, die
    andere stören könnten.«

    »Die wären?« sagte Curriden. »Du vertilgst ab und zu einen
    lebendigen Gockel?«
    »Nein, Sir. Ich lese in der Bibel. Ich antworte meinen
    Stimmen. Und ich rede mit meinem toten Bruder Woodrow.«
    »Au, Backe«, sagte Curriden.
    »Wie wär’s mit ‘nem kleinen Zelt im Freien?« meinte
    Bebout.
    Und noch ehe er sich eine innerhäusliche Alternative
    ausdenken konnte, wurde die Zeltlösung in die Tat umgesetzt.
    Von Sonntag, dem 1. bis Donnerstag, dem 12. August, wohnte
    er draußen auf dem Rasen in einem Zelt (abzüglich der fünf
    Auswärtstage, an denen er bei Freunden von Mister JayMac
    unterkam). Danach bezog er ein Quartier in McKissic House,
    das jedem Vergleich mit den unsrigen spottete.
    Bevor sich die Versammlung auflöste, fragte er Mister
    JayMac noch, wo er denn seinen ›Tabakvorrat‹ lagern könne.
    »Auf der Küchenveranda. Keiner wird ihn anrühren.«
    Später, als ich ein Sieb für Kizzy holte, sah ich diesen Vorrat: einen mit Klebeband verstärkten Karton voll ganz
    gewöhnlicher aber feinkörniger Erde. Außen auf den Seiten
    hatte jemand mit einem schwarzen Wachsstift in ungelenken
    Druckbuchstaben WEDOWEE SNUFF geschrieben.

    50

    FRÜH IM AUGUST KLOPFTE LAMAR KNOWLES an die Tür
    unserer Mansarde. Henry war nicht zum Frühstück erschienen
    und lag bäuchlings auf dem Bett, ein Arm schleifte am Boden.
    Als Lamar ihn so liegen sah, entschuldigte er sich und wollte
    sich zurückziehen. Er hielt den zusammengerollten Highbridge Herald vom Tag in der Hand und titschte sich damit an die Stirn, wie um sich für sein allzufrühes Erscheinen zu strafen.
    »K-komm ruhig rein«, sagte ich. »Ist nicht zu früh. Henry ist
    nur schrecklich Hange ausgeblieben.« Ich zog ihn ins Zimmer
    und bugsierte ihn auf den Stuhl an meinem Pult; ich ließ mich
    auf den Bettrand plumpsen. Das Geräusch des Ventilators hatte
    Lamars Besuch überlagert. Es hätte einen Stachelstock
    gebraucht, um Henry aus dem Schlaf zu scheuchen. Als ich das
    sagte, schien Lamar beruhigt. Er faltete die Zeitung
    auseinander.
    »Verfolgst du die Nachrichten über unseren Mutterverein?«
    fragte er.
    »Die Phutile Phillies?«
    »Jawoll, Sir. Sie treffen den Nagel auf den Kopf.«
    »So t-t-toll schneiden die aber nicht ab.«
    »Siehst du, und Sonntag hat Mr. Cox, der
    Vorstandsvorsitzende, den Manager Bucky Harris gefeuert und
    Freddie Fitzsimmons eingestellt. Hier.« Er reichte mir die
    Sportseite.
    Ich las die Story. Die Phillies waren in der Rangliste der
    National League auf den siebten Platz gefallen. Dieser
    Treppensturz hatte William D. Cox derart gefuchst, daß er ein
    achtseitiges Statement für die Presse verfaßt hatte, in dem er Bucky Harris vorwarf, seine Spieler ›Hampelmänner‹ zu
    nennen und als Versager abzuschreiben. Sonntagabend hatte
    Harris von dem Statement erfahren. Montag ließ er verlauten,
    falls es bei den Phillies einen Hampelmann gebe, dann sei das
    Mr. Cox: »Und er ist der Hampelmann der Nation.
    Angenommen, ich hätte irgendwas dergleichen gesagt«, las Lamar das Zitat des Herald vor, »dann wäre ich bestimmt der letzte, der es leugnen würde.«
    »Was meinst du?« sagte Lamar.
    Ich zuckte die Achseln. »B-b-business as usual.«
    Lamar tätschelte mein Knie. »Vielleicht, aber so

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