Brüchige Siege
Lebens zu sühnen, durch Zorn und Gewalt zunichte gemacht. Die Brutalität, mit der ich Hoey
behandelt und die fatale Ignoranz, mit der ich die Tiefe von Giselles Schwermut verkannt hatte, hatte mich aus der
unverbrieften Gesellschaft der menschlichen Heiligen
vertrieben, als deren Mitglied ich mich bis dahin gewähnt
hatte. Zweitens, Daniel, hatte ich meinem Wohltäter Jordan McKissic geschadet, indem ich Vertrauen mit Leichtsinn und Grausamkeit vergolten und seine Ehe durch eine Art indirekten Mord zerstört hatte. Und drittens hatte ich leichtfertig
verspielt, was Hellbender und Phillies in mich investiert
hatten, denn ich hatte nur noch die Wahl, mich den Behörden zu stellen oder in die Nacht zu entkommen.
Als ich mich in meinem Bereich des Zimmers umsah, mußte
ich feststellen, daß Giselle ein paar Sachen von mir gestohlen hatte, unter anderem Notizbücher, Briefe, Kleidung und
Andenken an die Ungpekmat. EINEN TEIL VON DIR NEHME
ICH MIT, stand auf dem Zettel auf meinem Bett. In der Tat, diese Dinge hatte sie boshafterweise
– ja, und
ergreifenderweise – in ihren Opfertod mit eingeschlossen. Sie waren vernichtet; die verkohlten Reste trieben zwischen Unrat und Bakterien oder lagen durchweicht und unauffindbar im
schwarzen Bodenschlamm des Weihers. Ich rief mir das
erdrückende Elend meiner schlimmsten Tage in Erinnerung,
ob als konfuser und irregeleiteter Sproß Frankensteins oder als Keriaks verzweifelter Witwer.
Ich weinte, Daniel. Weinend faltete ich jene Kleidungsstücke, die Giselle mir gelassen hatte, in den Koffer. Ich war auf dem Weg zur Treppe, als unten das Telefon klingelte. Ich hörte, wie jemand abhob und redete. Dieser Mann – Vito Marianil –
schrie im nächsten Augenblick den anderen im Clubraum zu:
»Sie haben Hoey im Alligator-Park gefunden, aber er ist tot, Jungs! Der arme alte Buck ist tot!«
Ich eilte treppab und verließ leise das Haus. Ich floh durch die am spärlichsten bewohnten Regionen der Stadt –
Schulhöfe, Gassen, Fichtengehölze – bis es so gut wie
ausgeschlossen schien, daß mich Kameraden oder Polizei noch stellen würden.
Aus all diesen Gründen, Daniel, habe ich Dich nicht besucht und mich auch nicht bei den Phillies in Philadelphia gemeldet.
Während ich auf der Flucht bin, plagt mich unablässig mein Gewissen, am meisten quält mich der Mord, den ich begangen habe. Nein, es sind DIE Morde, die mich quälen. Nicht minder geißeln mich die abscheulichen Frevel, die ich an den Hoeys und an Dir, Daniel, meinem Mitstreiter, begangen habe. Hätte ich Dich doch gerächt, indem ich mich nach Kräften in den
Major-Leagues eingesetzt hätte, anstatt den Mann
hinzurichten, der Dich dieser Möglichkeit beraubt hat.
Ich bin auf der Flucht. Ein Leben im Verborgenen zu führen, ist mir durchaus vertraut. Vor vielen Jahren habe ich so in den Einöden von Alaska gelebt und wurde für die durchreisenden Weißen zur Legende. Aus mir ist wieder Injukutak geworden.
In dieser Rolle, unbeschadet meiner Größe, bin ich zweimal nach Highbridge zurückgekehrt, um Linda Jane Hoey und
ihren Kindern zu helfen, so wie ich in meinem ersten Leben den Hüttenbewohnern De Lacey geholfen hatte. Ich hinterlasse Dosenkonserven an der Türschwelle oder hinten am Haus
einen Karton mit Kleinholz für Ofen und Herd. Solche
kläglichen Gefälligkeiten wiegen nicht meinen Frevel auf und geben den Hoeys nicht ihren Ernährer zurück, doch ich selbst beziehe Trost aus ihnen.
In unseren Gedanken wie in unseren Taten ringen wir immer
um Absolution. Ich glaube nicht an meinen Schöpfer, Daniel, weil er nicht an mich geglaubt hat. Und der Gott, den Du
verehrst, ist für mich in unüberbrückbarer Ferne. Ich würde ihn um Vergebung bitten, doch so gerne ich es täte, ich kann mich weder als sein Kind noch als sein Mündel betrachten.
Vaterlos und allein, wie ich bin, ersinne ich daher meine
eigenen Erlösungsstrategien, ersinne eine geheime
Selbstverteidigung, um mich von meinen Sünden
loszusprechen. Im Mordfall Buck Hoey habe ich auf zwei
mildernde Umstände plädiert, wobei der zweite zwingender ist als der erste. Wie, magst du fragen, ist er dem Diktat des Sechsten Gebots entschlüpft?
- Ich hatte nicht die Absicht, Ligonier Hoey zu töten.
- Strafe ist eine unheilige Pflicht, aber eine edlere als Rache.
Du mußt wissen, Daniel, indem ich tat, was ich getan habe, ging es mir nicht so sehr darum, Hoey zu schaden (wiewohl
Buße angesagt war), als darum, Dich
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