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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Lebens zu sühnen, durch Zorn und Gewalt zunichte gemacht. Die Brutalität, mit der ich Hoey
    behandelt und die fatale Ignoranz, mit der ich die Tiefe von Giselles Schwermut verkannt hatte, hatte mich aus der
    unverbrieften Gesellschaft der menschlichen Heiligen
    vertrieben, als deren Mitglied ich mich bis dahin gewähnt
    hatte. Zweitens, Daniel, hatte ich meinem Wohltäter Jordan McKissic geschadet, indem ich Vertrauen mit Leichtsinn und Grausamkeit vergolten und seine Ehe durch eine Art indirekten Mord zerstört hatte. Und drittens hatte ich leichtfertig
    verspielt, was Hellbender und Phillies in mich investiert
    hatten, denn ich hatte nur noch die Wahl, mich den Behörden zu stellen oder in die Nacht zu entkommen.
    Als ich mich in meinem Bereich des Zimmers umsah, mußte
    ich feststellen, daß Giselle ein paar Sachen von mir gestohlen hatte, unter anderem Notizbücher, Briefe, Kleidung und
    Andenken an die Ungpekmat. EINEN TEIL VON DIR NEHME
    ICH MIT, stand auf dem Zettel auf meinem Bett. In der Tat, diese Dinge hatte sie boshafterweise
    – ja, und
    ergreifenderweise – in ihren Opfertod mit eingeschlossen. Sie waren vernichtet; die verkohlten Reste trieben zwischen Unrat und Bakterien oder lagen durchweicht und unauffindbar im
    schwarzen Bodenschlamm des Weihers. Ich rief mir das
    erdrückende Elend meiner schlimmsten Tage in Erinnerung,
    ob als konfuser und irregeleiteter Sproß Frankensteins oder als Keriaks verzweifelter Witwer.

    Ich weinte, Daniel. Weinend faltete ich jene Kleidungsstücke, die Giselle mir gelassen hatte, in den Koffer. Ich war auf dem Weg zur Treppe, als unten das Telefon klingelte. Ich hörte, wie jemand abhob und redete. Dieser Mann – Vito Marianil –
    schrie im nächsten Augenblick den anderen im Clubraum zu:
    »Sie haben Hoey im Alligator-Park gefunden, aber er ist tot, Jungs! Der arme alte Buck ist tot!«
    Ich eilte treppab und verließ leise das Haus. Ich floh durch die am spärlichsten bewohnten Regionen der Stadt –
    Schulhöfe, Gassen, Fichtengehölze – bis es so gut wie
    ausgeschlossen schien, daß mich Kameraden oder Polizei noch stellen würden.
    Aus all diesen Gründen, Daniel, habe ich Dich nicht besucht und mich auch nicht bei den Phillies in Philadelphia gemeldet.
    Während ich auf der Flucht bin, plagt mich unablässig mein Gewissen, am meisten quält mich der Mord, den ich begangen habe. Nein, es sind DIE Morde, die mich quälen. Nicht minder geißeln mich die abscheulichen Frevel, die ich an den Hoeys und an Dir, Daniel, meinem Mitstreiter, begangen habe. Hätte ich Dich doch gerächt, indem ich mich nach Kräften in den
    Major-Leagues eingesetzt hätte, anstatt den Mann
    hinzurichten, der Dich dieser Möglichkeit beraubt hat.
    Ich bin auf der Flucht. Ein Leben im Verborgenen zu führen, ist mir durchaus vertraut. Vor vielen Jahren habe ich so in den Einöden von Alaska gelebt und wurde für die durchreisenden Weißen zur Legende. Aus mir ist wieder Injukutak geworden.
    In dieser Rolle, unbeschadet meiner Größe, bin ich zweimal nach Highbridge zurückgekehrt, um Linda Jane Hoey und
    ihren Kindern zu helfen, so wie ich in meinem ersten Leben den Hüttenbewohnern De Lacey geholfen hatte. Ich hinterlasse Dosenkonserven an der Türschwelle oder hinten am Haus
    einen Karton mit Kleinholz für Ofen und Herd. Solche
    kläglichen Gefälligkeiten wiegen nicht meinen Frevel auf und geben den Hoeys nicht ihren Ernährer zurück, doch ich selbst beziehe Trost aus ihnen.
    In unseren Gedanken wie in unseren Taten ringen wir immer
    um Absolution. Ich glaube nicht an meinen Schöpfer, Daniel, weil er nicht an mich geglaubt hat. Und der Gott, den Du
    verehrst, ist für mich in unüberbrückbarer Ferne. Ich würde ihn um Vergebung bitten, doch so gerne ich es täte, ich kann mich weder als sein Kind noch als sein Mündel betrachten.
    Vaterlos und allein, wie ich bin, ersinne ich daher meine
    eigenen Erlösungsstrategien, ersinne eine geheime
    Selbstverteidigung, um mich von meinen Sünden
    loszusprechen. Im Mordfall Buck Hoey habe ich auf zwei
    mildernde Umstände plädiert, wobei der zweite zwingender ist als der erste. Wie, magst du fragen, ist er dem Diktat des Sechsten Gebots entschlüpft?
    - Ich hatte nicht die Absicht, Ligonier Hoey zu töten.
    - Strafe ist eine unheilige Pflicht, aber eine edlere als Rache.
    Du mußt wissen, Daniel, indem ich tat, was ich getan habe, ging es mir nicht so sehr darum, Hoey zu schaden (wiewohl
    Buße angesagt war), als darum, Dich

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